20. März 2004, aktualisiert am 1. Juli 2007

Holocaust der Nutztiere - der umstrittene PETA-Vergleich

Der oberste Gerichtshof Österreichs gibt PETA recht

Der "umstrittene" KZ-Vergleich ist nur bei den Heuchlern "umstritten", und bei seelisch Kranken, die nicht wahrnehmen können, dass Tiere Ähnliches erleben wie sie selber: Freude, Angst, Schmerz, Trauer. Der bekannte Verhaltensforscher Prof Konrad Lorenz sagte sehr treffend: "Ein Mensch, der ein höheres Säugetier wirklich genau kennt und nicht davon überzeugt wird, dass dieses Wesen Ähnliches erlebt wie er selbst, ist psychisch abnorm und gehört in die psychiatrische Klinik, da eine Schwäche der Du-Evidenz ihn zu einem gemeingefährlichen Monstrum macht."

Juden hatten wegen diesen Vergleichen gegen PETA geklagt und ein Verbot der Veröffentlichung bewirkt, doch der oberste Gerichtshof Österreich hat als letzte Instanz PETA recht gegeben und das Verbot aufgehoben: Die plakative Gegenüberstellung von Bildern aus KZs, auf denen ausgemergelte Menschen gezeigt werden und von verschiedenen Tierarten aus der üblichen Massentierhaltung ist rechtmässig und ist unter eines der höchsten demokratischen Grundrechtsgüter zu subsumieren: der Meinungs- und Pressefreiheit. Das Gericht wörtlich: "Die schochierende Wirkung der Fotomontagen ist zum Grossteil vom Thema vorgegeben (durch Menschen brutal verursachtes Leiden anderer). Die Heranziehung eines drastischen Vergleichs dient einem grundsätzlich erlaubten Zweck, nämlich ein einer von Werbung reizüberfluteten Gesellschaft Aufmerksamkeit für ein Anliegen zu erzielen. Das Tierschutzanliegen selber ist gewichtig, gesellschaftspolitisch umstritten und aktuell."

VgT-Präsident Dr Erwin Kessler ist in der Schweiz wegen ähnlichen Vergleichen zu 45 Tagen Gefängnis mit unbedingtem Vollzug verurteilt worden (siehe Schächtprozess).

Der STS hat diese PETA-Kampagne sogleich öffentlich verurteilt - typisch STS. Was hat sich der STS in eine Kampagne einer anderen Tierschutzorganisation einzumischen? Und mit dem Satz "Peta go home!" entlarvt sich der STS in seiner Stellungnahme gleich selber: blanker Konkurrenzneid und das ständige Bestreben, sich beim Establishment als "gemässigte" (sprich: angepasste) Tierschutzorganisation beliebt zu machen.
Gegenüber einem Leser hat sich der STS-Geschäftsführer HU Huber damit gerechtfertigt, Bilder von Käfighühnern hätten in der Schweiz nichts verloren, da die Käfighaltung hierzulande verboten sei.  Das ist nichts anderes als eine verlogene Schutzbehauptung, denn rund die Hälfte der in der Schweiz verbrauchten Eier sind importierte Käfig-Eier!

Und typisch Schweizer Schweizer Fernsehen ist, dass Moderatoren von Nachrichtensendungen ihre persönliche Meinung in den Vordergrund stellen. 10vor10-Moderator Stephan Klapproth bezeichnetet die PETA-Kampagne als "widerlich".  "Objektiv und neutral", wie eine Nachrichtensendung sein sollte, unterdrückte Klapproth wichtige Tatsachen dieser Kampagne, dass nämlich der Kampagnenleiter selber Jude ist und dass sich die Kampagne auf die Aussage des jüdischen Literaturnobelpreisträgers Isaac Bashevis Singer: "Für die Tiere ist jeder Tag Treblinka." Weiter schrieb Singer (in seinem Buch "Der Büsser"):

Ich beobachtete, wie sich jemand am Nachbartisch über eine Portion Schinken mit Eiern hermachte. Ich war längst zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise, wie der Mensch mit den Geschöpfen Gottes umgeht, seinen Idealen und dem ganzen sogenannten Humanismus Hohn spricht . Damit dieser vollgefressene Kerl sich an Schinken delektieren konnte, musste ein Lebewesen aufgezogen, zur Schlachtbank gezerrt, gequält, abgestochen und mit kochendem Wasser abgebrüht werden. Dieser Mensch kam gar nicht auf den Gedanken, dass das Schwein aus dem gleichen Stoff geschaffen war wie er selbst und dass es leiden und sterben musste, bloss damit er das Fleisch verzehren konnte. "Wenn es um Tiere geht", habe ich mir schon oft gedacht, "ist jeder Mensch ein Nazi." ...

Der erste Entschluss, den ich fasste, hatte eigentlich nichts mit Religion zu tun, aber für mich  w a r  es ein religiöser Entschluss. Nämlich: kein Fleisch und keinen Fisch mehr zu essen - nichts, was einmal lebendig gewesen und zu Ernährungszwecken getötet worden war. Schon als Geschäftsmann, der reich werden wollte, schon als ich andere und auch mich selbst betrog, hatte ich gespürt, dass ich gegen meine Überzeugung lebte und dass meine Lebensweise verlogen und verderbt war. Ich war ein Lügner, obwohl ich Lug und Trug verabscheute...

Ich habe genug gelernt, um zu wissen, dass die Thora das Fleischessen als "notwendiges Übel" betrachtet. Die Thora spricht verächtlich von denen, die sich nach den Fleischtöpfen sehnen.

Die Familie Singers unterstützt die PETA-Kampagne ausdrücklich. Ein Neffe Singers schreibt:

Isaac Bashevis Singer floh 1935 aus Nazi-Europa und kam nach Amerika, wo er meine Großmutter heiratete, eine geschiedene Jüdin, die Hitlers Deutschland 1940 entkommen war. Hier wurde er schließlich ein berühmter Autor und erhielt 1978 den Nobelpreis für Literatur. Seine Familienmitglieder - die, die zurückgeblieben waren - wurden wie Millionen anderer Juden in den Konzentrationslagern getötet.

Mein Großvater Isaac war ein Vegetarier aus Prinzip. Auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrungen war er einer der ersten, die den Massenmord an Menschen demjenigen der Tiere, wie wir ihn tagtäglich in Schlachthöfen erleben, gleichsetzte. Er übertrug auf eine Figur in einer seiner Geschichten das, was er selbst glaubte, "In Bezug auf die [Tiere], sind alle Menschen Nazis; für [sie] ist es ein ewiges Treblinka," das Zwangsarbeitslager nahe seiner Heimatstadt Warschau.

People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) ist seit kurzem unter Beschuss geraten wegen einer neuen Kampagne, die die Ideen meines Großvaters und andere Schriften aufgreift, welche das Leiden der Holocaust-Opfer mit dem der Tiere in der Massentierhaltung vergleichen. Diese Kampagne hat Diskussionen und Kontroversen entzündet, insbesondere unter den Juden. Mein Großvater, der 1991 starb, hätte sie jedoch von ganzem Herzen unterstützt.

Kühe, die man für Rindfleisch aufzieht, beenden ihre Tage schmerzhaft aufgedunsen von einer unnatürlichen Ernährung und nach einem Leben in ihrem eigenen Dreck. Legehennen verbringen ihr gesamtes Leben in winzigen Käfigen, die so eng sind, dass sie sich nicht einmal umdrehen können, und genauso ergeht es vielen Schweinen, Milchkühen und Kälbern, die der Kalbfleischgewinnung dienen. Tiere in der Massentierhaltung werden wie eine Ware behandelt, wie Maschinen mit dem Leiden als direktem Ergebnis der Maximierung des Profits und der Minimierung von Raum pro Tier in der Haltung und Zeit bis zur Vermarktung. Das ist nicht die Endlösung, sondern ein Wirtschaftsmodell.

Zum Holocaust konnte es kommen, weil gewöhnliche Menschen es vorzogen, die außergewöhnliche Unterdrückung und den Missbrauch von Unschuldigen zu ignorieren. Mein Großvater sagte oft, dass diese Geisteshaltung, egal ob sie sich in der Unterdrückung von Tieren oder Menschen äußerte, ein Beispiel für die schlimmste und gefährlichste aller rasistischen Grundgedanken darstellt. Der jüdische Philosoph und Holocaust-Überlebende Theodor Adorno sagte:" Auschwitz fängt da an, wo einer im Schlachthof steht und sagt, es sind ja nur Tiere."

Als er gefragt wurde, warum er Vegetarier sei, antwortete Isaac gerne: "Ich bin Vegetarier aus gesundheitlichen Gründen, wegen der Gesundheit der Hühner." Ich bin ebenfalls Vegetarier. Wegen meiner Familiengeschichte glaube ich, dass es nicht ausreicht, sich an die schrecklichen Dinge der Vergangenheit zu erinnern - wir müssen das, was wir daraus gelernt haben, auch umsetzen und mit dem Brustton der Überzeugung sagen: "Niemals wieder." Aber wenn wir das sagen, dann müssen wir damit auch meinen "für alle Kreaturen der Schöpfung".

Ich applaudiere PETA - und das hätte auch mein Großvater getan, der sich weigerte, die Kanarienvögel, die er sich als Gefährten in seinem berühmten Appartement in der 86th Straße in New York hielt, in Käfige zu sperren - weil sie den Mut aufbringen, diesen angemessenen Vergleich zu ziehen, denn das ist notwendig. Ein Vergleich mit dem Holocaust ist nicht nur angebracht, sondern unausweichlich, denn Kühe, Hühner, Schweine, Truthähne und all die anderen Tiere mögen vielleicht nicht unseren Grad an Intelligenz besitzen, sehr wohl aber besitzen sie unsere Fähigkeit zu leiden.

All diejenigen, die den modernen Holocaust von heute an den Tieren verteidigen, indem sie sagen, dass Tiere zur Nahrungsgewinnung getötet werden und um uns zu erhalten, möchte ich daran erinnern, dass die Nazis Sklavenarbeit einsetzten und "Gebrauchsgegenstände" wie z.B. Lampenschirme und Seife etc. aus ihren Opfern herstellten. Das war scheußlich! Und mit Tieren soll das anders sein? Schmerz bleibt Schmerz, und egal, welchen "Nutzen" wir vielleicht aus den Opfern der Gewalt ziehen, so müssen wir doch immer versuchen, Leben aus dem Blickwinkel der Unterdrückten zu betrachten. "Es sind doch nur Tiere", sagen die Amerikaner jetzt. "Es sind doch nur Juden", sagten viele Europäer damals.

Isaac schrieb einst: "So lange Menschen weiter das Blut der Tiere vergießen, wird es niemals Frieden geben. Es ist nur ein kleiner Schritt vom Töten von Tieren zum Bau von Gaskammern à la Hitler und Konzentrationslagern à la Stalin. … Es wird keine Gerechtigkeit geben, so lange der Mensch mit Messer oder Gewehr dasteht und jene zerstört, die schwächer sind als er."

Wir dürfen diese schreckliche Zeit in unserer Geschichte, als Undenkbares gegen unschuldige Opfer begangen wurde, niemals vergessen. Wenden Sie sich daher nicht heute so von dem Leiden anderer ab, wie es damals viele getan haben. Wir alle besitzen die Macht, das Leiden und das Elend zu beenden, jedes Mal, wenn wir uns zu Tisch setzen. Insbesondere in dieser Zeit, wo wir uns des menschlichen Leidens weltweit und der Unmittelbarkeit, mit der der Tod zuschlagen kann, so bewusst sind, ist die Entscheidung zugunsten einer vegetarischen Ernährung etwas, das wir tun können, das einigen der unschuldigsten unserer Mitgeschöpfe auf diesem Planeten sofortige Erleichterung bringt. Helfen Sie, den Holocaust der Tiere zu beenden, indem Sie noch heute Vegetarier werden.

Stephen R. Dujack ist der Herausgeber einer Umweltzeitschrift in Washington, D.C., und freiberuflicher Autor.
 

Die falschen Argumente der Gegner:

Diese PETA-Kampagne werde von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt und sei deshalb "kontraproduktiv" für den Tierschutz, wird von den Gegnern argumentiert. Irrtum! Es ist umgekehrt: Diese Kampagne wird genau von derjenigen Mehrheit abgelehnt, welche den heutigen Holocaust der Nutztiere in ihrem politischen und Konsumverhalten mitverschulden, weil sie noch nicht realisiert haben, dass unsere Nutztiere Ähnliches erleben und empfinden wie wir. Auf diesen seelischen Mangel will die PETA-Kampagne aufmerksam machen. Dass sich diese seelisch zurückgebliebene Mehrheit durch diesen Appell an ihr Gewissen betroffen fühlt, ist nötig. An tiefsitzende Vorurteile kommt oft nur Schockierendes heran. Diese PETA-Kampagne sät Samen der Erkenntnis; die meisten Samen werden auf unfruchtbaren Boden fallen, aber nicht alle.

Ein anderer Einwand geht ebenfalls am Kern der Sache vorbei: Die Nazi-KZs hätten die Vernichtung der Insassen zum Ziel gehabt, was man von den Tierfabriken nicht sagen könne. Warum nicht? Ist die Massenabschlachtung der Nutztiere keine Vernichtung? Aber darum geht es ja gar nicht. Die entscheidende Analogie liegt darin - darauf kann nicht oft genug hingewiesen werden, dass die sozio-psychologischen Mechanismen die gleichen sind: Arroganz der eigenen, vermeintlich überlegenen Rasse bzw Spezies, Fressen (und Karriere) kommt vor der Moral, Bequemlichkeit, moralisch-ethisches Mit-der-Masse schwimmen weil Zivilcourage unbequem, Wegschauen, Nicht-sehen-wollen.

Dies alles zu sehen und zu erkennen, heisst wirklich aus der Geschichte lernen, denn diese massenpsychologischen Gesetzmässigkeiten sind es, die immer und immer wieder (nationale) Massenverbrechen ermöglichen (Frauenunterdrückung, Hexenwahn, Indianer-Ausrottung und Negerversklavung bis zu den jüngsten Massenverbrechen im Kosovo und in Palästina). Indem man die Verbrechen früherer Generationen endlos beklagt und anprangert und von der heutigen Generation Geld und Gold fordert für Verbrechen einer früheren Generation, wird gar nichts gewonnen. Die Geschichte wiederholt sich nie genau gleich: Es wird niemals mehr ein Jesus mit einer Dornenkrone ans Kreuz genagelt und es wird niemals mehr ein Hitler mit Scheitel und Schnurrbart KZs errichten lassen. Solange die stets gleichen massenpsychologischen Gesetzmässigkeiten erkennt, die hinter all diesen Massenverbrechen wirken, ist gar nichts gewonnen für den ethischen Fortschritt der Menschheit. Darum ist es so wichtig, den heutigen Holocaust an den Nutztieren im Tiefsten zu verstehen. Und dazu leistet die PETA-Kampagne einen wertvollen Beitrag.

Übrigens wird diese PETA-Kampagne von einem Juden (Matt Prescott, PETA USA) geleitet. Wenigstens diese Tatsache sollte jenen, die nicht weiter zu denken vermögen, klar machen, dass es nicht darum geht, Nazi-Opfer zu beleidigen.

Erwin Kessler, Präsident VgT


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