29. März 2005 / VN 05-2, aktualisiert am 14. Mai 2007 / VN 07-2                                     Web-Code: 100-008

Die Agromafia in Aktion:
Gewalt nicht nur gegenüber Tieren

Am Gründonnerstag, den 24. März 2005, wurde VgT-Präsident Erwin Kessler in Schleitheim von Bauern angegriffen. Erwin Kessler konnte sich dem Angriff mit einer waghalsigen Flucht im Auto entziehen. Er hat einen Anwalt beauftragt, gegen die Landwirte Stephan Schudel und Josua Meier aus Schleitheim eine Strafklage wegen versuchtem Angriff (StGB 133) [evtl Drohung (StGB 180), versuchte Körperverletzung (StGB 122 und 123), versuchte Nötigung (StGB 181)], Gefährdung des Lebens (StGB 129) und der Verkehrssicherheit (SVG 90.2) einzureichen. Angezettelt wurde der per Handy organisierte Angriff vom Besitzer dieser riesigen, zweistöckigen Schweinefabrik, Stephan Schudel:

Schweinefabrik von Stephan Schudel, Fohrenhof, Schleitheim SH

Über diese Schweinefabrik wurde in den VgT-Nachrichten VN04-3, die unter anderem im ganzen Kanton Schaffhausen in alle Briefkästen gestreut wurden, berichtet. Eine Anzeige wegen Missachtung von Tierschutzvorschriften verlief - wie üblich im Kanton Schaffhausen - im Sand. So sieht es im Innern dieser Schweinefabrik aus:

Aufnahmen aus der Schweinefabrik Schudel.

 

Laut den Schaffhauser Behörden sind diese Zustände in der Schweinefabrik Schudel "tierschutzkonform". Solche Zustände wie bei Schudel sind die Regel, nicht Ausnahmen.  Schudel hat eine ganz normale Schweizer Schweinefabrik - wie in Ländern, die kein Tierschutzgesetz haben. Das Tierschutzgesetz bleibt toter Buchstabe. Darum: Essen Sie vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe!

Solches Tierquäler-«Schweizer Fleisch» wird in den Restaurants des Kantonsspitals und des kantonalen Psychiatriezentrums Breitenau in Schaffhausen serviert, aber auch Tierquälerfleisch aus dem Ausland (China, Thailand). In unmenschlicher Weise wird die Unterstützung von Massentierquälerei in Kauf genommen, um Kosten für das Essen zu sparen. «Die Lösung moralischer Probleme ist schwieriger und komplexer geworden» steht auf der Website dieses Psychiatriezentrums, weshalb ein «Ethik-Forum» eingerichtet worden sei, das «der Sensibilisierung der Mitarbeitenden für ethische Fragen und der Schulung und Übung im bewussten und methodischen Umgang mit diesen Fragen» diene. Trotzdem ist das ethische Bewusstsein in dieser Klinik offenbar bedenklich unterentwickelt. Ethik gegenüber dem Menschen und Rohheit gegenüber dem Tier sind zwei Verhaltensweisen, die sich nicht vereinbaren lassen. Die Reduktion der Menschlichkeit auf blosse Mitmenschlichkeit ist ethisch unvertretbar (Siehe das Lexikon der Tierschutz-Ethik des deutschen Ethik-Professors Gotthard Teutsch).

 

Den Überfall vom 24. März 2005 beschreibt Erwin Kessler wie folgt.

Am Nachmittag des 24. März 2005 bin ich auf Erkundungsfahrt durch den Kanton Schaffhausen. Von der Hauptstrasse Schleitheim-Beggingen aus fällt mir auf, dass bei der Schweinefabrik Schudel ein Anbau im Gange ist. Ob der Betrieb wohl nur vergrössert oder auch tierschutzkonform verbessert werden soll? Ich halte an, es ist ca 16.30 Uhr. Mit dem Fernglas beobachte ich das Baugeschehen linkerhand der grossen, zweistöckigen Schweinefabrik. Ich stehe mit dem Auto am nördlichen Rand der Hauptstrasse, vorwärts in einen Feldweg zwischen zwei Äckern geparkt. Die Schweinefabrik liegt auf einer Anhöhe südlich der Strasse, jenseits des Baches in einer Distanz von ca 300 m. Unterhalb der Schweinefabrik fährt ein grüner Traktor und streut Kunstdünger auf einen Acker. Ich unterhalte mich noch eine zeitlang mit meiner Begleiterin. Wir sind gerade am Einsteigen, als plötzlich der Traktor, der vorher noch gedüngt hatte, heranschiesst und einen halben Meter neben meinem PW stoppt. Ich bin überrascht, realisiere aber aufgrund meiner einschlägigen Erfahrung innert Sekunden: ein Angriff! Sofort fahre ich weg, mangels Zeit und Platz zum Wenden vorwärts dem Ackerweg entlang. Im Rückspiegel sehe ich, wie uns der Traktor verfolgt (wie sich später herausstellte, war das Schweinezüchter Stephan Schudel). Es ist ein riesiger, modernen Traktor, der recht schnell fahren kann. Ich gebe Gas. Es geht bergauf. Der Feldweg hat tiefe Fahrrinnen, die Unterseite meines PW schlägt bei der rasanten Fahrt in den Traktorspuren des Ackerweges mehrmals auf den Boden. Ich versuche durch Flucht eine direkte Konfrontation mit dem Verfolger und seiner schweren Maschine zu vermeiden; solche Typen sind erfahrungsgemäss zu allem fähig. An einer Wegverzweigung nehme ich den Weg, der durch den Wald bergaufwärts führt. Rasch sind wir ziemlich hoch und überblicken das ganze Tal. Ich halte kurz an, überzeugt, den Traktor abgehängt zu haben. Dann fahren wir weiter. Der Weg führt jetzt fast ebenaus dem Hang entlang. Es ist ein schmaler, holpriger Waldweg. Plötzlich kommt uns ein grauer Pick-Up (Lieferwagen mit offener Ladefläche) entgegen. Zufall? Nein, das kann auf hier oben auf dem Berg kein Zufall sein. Die Fahrzeuge kommen im Abstand von wenigen Metern Front gegen Front zum Stehen. Links geht es steil den bewaldeten Berghang hinunter, rechts ein Graben und eine steile Böschung - normalerweise keine Möglichkeit zum Kreuzen. Doch kaum stehen die Fahrzeuge, bevor der andere aussteigen kann - vermutlich telefonierte er gerade seinen Kollegen, dass er mich gestellt habe -, fahre ich überraschend, in Schräglage via Graben/Böschung, an ihm vorbei. Es gelingt fast wie ein Wunder auf Anhieb und mit ein paar Kratzern am Kotflügel. Im Rückspiegel sehe ich, wie der Pick-Up rückwärts fährt, bei der ersten Möglichkeit wendet und die Verfolgung aufnimmt. Nachdem ich nun weiss, dass eine organisierte Treibjagd gegen mich im Gange ist, flüchte ich in waghalsiger, schneller Fahrt. Mein Verfolger holt trotzdem rasch auf und zeigt damit seinen völlig enthemmten Willen, mich, koste es was es wolle, zu stellen. Ich rechne damit, dass bald weitere Verfolger auftauchen werden und fahre entsprechend schnell. Wir kommen aus dem Wald auf ein schmales, asphaltiertes Strässchen. Bei einer Weggabelung ziehe ich es vor, das Strässchen aufwärts zu fahren, anstatt in das Dorf hinunter, wo meine Verfolger herkommen. Offenbar hat die Agromafia in dieser Gegend eine Handy-Alarmorganisation für den Fall, dass "Kessler oder seine Leute" wieder mal auftauchen sollten. Ich bin froh, dass es nicht Nacht ist. Im Gegensatz zu mir kennen diese Typen das Wegnetz genau. Ich fahre also bergaufauf in nördlicher Richtung. Auf der Anhöhe realisiere ich, dass die deutsche Grenze in unmittelbarer Nähe sein muss und die Wege in dieser Richtung vermutlich als Sackgassen enden oder wieder zurückführen. Ich biege deshalb links in einen Feldweg ein, der Pick-Up hinter mir her. Plötzlich verliert sich der Feldweg in der Wiese. Da sehe ich links oben einen anderen Feldweg, auf den ich abbiegen kann, er führt zurück zum asphaltierten Strässchen und ich nehme nun doch den Weg ins Dorf hinunter. Vor den ersten Häusern steht ein Motorradfahrer quer auf dem Strässchen (wie sich später herausstellte Josua Meier) und erwartet mich offensichtlich. Das Strässchen ist etwa einen Meter breiter als sein Motorrad lang ist. Er bewegt sich leicht vor und zurück wie ein Torhüter, der das ganze Tor abdecken will. Wenn ich jetzt anhalte, haben sie mich in der Zange, geht es mir durch den Kopf. Ich steure leicht nach rechts, der Motorradfahrer fällt auf meinen Trick herein und folgt innerhalb seines engen Spielraums wie erwartet meinem Rechtskurs. Kurz vor ihm reisse ich das Steuer nach links herum und umfahre ihn in seinem Rücken mit einem kurzen Schwenker über die Wiese, dann bin ich sofort wieder auf dem Strässchen. Alles ging blitzschnell. Im Dorf nehme ich die Strasse zurück Richtung Schaffhausen, verfolgt vom Pick-Up. Meine Begleiterin versuchte schon eine ganze Weile vergeblich, Verbindung mit dem Polizeinotruf zu erhalten, gelangt aber immer in das deutsche Mobilfunk-Netz, wo 117 nicht funktioniert. Ich konzentriere mich darauf, im verwinkelten, kurvenreichen Dorf den Weg Richtung Schaffhausen nicht zu verpasssen und nicht in einer Sackgasse zu landen. Kurz vor einem herannahenden Fahrzeug biege ich in die Hauptstrasse nach Siblingen-Schaffhausen ein. Mein Verfolger muss das andere Fahrzeug abwarten, was mir Vorsprung gibt. Es hat ziemlich viel Verkehr auf der Hauptstrasse, bald sehe ich den Verfolger nicht mehr im Rückspiegel. Inzwischen hatte meine Begleiterin Verbindung mit dem Polizeinotruf bekommen und die Situation erklärt. Der Schaffhause Polizist plaudert mit ihr und stellt Frage um Frag, obwohl sie ihm unseren Standort und die bedrohliche Situation mitgeteilt hat. Ich übernehme das Handy und erkläre ihm, dass der Verfolger abgehängt sei und ich mich wieder melden würde, falls es nochmals kritisch werden sollte. Er versucht mich zu belehren, dass man nicht auf einem privaten Feldweg halten dürfe und die Bauern natürlich kommen und einen wegweisen....

 

Wer ein Opfer derart organisiert hemmungslos-halsbrecherisch verfolgt, der hat nicht nur vor, mit dem Verfolgten zu plaudern, sondern stellt objektiv eine schwerwiegende Gefahr für Leib und Leben des Verfolgten sowie auch von unbeteiligten Dritten (Verkehrsteilnehmer) dar. An dieser objektiven Feststellung können abgesprochene scheinheilige Ausreden der Täter im vornherein nichts ändern.

Gegenüber einer Journalistin bestätigten die Angezeigten am 26. März 2005 im Wesentlich den von Erwin Kessler geschilderten Sachverhalt. Schudel bestätigte insbesondere, er hätte Gewalt gegen angewendet, wenn er ihn erwischt hätte. Die Journalistin hat in ihren Telefonnotizen unter anderen folgende Formulierung Schudels notiert: "Wenn es der Kessler ist, dann reden wir nicht mehr, dann passiert was." "Wir Schweinezüchter und Bauern haben uns gewisse Sachen vorgenommen. Zuerst reden wir natürlich schon..." Auf die Frage, wie die folgenden Tage für ihn gewesen seien: "Wenn ich ihn nur erwischt hätte!"

Landwirt Josua Meier, der Motorradfahrer, behauptete gegenüber der Journalistin, er habe nur mit Erwin Kessler reden wollen - eine offensichtlich haltlose Schutzbehauptung. Um mit jemandem zu reden, gibt es das Telefon, dazu braucht es in einem zivilisierten Rechtsstaat. Nur wo die Mafia herrscht, werden zu diesem Zweck Strassensperren errichtet! Meier sagte denn auch zusätzlich: "Wir hatten Freude, den endlich mal stellen zu können." Er bestätigte ferne, dass er sich mit Schudel und mehreren weiteren Kollegen organisiert hätten, um den Erwin Kessler abzufangen, wenn er auftauche.

Diese Gewaltbereitschaft von Tierausbeutern ist allgegenwärtig. Wer rücksichtslos gegen Tiere ist, ist dies zumindest latent auch gegen Menschen.

Wie sechs Metzger und Mäster vier VgT-Aktivistinnen, darunter zwei Jugendliche, die für vegetarische Ernährung warben, zusammengeschlagen habe, kann unter www.vgt.ch/vn/9806/vn98-6.htm nachgelesen werden. Diese Frauen sagten nachher in der Einvernahme aus, die Täter hätten immer wieder gefragt, wo Kessler sei, und er wäre wohl kaum lebend davongekommen, wenn er ihnen in die Hände gefallen wäre. Die hemmungslose Gewaltbereitschaft und Gefährlichkeit solcher Typen liegt auf der Hand.

Ohrfeige für Tierkontrolleurin
Zwei St Galler Landwirte sind vom kantonalen Untersuchungsrichteramt zu je zwei Monaten Gefängnis bedingt und zu Bussen verurteilt worden, weil sie mit Gewalt Tierschutzkontrollen verhindern wollten. Ein Bauer, der seine Kälber vorschriftswidrig und tierquälerisch angebunden hielt, versetzte einer Beamtin des Veterinäramtes eine Ohrfeige. An einem anderen Ort musste ein Beamter den Stall fluchtartig verlassen, weil ein Landwirt ihn mit einem Stock bedrohte. Einer Kuh war die zu kurze Kette in den Hals gewachsen. (Wie lange schon erhielt diese Kuh den gesetzlich vorgeschriebenen Auslauf nicht, dass die Kette einwachsen konnte?)

Schweinezüchter als Serienmörder

 

Schudel und Meier rechtskräftig verurteilt

Am 10. April 2007 erliess das Untersuchungsrichteramt Schaffhausen gegen Schudel und Meier Strafbefehl (inzwischen rechtskräftig geworden)

Der Anführer des Überfalls, Schweinemäster Stephan Schudel, geb 20.11.1965, wohnhaft Fohrenhof 61, 8226 Schleitheim, wurde wegen mehrfacher Nötigung zu 90 Tagessätzen zu Fr 50.- sowie zu einer Busse von Fr 1000.- verurteilt. (Das entspricht nach dem bis zum 1.1.2007 gültigen Strafrecht 90 Tagen Gefängnis. Seither werden Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr durch Geldstrafen ersetzt.)
Schudel muss zudem Verfahrenskosten von Fr 1425.- bezahlen und Erwin Kessler mit Fr 1807.70 entschädigen. In der Begründung des Strafbefehles wird festgestellt: "Das Verschulden wiegt erheblich. In einer aggressiven und gefährdenden Weiste tätigte der Angeschuldigte gegenüber dem Tierschütz Kessler eine Verfolgungsjagd über enge und unübersichtliche Wald- und Flurwege bzw -strassen... Es ist beim Angeschuldigten von einem monatlichen Nettoeinkommen von Fr 5000.- auszugehen. In Berücksichtigung von Unterstützungsabzügen für Frau und Kinder sowie getätigten Investitionen und der schwierigen Marktlage in der Schweinezucht ist die Höhe des Tagessatzes auf Fr 50.- festzulegen."

Schweinemäster Josua Meier, geb 13.1.1963, wohnhaft Rüetistelsmüli 319, 8226 Schleitheit, wurden wegen Nötigung und Verletzung von Verkehrsregeln (Errichten einer Strassensperre) zu 45 Tagessätzen zu Fr 40.- sowie zu einer Busse von Fr 700.- verurteilt.
Meier muss zudem Verfahrenskosten von Fr 1125.- bezahlen und Erwin Kessler mit  Fr 1807.70 entschädigen. In der Begründung des Strafbefehles wird festgestellt: "Das Verschulden wiegt erheblich. Der Angeschuldigte unterstützte seinen Kollegen Schudel bei dessen aggressiver und gefährdender Verfolgungsjagd, indem er mit seinem Motorrad eine Strassensperre errichtete, um so den Tierschützer Kessler zum Anhalten zu zwingen... Es ist beim Angeschuldigten von einem monatlichen Nettoeinkommen von Fr 4000.- auszugehen. In Berücksichtigung von Unterstützungsabzügen für Frau und Kinder ist die Höhe des Tagessatzes auf Fr 40.- festzulegen."

Urteil Schudel        -        Urteil Meier

 


Inhaltsverzeichnis VN05-2

News-Verzeichnis

Startseite VgT