Subventions-Wahnsinn - EU-Wahnsinn    

 

Sendung Report Mainz im ARD 28. April 2008:    

Mörderische Subventionen

Wie die Exportbeihilfen für Schweinefleisch den Hunger in Afrika verschlimmern 

Mit der Arbeit von Bundespräsident Horst Köhler sind ja nicht immer alle zufrieden. Aber bei einem Thema kennt er sich wirklich aus und da findet er auch die richtigen Worte. Beim Thema Afrika.

Europa überschwemmt, sagt er, die Entwicklungsländer mit Lebensmitteln zu Dumpingpreisen und zerstört so die Lebensgrundlagen bäuerlicher Gesellschaften. Und auch den i-Punkt auf diesem Skandal verschweigt der Bundespräsident nicht. Das nämlich Sie und ich diesen Wahnsinn auch noch mit unseren Steuergeldern unterstützen.

Jetzt übertreibt er aber, denken Sie. Doch schauen Sie, was Thomas Reutter herausgefunden hat.

Bericht:

Ein Ferkel aus Deutschland. Richtig Geld lässt sich derzeit damit nicht verdienen. Im Gegenteil, ein Überangebot an Schweinefleisch in der EU drückt den Preis. Die deutschen Schweinezüchter protestieren seit Monaten. Denn für ihre Tiere bekommen sie einfach zu wenig Geld.

»Also das ist das, was unser größtes Problem im Moment darstellt. Diese Schere, die so weit auseinandergegangen ist, bei Kosten und Erlösen, wie sie so in der Schweineproduktion noch nie da war.«

Deshalb erschließen die Deutschen immer neue Absatzmärkte. Auch in Afrika. Sogar in so armen Entwicklungsländern wie Kamerun. Welche Folgen haben die deutschen Exporte?

Unsere Recherche beginnt auf dem Markt in Jaunde. Hier wird frisches Schweinefleisch aus der Region angeboten, das Kilo derzeit für 2,50 Euro. Aber seit einigen Jahren auch tiefgekühltes Fleisch, aus Europa, für nur 1,- Euro.

Wer heimische Ware anbietet, hat gegen die Dumpingpreise aus Europa kaum eine Chance.

»Es liegt am Preis, dass die Leute das gefrorene Importfleisch kaufen. Sonst würden sie natürlich unser frisches Fleisch nehmen.«

Schon heute gefährden die EU-Exporte Afrikas Märkte. Zurück nach Deutschland. Hier will man noch mehr exportieren, denn die EU produziert viel zu viel Schweinefleisch.

Im November 2007 hat die EU-Kommission deshalb Subventionen für den Export eingeführt. Seither zahlt die EU ihren Exporteuren 31 Cent pro Kilogramm. Auch für Lieferungen in die Armutsländer Afrikas.

Immer noch nicht genug für Horst Seehofer. Noch im Januar, auf der Grünen Woche, verspricht der Bundeslandwirtschaftsminister, er werde für die deutsche Schweinewirtschaft noch mehr bei der EU herausholen. Er wolle sich persönlich für eine Erhöhung der Exportsubventionen einsetzen. Steuergeld, das Afrikas Märkte bedroht. Gerne hätten wir Horst Seehofer selbst zur Subventionspolitik befragt. Doch der schickt seinen Staatssekretär vor.

O-Ton, Gerd Müller, CSU, Parl. Staatssekretär, Bundeslandwirtschaftsministerium:

»Es ist kein Thema, das relevant ist. Es ist kein Thema, das relevant ist für die dortigen Staaten. Die Frage der Aufbau eigener Strukturen wird damit so gut wie nicht tangiert. Die Probleme dieser Länder zur Entwicklung eigenständiger landwirtschaftlicher Produktion liegen an ganz anderer Stelle. Vielen Dank, das war’s.«

Für das Seehofer-Ministerium ist das Thema damit erledigt. Und in Afrika? Wir fragen nach auf einer kleinen Schweinemast in Kamerun. Die Mäster berichten uns von ihren Schwierigkeiten mit der Billigkonkurrenz.

O-Ton, Brigitte Iffo, Schweinemästerin:

»Wenn ich auf den Markt gehe, kauft man mir nichts ab, weil es viel tiefgekühltes Importfleisch gibt. Seit einer Woche habe ich kein Geld mehr für Schweinefutter.«

Fünf Kinder hat sie.

O-Ton, Brigitte Iffo, Schweinemästerin:

»Seit einer Woche haben auch die Kinder kaum etwas zu essen.«

O-Ton, Lambert Sob, Schweinemäster:

»Die Exporte von Schweinefleisch müssen aufhören. Wir wollen von unserer kleinen Mast leben, und wenn sie weiter exportieren, dann schaffen wir es nicht.«

Vielleicht ein Einzelfall. Ganz und gar nicht meint Bernard Tjonga, Präsident der bäuerlichen Bürgerbewegung in Kamerun. Vergangene Woche kam er nach Brüssel, um bei der EU-Kommission gegen das Billigschweinefleisch zu protestieren.

Er wird vorgelassen bis zum Sprecher der Agrarkommission. Höflich erkundigt sich der Kommissionssprecher nach den Auswirkungen der EU-Exporte in Kamerun.

O-Ton:

»Die Einfuhr tötet die einheimische Produktion. Die Fleischimporte sind Dumping.«

O-Ton, Michael Mann, EU-Kommission:

»Wir haben tierischen Druck auf uns von den verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, von Deutschland, von Frankreich, von Polen, diese Exportsubventionen einzuführen, um den Markt ein bisschen in Europa ein bisschen zu erleichtern. Und das haben wir ungern getan. Am Anfang haben wir nein gesagt, nach einer Weile war der Druck so groß, dass meine Chefin, Frau Fischer-Boel, gemeint hat, ja, wenn sie drauf bestehen, werden wir diese Dinge wieder einführen.«

Was das für Afrika heißt, erfahren wir beim evangelischen Entwicklungsdienst. Der EED hilft seit Jahren in Afrika kleinbäuerliche Betriebe aufzubauen. Afrikaexperte Francisco Mari hat eingeschätzt, was selbst kleine Exportmengen anrichten.

O-Ton, Francisco Mari, Ev. Entwicklungsdienst:

»Es werden ungefähr 30.000 Tonnen Fleisch nach Westafrika aus Europa exportiert. Das bedeutet den Verlust von 210.000 Arbeitsplätzen in Afrika. Da in Afrika jeder Vollarbeitsplatz ungefähr sieben Menschen ernährt, heißt das ungefähr 1,4 Millionen Menschen, die durch diese Exporte in die Armut geschickt werden.«

Hungerunruhen in Kameruns Hauptstadt Jaunde im Februar. Der Aufstand der Armen wird aufgelöst. Dutzende Menschen getötet, viele verletzt. Die Lage der Menschen ist verzweifelt, auch wegen der EU-Subventionen. Doch Horst Seehofer sind die Interessen der deutschen Schweinewirtschaft wichtiger. Setzt er sich bei der EU durch, droht Westafrika noch mehr Armut und Hunger.


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