VN00-1

Wenig romantische Hintergrnde von Pferde-Tracks:

Nächtlicher Pferdetransport quer durch die Schweiz
Ein Augenzeugenbericht

von Marlène Gamper, Vizepräsidentin VgT Schweiz

 

Sonntag, 8. Juli 1999, 00.30 Uhr
An der Dorfstrasse in Glattfelden wird die Nachtruhe durch Gepolter und Motorenlärm unterbrochen. Beim Dorfbrunnen hält ein Traktor mit Anhänger. Der etwa 30-jährige Transporteur geht hektisch hin und her. Wir fragen ihn, ob er eine Panne habe. Er ist Pole und versteht kein Deutsch und ruft einen etwa 12-jährigen Knaben vom Traktor herunter. Dieser sagt: "Nein, wir haben keine Panne, wir suchen den Weg." Wir fragen, was er denn suche, erhalten aber keine Antwort. Wir gehen um den Transport herum und entdecken im Anhänger 13 Pferde. Sie schlagen mit den Hufen polternd an die Wände, wobei der Anhänger sichtbar wackelt. Als der Transport weiterfährt, fahren wir ihm nach. Uns fällt sofort die unsichere Fahrweise auf; das Fahrzeug gerät immer wieder über die Mittellinie hinaus.

00.54 Uhr
Wir bieten über Telefon 117 die Polizei auf. Es wird versprochen, eine Patrouille zu senden, die den Transport noch vor Weiach abfangen soll. Der Transport hält unterwegs mehrmals an, so bei beiden Tankstellen in Weiach und verlässt erst um ca 01.30 Weiach. Eine Polizei-Patrouille taucht nicht auf. (Wie später zu erfahren war, habe man zwischen Glattfelden und Weiach keinen Tiertransporter entdecken können.)

01.45 Uhr
Über 117 bieten wir nun die Aargauer Polizei auf. Der Transport ist jetzt zwischen Fisibach und Siglistorf und hat offensichtlich Mühe, die Steigung zu bewältigen, bewegt sich nur im Schritttempo.

01.55 Uhr
Aus Richtung Siglistorf kommt die Polizei und winkt das Fahrzeug zur Kontrolle von der Strasse auf den Vorplatz eines Bauernhofes. Der Transport gehört Jakob Möckli, Pferdehof Tiefenthal, Schlatt bei Diessenhofen, der Kinder-Tracks macht und deshalb gelegentlich Pferde "verschiebt". Die Polizei telefoniert Möckli auf der Stelle und verlangt, dass ein Begleitfahrzeug und ein zweites Transportfahrzeug geschickt wird, um den überladenen Anhänger zu entlasten (erlaubt wären nur 10, nicht 13 Pferde), und dass die Pferde getränkt würden. Mit diesen Auflagen kann der Transport weiterfahren.

02.55 Uhr
Der Transport fährt weiter,  Siglistorf - Oberehrendingen - Baden, dort Einspuren Richtung Melligen. Auf der Lindenkreuzung im letzten Augenblick Spurwechsel Richtung Brugg. Weiterfahrt über Brugg - Schinznach - Wildegg - Aarau.

05.40 Uhr
Mitten in Aarau winkt die Polizei den haltenden Pferdetransport energisch weiter und nimmt dafr uns aus dem Verkehr. Während der Pferdetransport weiterfahren kann, obwohl die Auflagen der Polizei nicht erfüllt wurden, werden wir eine halbe Stunde lang festgehalten, bis der Pferdetransport über alle Berge ist.

Wie sich später ergab, führte der Transport von Schlatt im Kanton Thurgau, wo er um 21.00 startete, nach Bern. Wann er dort endlich eintraf, ist unbekannt. Dies alles mit einem Traktor (!) und einem mit 13 Pferden überladenen Anhänger und einem polnischen Chauffeur, der kein Deutsch kann und den Weg nicht kennt. So also sehen die Hintergründe aus des Geschäftes mit "romantischen" Pferdefahrten für Kinder!


INHALTSVERZEICHNIS VN00-1

HOMEPAGE

(c) Verein gegen Tierfabriken Schweiz
Technische Mängel (nichtfunktionierende Links, Text-Fehler etc) bitte an den Webmaster
URL: http://www.vgt.ch/vn/0001/pferdetransport.htm