18. Januar 2010 Die Weltwoche veröffentlichte ein grosses Interview mit Udo Pollmer, der sich seit langem dadurch profiliert, dass er die wissenschafatlich anerkannten Grundsätze einer gesunden Ernährung bestreitet und mit haltlosen, scheinwissenschaftlichen Begründungen die These verbreitet, als was man gut finde, sei auch gesund. Während die Weltwoche diesem Schwachsinn mehrere Seiten zur Verfügung stellte, wurde die folgende Entgegnung, als Leserbrief eingesandt, unterdrückt. Einmal mehr gilt: www.vgt.ch - was andere Medien einfach totschweigen.
Ist wirklich gesund, was schmeckt? von Erwin Kessler Was haben Udo Pollmer und Erich von Däniken gemeinsam? Beide faszinieren eine wenig gebildete Masse mit abstrusen Theorien. Während von Däniken mit seinen Geschichten über antike Astronauten aus fernen Galaxien harmlose Unterhaltung betreibt, verführt Pollmer sein Publikum zu einem lebensgefährlich ungesunden Essverhalten nach dem Prinzip: "Gesund ist, was schmeckt." So findet er eine Wurst etwas Gutes und darum Gesundes, Salat und Getreidekörner aber gesundheitsschädlich. Seit er solche Theorien verbreitet, ist Pollmer dick geworden, aber das ist für ihn kein Problem, sondern vollkommen natürlich, denn auch dafür hat er eine fantastische Erklärung: "Wenn das erste Kind geboren wird, kriegen die meisten Männer einen Bierbauch." (wie alle folgenden Zitate der Weltwoche Nr 2.10 entnommen). Aha, Bierbauch kommt also nicht vom kalorienreichen Bier, nicht von zu vielem und zu fettigem Essen oder von zu wenig Bewegung - typisches Verhalten vieler Männer, nachdem sie eine Frau in Besitz genommen haben und ein Paschaleben beginnen - sondern wegen ihrem ersten Kind, das notabene die Frau geboren hat. Gut, dass wir das jetzt wissen, Herr Pollmer. Jetzt dürfen wir endlich ohne schlechtes Gewissen blind drauflos fressen. Dass Fettleibigkeit wissenschaftlich erhärtet ein grosses Gesundheits- und Sterberisiko ist, braucht uns weiter nicht zu kümmern, denn so Pollmer: "Man muss nicht alles ernst nehmen, was Experten sich ausdenken." Eine interessante Feststellung, denn Pollmer selber ist ein solcher Experte, der sich Theorien ausdenkt, aber nichts beweist. Seine Verführung zum Ignorieren wissenschaftlich vielfach bewiesener und erhärterter Fakten über eine gesunde Ernährung kann tödliche Folgen haben. Das macht Pollmer aus einem harmlosen Unterhalter einen gefährlichen Verführer. Die Tatsache, dass viele Menschen, welche bewusst essen und gut kauen und schmecken, Würste und ähnliches widerlich findet, erklärt Pollmer so: "Es gibt keine 'gesunde Ernährung' für alle. Jeder Mensch ist anders, es gibt auch keine gesunde Schuhgrösse für alle." Diese dämliche Argumentation, gespickt mit willkürlichen, nach Fachwissen klingenden biologischen Behauptungen, welche bei denk- und willensschwachen Vielfrassen gut ankommt, ist der Grund, dass Pollmer von der Wissenschafts-Community nicht ernst genommen wird und mit seinen lächerlichen Theorien isoliert dasteht, aber auch unwidersprochen bleibt: jeder Fachmann empfindet es als Zeitverschwendung, auf einen solchen Blödsinn überhaupt zu reagiern. Pollmers These "Gesund ist, was schmeckt." ist gefährlich, weil sie von weitem betrachtet einleuchtet. Was Pollmer unterschlägt: Der von der Evolution über Jahrhunderttausende entwickelte Essinstinkt funktioniert nur unter den natürlichen Umständen, unter denen die Evolution wirkte. Bei Nahrung, die industriell verarbeitet und denaturiert wurde, versagt der angeborene Instinkt. Nur deshalb war es möglich, Kühen - von Natur aus Vegetarier - Fleischmehl zu verfüttern und sie damit krank zu machen. Die Zeit seit der Entdeckung des Feuers durch den Steinzeitmenschen ist zu kurz für eine biologisch-evolutionäre Anpassung. Pollmer liegt völlig falsch mit seiner Behauptung: "Wir sind angepasst an zubereitete Nahrung. Wir haben keine Schnautze mehr, wir haben ein harmloses, kleines Gebiss, das angewiesen ist auf gekochte, leicht zu kauende Nahrung. Ich begreife nicht, warum das keiner merkt. Ein Blick in den Spiegel genügt." Die Evolution hat den Menschen nicht mit einem kleinen Gebiss versehen, um ihn in der Zukunft an zubereitete, gekochte Nahrung anzupassen, sondern weil der Urmensch ein reiner Pflanzenfresser war, wie viele Menschenaffen heute noch, in warmen Gebieten Afrikas, wo die Natur das ganze Jahr Früchte anbietet. Die Hände des Menschen sind typische Greifhände, ursprünglich geschaffen zum Pflücken von Früchten. Als der Mensch begann, kältere Klimazonen zu erobern, war er gezwungen, Fleisch zu essen. Und weil Fleischnahrung nicht menschengemäss ist, musste er dazu das Feuer entdecken, um das Fleisch denaturieren und essbar machen zu können. Damit einher ging das Entstehen der ersten Zivilisationskrankheiten bei den Höhlenbewohnern. Das Extrem der Anpassung an kalte Zonen sind die Eskimos, welche diese Anpassung mit einer sehr kurzen Lebenserwartung bezahlten. Vorallem aber, und diese Tatsache erübrigt eigentlich jede weitere Befassfung mit Pollmers Fantasien: dass Vegetarier gesünder sind, ist eine in allen Schattierungen und Variationen durch empirische Untersuchungen erforschte und bewiesene wissenschaftliche Tatsache. Kommt dazu die Ethik, welche unter den heutigen Verhältnissen tierische Lebensmittel praktisch verbietet. Aber Ethik interessiert den egoistisch am kurzfristigen und kurzsichtigen Genuss orientierten Udo Pollmer offenbar nicht. Um seine eigene Fehlernährung und Fettleibigkeit zu rechtfertigen und zu verdrängen und besser an seine eignen Theorien glauben zu können, versucht er mit unterhaltsamer Rhetorik die Massen auf seinem tödlichen Irrweg mitzuziehen, nach dem Grundsatz aller Missionare: Wenn alle glauben, was ich glaube, dann werde ich wohl schon das richtige glauben. |