31. August 2011

vegan kitchen and bakery: Lauren Wildbolz und ihre Vision einer veganen Zukunft

 von Claudia Zeier, Vizepräsidentin VgT

Es sind schon einige Artikel über das einzige vegane Restaurant "vegan kitchen and bakery" in Zürich in den Medien erschienen, wobei meistens detailliert die dort erhältlichen veganen Menus geschildert und gewertet wurden. Nun möchten wir zur Abwechslung die Inhaberin von vegan kitchen and bakery porträtieren. In einem interessanten Interview erzählte mir Lauren Wildbolz über sich selbst und ihren nicht ganz alltäglichen Weg.

 

Nebst der Arbeit im Restaurant studiert die 30-jährige sympathische Lauren Bildende Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit ihrem 14. Lebensjahr ist sie Vegetarierin. Veganerin wurde sie erst vor drei Jahren. Als Lauren 14 war, kam ihr eine Vegi-Broschüre in die Hände, worin über die Massentierhaltung berichtet wurde. Damals gab es kaum TV Sendungen zu diesem Thema. Nachdem Lauren die Broschüre fertig gelesen hatte und die schlimmen Bilder mit den leidenden Tieren nicht mehr aus ihrem Kopf zu verbannen waren, entschied sie sich, kein Fleisch mehr zu essen. Sie spürte auch kein Verlangen nach Fleisch und empfand dies keineswegs als Verzicht.

 

Vor drei Jahren hatte sie dann plötzlich eine "Eingebung", dass sie unbedingt etwas ändern musste. Spontan entschied sie sich zu drei Monaten veganer Ernährung. Lauren wollte sehen, wie ihr Körper darauf reagieren würde. Das Resultat war beachtlich: Lauren stellte fest, dass sie viel mehr Energie hatte. Das überzeugte sie und sie lebte fortan nur noch vegan. Auch wenn sie zuerst "nur" ihrer Gesundheit zuliebe auf die vegane Ernährung umstellte, kamen bald auch politische, tierschützerische, umweltliche und ethische Aspekte hinzu.

Aber welcher Weg führte Lauren zu vegan kitchen and bakery? Während ihrem Studium wollte Lauren auch etwas Geld verdienen und kam auf die Idee, veganes Essen zu fördern. So packte sie einen Reiskocher und Gemüse auf ihren Velo-Gepäckträger und brachte die vegane Kost an verschiedenste Anlässe, von Vernissagen bis zu Techno-Parties. Zuerst ging sie aus eigener Initiative, dann allmählich wurde sie von Interessierten offiziell eingeladen, ihre vegane Köstlichkeiten an Frau und Mann zu bringen.

Mitte 2010 entdeckte Lauren ein leeres Ladenlokal im Zürcher Kreis 4, das sie sofort mietete, und im Dezember 2010 eröffnete sie das vegan kitchen and bakery. Lauren wollte schon an der Eröffnung ein symbolisches Zeichen setzen und bat das Personal auf das Tragen von Leder - wenigstens an der Eröffnung - zu verzichten. Aber natürlich sei es ihr auch bewusst, dass sie den Restaurant-Gästen nicht auferlegen kann, kein Leder zu tragen.

Laurens Eltern waren immer offen und liessen ihre Tochter ihren aussergewöhnlichen Weg gehen, aber für ihre vegane Ideen konnten sie sich nicht richtig erwärmen. So bedauert Lauren, dass ihre nächste Familie und Verwandte bis heute nicht wenigstens Vegetarier geworden sind. Den Ausgleich fand sie aber im Freundeskreis: Hier kamen ihr vorwiegend sehr positive Reaktionen entgegen.

Aber auch die üblichen Ratschläge blieben Lauren nicht erspart: Sie solle doch bitte nicht zu extrem sein und wenigstens den Kompromiss eingehen, auch Vegetarisches und nicht nur Veganes auf ihre Menukarte zu setzen, sonst wirke das Ganze gar sektiererisch, und schliesslich wolle sie doch nicht als absonderliche Weltverbesserin abgestempelt werden.

Einmal stand in einem Pressebericht: "auch für hardcore veganer gibt es inzwischen ein Lokal in Zürich". Das störte Lauren sehr. Schliesslich wird in den Zeitungen auch nie von "hardcore Fleischesser" oder „hardcore Metzger“ geschrieben!

Zurzeit ist die Zukunft von vegan kitchen and bakery an der Müllerstrasse 64, aus finanziellen Gründen noch ungewiss. Sicher ist aber, dass Lauren weitermachen will. Den Veganismus zu fördern bleibe weiterhin ihr Baby, sagt sie mit idealistischer Bestimmtheit.

Obwohl Lauren nie eine Kochlehre machte, hat sie schon früher viele Leute bekocht, zum Beispiel auf einem Segelschiff und auf einem Katamaran in Ibiza, wo sie spanische Telenovela-TV-Stars verpflegte. Eine Zeit lang arbeitete sie auch im "Saft-Laden" in der Zürcher Altstadt, der aber nicht vegan sei.

Trotz ihrem Kunststudium sieht sich Lauren mittlerweile mehr als Köchin denn als Künstlerin. Aber das Gastgewerbe sei hart, betont sie. Aus wirtschaftlichen Gründen plant Lauren zukünftig nicht nur das Restaurant zu betreiben, sondern möchte das Lokal auch für  private Anlässe, Kochkurse, Catering, Vorträge, usw nutzen, wobei sie das Vegane keinesfalls aus den Augen verlieren will. Zudem möchte sie auch noch ein veganes Kochbuch herausgeben - das erste vegane Kochbuch der Schweiz! Einen Verlag hat sie schon und der Verleger ist begeisterter Stammkunde in ihrem Lokal.

Ich bemerke, dass vegan kitchen and bakery sehr minimalistisch und spartanisch eingerichtet ist. Es befinden sich nur drei einfache Tische mit Holzbänken in dem doch recht grossen Lokal. Ich spreche Lauren vorsichtig darauf an und meine, es hätte doch genügend Platz für viel mehr Tische und wieso sie den Platz nicht ausnutzen würde? Oder hat sie so wenig Gäste, dass die drei Tische ausreichen? Keineswegs, antwortet Lauren, im Gegenteil, sie habe oftmals viel zu wenig Plätze zur Verfügung, aber sie dürfe aus rechtlichen Gründen im Restaurant-Betrieb nicht mehr Plätze anbieten. Insgesamt seien es nur 10 Plätze im Lokal und im Sommer kommen noch zusätzlich 10 Plätze im Freien dazu. Warum? Lauren klärt mich auf: Weil kein Invaliden-WC und nicht die vom Gesetz vorgeschriebene Lüftung vorhanden ist. Solche bauliche Veränderungen kämen für sie aus finanziellen Gründen vorläufig nicht infrage, fügt sie hinzu. Halte sie sich nicht an das Gesetz und würde dabei erwischt, drohe ihr eine saftige Busse von ca Fr. 800.--. Wenn man bedenkt, mit was für lächerlichen Bussen Tierquäler "bestraft" werden, ist dieser Betrag geradezu grotesk!

Ich bin fassungslos und kann nur noch ungläubig den Kopf schütteln. Solche Beamten, die das geschriebene Gesetz derart genau nehmen und rigoros durchsetzen, bräuchten wir dringend im Tierschutzbereich! Aber genau da bleibt das Gesetz aus politischen Gründen und zugunsten der Fleischlobby, toter Buchstabe.

Darum gibt es nur eins: der Fleischkonsum muss reduziert werden. The future is vegan! Und das ist ganz im Sinne von Lauren Wildbolz und ihrer vegan kitchen and bakery! 

Website: http://vegankitchenandbakery.ch/


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