7. August 2014
(S)
Plazenta und zermahlene Hühnerfüsse in der Hautcrème, Nerzöl im
Shampoo, Schweine-Schmalz und Knochenfett in der Seife - viele
Menschen sind sich nicht bewusst, wieviele Schlachtabfälle sich versteckt
in der Kosmetika befinden, mit der sie sich Tag für Tag das Gesicht oder den
Körper pflegen. Nutztiere aus Massentierhaltung verbringen ihr kurzes
Leben unter katastrophalen Haltungsbedingungen und erleiden im
Schlachthof einen angstvollen Tod. Somit crèmen und seifen wir uns
nebst den auch sonst oft fragwürdigen Inhaltsstoffen in herkömmlicher
Kosmetika auch dieses Elend und all die Qualen der Tiere auf unsere Haut.
Claudia Rindler zeigt, dass es auch anders geht. Die gelernte
Maskenbildnerin & Make Up Artistin stellt eigene Naturkosmetik ganz ohne
tierische Inhaltsstoffe her und verkauft diese in ihrem kleinen Lädeli
namens Seifen Oper in Winterthur und online auf ihrem Shop
http://seifen-oper.ch/.
Wieso ihr Lädeli Seifen Oper heisst, verrät sie uns grad selbst: "Bei uns ist es so dramatisch wie in einer Seifen Oper ;-) Ich komme ja aus dem TV-, Film- und Showbereich. Bevor ich die Seifen Oper zum Hauptjob machte - bzw. sie mich - habe ich über 10 Jahre freelance als Maskenbildnerin gearbeitet. Was einerseits viel Disziplin erforderte, aber auch eine grosse Party war. Darum: Mein Leben darf gerne eine Prise Drama, viel Action und eine Spur Chaos enthalten. Ich mag es, wenn nicht alles 0815mässig abläuft und es vor allem nicht langweilig wird. So wie in einer Seifen Oper eben. Darum fand ich den Namen passend für mein Geschäft, für mich und natürlich auch für meine Seifen & Kosmetik."
Wie bist du auf die Idee gekommen, Naturkosmetik selbst herzustellen?
Meine eigene Kosmetik stelle ich schon lange selber her, da ich selber
auf viele Dinge allergisch reagiere und auch gerne wissen möchte, womit
ich mich pflege. Ich wurde als Kind sehr durch meine Oma inspiriert,
welche dies auch tat. So habe ich sehr viel von ihr gelernt. Vor allem
was Kräuterkunde angeht. Mir wurde das irgendwie in die Wiege gelegt.
Ich war schon immer fasziniert davon, was die Natur hergibt und was man
daraus machen kann. Und je bewusster ich mich ernährte um so wichtiger
wurde es für mich auch, was in der Kosmetik, die ich verwende enthalten
ist.
Durch meine Tätigkeit als Maskenbildnerin und im Gespräch mit meinen
Kunden, habe ich dann angefangen, Produkte für andere zu entwickeln. Wenn
man Menschen schminkt, kommt das Gespräch automatisch auf das Thema
"Hautprobleme" - jeder hat schliesslich irgendein "Problem". Trockene
Haut, allergische Reaktionen, Unverträglichkeiten etc. Da ich Produkte
individuell für jedes Problem anfertigen kann, habe ich nach und nach
mehr Kunden gewonnen, welche speziell angefertigte Kosmetika bei mir
bestellten. So hat sich das ergeben und ist immer grösser geworden.
Ein grosses Thema sind natürlich auch Inhaltsstoffe, die nachvollziehbar
sind und nicht irgendwie codiert auf Verpackungen stehen, welche kein
normaler Mensch versteht. Die Menschen werden immer sensibler. Nicht
zuletzt durch Medienberichte, welche aufzeigen, woraus gängige Kosmetik
besteht. Meine Kunden schätzen die Transparenz meiner Produkte. Sie
möchten wissen, was sie verwenden und kaufen nicht einfach nur
blindlings irgendwelche Produkte.
In dem hübsch eingerichteten Lädeli gibt es vieles zu entdecken und zu riechen
Warum ist es dir wichtig, bei deiner Kosmetik komplett auf tierische
Inhaltsstoffe zu verzichten? Man hört ja oft, dass kein Tier für diese
Inhaltsstoffe sterben muss, weil Collagen, Stearinsäure usw. nur ein
Nebenprodukt der Fleischindustrie sind.
Was sind denn die Alternativen zu tierischen Inhaltsstoffen und sind sie
genau so gut?
Tierische Produkte werden nicht verwendet weil sie besser sind als
Inhaltsstoffe pflanzlicher oder synthetischer Herkunft, sondern eher
weil sie generell billiger sind. Schlachthäuser verkaufen deren
sogenannte "Nebenprodukte", die aus den jährlich Milliarden ermordeter
Tiere "hergestellt" werden. Diese Schlachthaus-"Nebenprodukte" werden
u.a. an Lebensmittel- und Kosmetikhersteller verkauft.
Tierische Inhaltsstoffe kommen aus jeder Industrie, die Tiere ausbeutet:
der Fleischindustrie, Pelzindustrie, Woll-, Milch-, Eier- und
Fischerei-Industrie, wie auch aus Industrien wie Pferderennen,
Stierkämpfen und Rodeos, die "ihre" Tiere letztendlich zur Schlachtung
bringen.
Weiterverarbeitende Fabriken verarbeiten die Körper von Millionen von
Tonnen ermordeter Tiere jedes Jahr und transformieren deren Körper (das
was davon übrig ist) und Knochen in profitable tierische Inhaltsstoffe.
Die Hauptquelle "verarbeiteter" Tiere sind die Schlachthäuser, die die
"unverzehrbaren" Teile aller dort getöteten Tiere liefern. Die Körper
von Hunden, Katzen und anderen 'companion animals', bzw. "Haus"-Tieren,
die eingeschläfert werden, enden auch normalerweise bei den
weiterverarbeitenden Fabriken.
Um es auf den Punkt zu bringen: Ich persönlich finde es einfach
ekelhaft, mir beispielsweise eine Creme auf die Haut aufzutragen, die
Überreste von Tierkadavern enthält.
Es gibt sehr, sehr viele Alternativen zu tierischen Inhaltsstoffen. Hier
nur 2 Beispiele:
Collagen/Kollagen:
Ist ein wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes (Knochen,
Zähne, Knorpel, Sehnen, Bänder) und der Haut. Seinen Namen erhielt das
Kollagen (aus dem Griechischen: Leim erzeugend) ursprünglich aufgrund
seiner früheren Nutzung als Knochenleim im Holzhandwerk. Es ist der
Hauptgrundstoff für die Herstellung von Gelatine.
Kollagen findet als Wirkstoff seit vielen Jahren auch in der Kosmetik
Anwendung und soll dort hauptsächlich zur Minderung von Hautalterung
dienen. Heute finden Kollagenprodukte in der Kosmetik in Form von Cremes
Verwendung. Das hierfür genutzte Kollagen wird meist aus Schweinehaut
extrahiert. Auch Quallen kann man zur Kollagengewinnung nutzen.
Es gibt viele pflanzliche Inhaltsstoffe, welche der Hautalterung
entgegen wirken. Z.B. Frauenmantel, Roibos und div. hochwertige Oele.
Ich bevorzuge diese.
Milchpulver:
Das Bild der Milchkuh in der Schweiz ist geprägt von idyllisch grasenden
Kühen auf der Weide. Die Realität ist gewöhnlich jedoch eine ganz
andere. Die meisten Kühe leben einen Grossteil der Zeit in
Anbindehaltung und sehen nur während der vorgeschriebenen 90 Tage das
Tageslicht. 90 % der Schweizer Kühe werden enthornt, damit sie sich
gegenseitig und die Landwirte nicht verletzen und weniger Platz im Stall
brauchen. Dies, obwohl die Hörner wichtig für das Sozialverhalten, die
Körperpflege der Kühe und für eine stabile Rangordnung innerhalb der
Herde sind. Zudem verursacht das Enthornen trotz vorgängiger Betäubung
Stress und Schmerzen. Kühe geben nicht von alleine Milch. Wie alle
Säugetiere produzieren sie diese nur für ihren Nachwuchs. Um die
produzierte Milchmenge hoch zu halten, werden die Kühe ab ihrem zweiten
Lebensjahr regelmässig zwangsgeschwängert, sie gebären somit immer
wieder Kälbchen. Diese werden ihnen üblicherweise zwei bis drei Tage
nach der Geburt weggenommen, da die für sie gedachte Milch für den
Menschen bestimmt ist. Die Mutterkühe und Kälber rufen nach einander und
die Kälber saugen an den Fingern und anderen zitzenähnlichen
Gegenständen. Beides zeigt die Verzweiflung der Tiere deutlich auf. Die
Euter der heutigen “Hochleistungskühe” produzieren ein Vielfaches der
Milchmenge, die ein Kalb benötigen würde. Das führt dazu, dass ein
grosser Teil der Tiere an Mastitis (Euterentzündung) erkrankt. Sowohl in
konventionellen als auch in Bio-Betrieben leidet rund ein Drittel der
Tiere an Euterentzündungen. Zu den üblichen Krankheiten gehören auch
Rückenbeschwerden und Klauenerkrankungen durch dauernde Stallhaltung.
Bereits nach etwa fünf Jahren ist eine Kuh dermassen ausgezehrt, dass
ihre Milchleistung nachlässt. Da es nicht mehr rentabel wäre, sie
weiterhin am Leben zu behalten, wird sie geschlachtet, obwohl eine Kuh
20 Jahre alt werden kann.
Der Kauf von Milchprodukten unterstützt die beschriebene Tierausbeutung.
- dies ist übrigens auch der Grund, warum für mich eine vegetarische
Lebensweise nicht mehr in Frage kommt.
Eine gute Alternative zu Kuhmilch(pulver) ist für mich z.B. für cremige
Seifen: Sojamilch, Kokosmilch, Mandelmilch & Reismilch. Bei
Milchcremebädern verwende ich auch gerne Kokosmilchpulver.
Du lebst also selbst vegan?
Ja seit ca 3 Jahren. Zuvor war ich seit meinem 15. Lebensjahr
vegetarisch. Durch das Buch "Anständig Essen" von Karen Duve, welches
ich zufällig las, wurden mir aber die Augen geöffnet und ich merkte,
dass die vegetarische Ernährung eigentlich kaum was bringt, wenn man an
die Tiere denkt, da es den "Milchkühen" genauso schlecht geht wie den
"Fleischkühen". So habe ich meine Ernährung dann auf vegan umgestellt und
ich kann nur positiv darüber berichten. Ich hab' natürlich auch Glück,
dass ich in Winterthur lebe und es hier sehr, sehr easy ist, sich vegan
zu ernähren mit dem grossen Angebot an veganen Shops und Restaurants.
Man kann bei dir wunderbar duftende und qualitativ hochwertige
Naturkosmetik kaufen für den Körper, das Gesicht, die Haare uvm.
Tüftelst du die Rezepturen dafür selbst heraus und wer kauft bei dir ein? Ja. Oft werde ich aber auch durch Kundschaft inspiriert, welche mich auf Ideen für neue Produkte bringt. Meine Kundschaft ist sehr bunt gemischt. Von der kleinen Ballerina bis zur Oma, hab ich Querbeet alle Art von Kundinnen. Veganerinnen und Nichtveganerinnen. Herren auch ein paar - meist verzweifelt auf der Suche nach einem hübschen Geschenk - ;-).Aber vorwiegend schon Fräuleins und Damen. |
Welches Ziel verfolgst du mit der Seifen Oper?
Ich möchte die Menschen mit meinen Produkten glücklich machen und den
Tierschutz unterstützen. Natürlich möchte ich mit meiner Arbeit Geld
verdienen, was meiner Meinung nach legitim ist, aber nicht auf Kosten
von Tieren, die dafür ausgebeutet werden. Mich selber macht es glücklich,
dass meine Kunden die Produkte kaufen, manchmal nicht einmal mit dem
Vorsatz, vegane Artikel zu erstehen, dies aber tun, weil sie vom Produkt
überzeugt sind. Somit kann ich meine Ideale vertreten, meine Kreativität
ausleben und meiner Arbeit nachgehen ohne dass dadurch Tierleid
entsteht.
All meine Produkte sind zu 100% ohne tierische Inhaltsstoffe, zu 100%
nicht an Tieren getestet und ich lege sehr viel Wert auf Qualität und
Frische. Wenn immer möglich verwende ich Rohstoffe aus der Region,
Kräuter z.B. pflanze ich selber an. So kann ich auch dafür garantieren,
dass sie frei von Düngern und anderen Chemikalien sind. Ich arbeite nur
mit Lieferanten zusammen, denen ich zu 100% vertrauen kann - ohne dass
mir ein potentieller Lieferant schriftlich bestätigt, dass er weder
Tierversuche durchführt, noch in Auftrag gibt, wird keine Zusammenarbeit
entstehen.
Es ist mir wichtig, meine Philosophie zu vertreten. Niemals werde ich
diesbezüglich Kompromisse eingehen, um dadurch mehr finanziellen Profit
zu erwirtschaften. Denn das ist genau der Grund, warum ich tue, was ich
tue.
Claudia's Produkte beweisen: Sich pflegen und schön sein ist auch gänzlich ohne Tierleid und fragwürdige Inhaltsstoffe möglich. Probieren Sie beispielsweise einmal die fein duftende Lavendel-Himbeeri-Gesichtscrème aus, den Vanille-Lippenbalsam oder ein Pfirsichölbad. Oder vielleicht haben Sie eine Problemhaut und lassen sich von Claudia beraten? Ein Besuch in der Seifenoper in Winterthur ist auf ein jeden Fall ein lohnendes Erlebnis, nicht nur wegen des speziellen Ambiente des Lädelis und der netten Bedienung, sondern weil es auch ein wirkliches Fest für die Sinne ist! |
Seifen Oper
|