29. März 2017 - ergänzt am 1. September 2017
KEIN EINZELFALL
Eine lächerliche Trinkgeldbusse - eine Einladung, den Tierschutz nicht Ernst zu nehmen. So geht der Kanton Thurgau mit Tiequälern um.
Alle Fotos: Schafe in Wigoltingen, Aufnahmen VgT.
Schafe sind sehr liebenswerte und sanftmütige Tiere. Vielleicht werden sie deshalb oft dazu missbraucht, steile Wiesenborde abzugrasen, an denen die Tiere nicht einmal die Möglichkeit haben, auf einer flachen Ebene zu liegen und zu entspannen. So wie dieser Fall, den wir letzte Woche in Wigoltingen/TG entdeckt haben. Seit mehreren Tagen war das Bord total abgegrast und die Schafe hatten nichts mehr zu fressen. Darunter waren säugende Mütter mit ihren Lämmchen. Erschwerend dazu kommt noch, dass die hungrigen Schafe durch den grossmaschigen Elektrozaun hindurch eine grüne Wiese sehen konnten. Immer wieder verenden so in der Schweiz viele Schafe äusserst qualvoll, weil sie vom Hunger getrieben den Kopf durch den Elektrozaun durchstrecken und sich darin verheddern. Der durch die Stromschläge verursachte schmerzhafte Todeskampf dauert oft viele Stunden.
Wir haben den Fall dem Veterinäramt gemeldet und bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen den Tierhalter eingereicht. Mit welchen faulen Ausreden wird das Veterinäramt nun auch wieder diesen Schafhalter reinwaschen? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wenn der Thurgauer Kantonstierarzt und die Tierhalter die Tiere so gut halten würden, wie sie Ausreden erfinden können, würde es uns nicht mehr brauchen. Hauptsache "Garantiert Schweizer Fleisch", "kann man mit gutem Gewissen konsumieren", "die Schweiz hat ein strenges Tierschutzgesetz". Verlogenheit und Tierquälerei gehen sehr oft Hand in Hand, das weiss auch die Kriminalistik.
Am 20. Juli 2017 erliess die Staatsanwaltschaft Bischoffszell einen Strafbefehl. Dieser Schafquäler erhielt eine Trinkgeldbusse von 400 Franken - eine Einladung, den Tierschutz nicht Ernst zu nehmen, denn die Chance, dass es überhaupt zu Anzeigen und Strafverfahren kommt, ist ohnehin klein. Veterinäramt und die mehrheitlich fleischessende Bevölkerung schauen meistens weg. Vermutlich hat das Veterinäramt (Kantonstierarzt Witzig und Stellvertreter Weideli) auch in diesem Fall, wie immer, den tierquälerischen Sachverhalt gegenüber der Staatsanwaltschaft bagatellisiert. Beweisen können wir das nicht, weil Tierschutzorganisationen keinen Einblick in die Akten von Verfahren wegen Tierquälerei erhalten. Auch das gehört zum raffiniert organsierten Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes.
DIESER FALL IST KEIN EINZELFALL!
Dieser Fall in Wigoltingen ist kein Einzelfall, sondern nur ein Beispiel für die übliche Ausnutzung von Schafen und wie das Tierschutzgesetz toter Buchstabe bleibt. Wir können nur anhand einzelner Beispiele die Leser sensibilisieren und ermuntern, solche Fälle fotografisch zu dokumentieren und der Polizei und/oder dem kantonalen Veterinäramt zu melden, und wenn von Amtes wegen nicht sofort gehandelt wird, den VgT zu informieren, mit Fotos und einer genauen Beschreibung des Falles. Was-wann-wo (genaue Lage und wenn bekannt Name und Adresse des Schafhalters) und wann wo gemeldet. Wir sind auf präzise Informationen angewiesen, denn mit unserem kleinen Team sind wir nicht in der Lage, selber in der ganzen Schweiz solchen Fällen nachzugehen.
In einem ähnlichen Fall, auch im Kanton Thurgau, wo die Schafe zu allem anderen bei grosser Sommerhitze nicht einmal Wasser zur Verfügung hatten, gab es nicht einmal eine Busse. Das einzige was Witzig unternahm, war ein Telefonat mit dem Schafhalter. Er kenne ihn, er halte seine Schafe gut, war die Stellungnahme Witzigs gegenüber de Staatsanwaltschaft, worauf das Verfahren ohne Strafbefehl eingestellt wurde: Schafe ohne Schatten, Futter und Wasser im Hochsommer an der Sonne in Wängi TG.
Ein Grund mehr, sich mit einer veganen Lebensweise nicht an diesem Massenverbrechen zu beteiligen. Anzeigen sollten aber trotzdem weiterhin gemacht werden, wenn Missstände angetroffen werden, auch wenn es wenig oder nichts nützt - auch das sind interessante Erfahrungen und müssen bekantn gemacht werden.