Antibiotika-Tests: Jede f�nfte Fleischprobe bleibt h�ngen
Migros-Tester spricht von �unhaltbaren Zust�nden� und
fordert sofortiges und konsequentes Eingreifen
Laut Sonntags-Zeitung liessen sich bei jedem f�nften Schlachtkalb in
den letzten zwei Jahren Antibiotikar�ckst�nde nachweisen - Tendenz steigend. Dies hat
die Swiss Quality Testing Services (SQTS), die Qualit�ts�berwachungsstelle der Migros,
festgestellt. Roland Dousse, der bei der SQTS den Bereich Fleisch leitet, schl�gt Alarm.
Dousse wundert sich, dass niemand Massnahmen ergreifen will. Dabei wies er auf weitere
brisante Zahlen hin. So wurden in den letzten vier Monaten von 60 getesteten Wurstk�lbern
(Tiere, die kr�nklich oder mager sind) 62 Prozent positiv getestet. Zehn Tiere
�berschritten den Toleranzwert. Besorgniserregend ist die Zunahme positiver Tests bei den
Schweinen. In den letzten zwei Jahren blieben jeweils drei bis vier Prozent h�ngen; seit
Anfang Jahr wurde jedes f�nfte Schwein beanstandet, also 20 Prozent. Die Zahlen des
SQTS-Labors sind repr�sentativ - denn die Migros kauft nicht nur Tiere von
Exklusiv-Lieferanten, sondern auch von solchen, die ebenfalls Coop, Bell und andere
Fleischverarbeiter beliefern.
Das Testergebnis l�sst auf eine breite Antibiotika-Verwendung schliessen
Seit dem 1. Januar 1999 ist Antibiotika als Leistungsf�rderer in
der Landwirtschaft verboten, weil sie die Resistenzbildung f�rdern. Laut Bundesamt f�r
Veterin�rwesen werden aber immer noch 39 Tonnen Antibiotika in der Landwirtschaft
eingesetzt. Vor dem Verbot waren es rund 80 Tonnen gewesen. Allein der
Antibiotika-Verbrauch f�r �Einzelbehandlungen� stieg im Jahr 2000 von 15 auf 22 Tonnen.
Die Migros-Zahlen sind nicht die ersten, die aufhorchen lassen: Ignaz Bloch,
Vorstandsmitglied der Gesellschaft Schweizer Tier�rzte, weiss von einer neueren
Untersuchung im Kanton Baselland, bei der ein Viertel des untersuchten Urins von K�lbern
und Schweinen mit Antibiotika kontaminiert war.
Die M�ster sagen, der Einsatz von Antibiotika sei zu erkl�ren: �Die
K�lber sind krankheitsanf�lliger geworden�, erkl�rt Fritz Oehrli, Pr�sident des
Schweizerischen K�lberm�sterverbands, und f�gt an: �Wir m�ssen K�lber, die an einer
Lungenentz�ndung leiden, mit Antibiotika behandeln.�
Beim Bundesamt f�r Veterin�rwesen verweist man auf die gesetzlichen
Grenzwerte. Hans-J�rg Heiz, im Amt verantwortlich f�r das �berwachen von Fremdstoffen
in tierischen Lebensmitteln, stellt den Schweizer Tierhaltern ein gutes Zeugnis aus: �In
den letzten zwei Jahren haben wir nur in ein bis zwei F�llen zu viel Antibiotika im
Muskelfleisch gefunden.� Auch Amtsdirektor Ulrich Kihm sieht keine M�glichkeit zu
intervenieren. Denn der Einsatz von Arzneimitteln f�r medizinische Zwecke ist legitim.
Die Migros fordert nun eine Senkung der Grenzwerte, im Zweifelsfall bis
auf Null, wie SQTS-Direktor Reto Battaglia best�tigt.
Die Sonntags-Zeitung schrieb folgenden Kommentar zu diesem aufgeflogenen
Antibiotika-Missbrauch:
Die Giftmischer im eigenen Lande
Armin M�ller �ber den
Antibiotika-Missbrauch der Schweizer Fleischproduzenten
Das Importverbot f�r chinesisches
Poulet ist
eine erstklassige Beruhigungspille f�r die Konsumenten in der Schweiz: �Chinas Landwirte
greifen tief in den Giftschrank und in die Apotheke�, heisst es in den Zeitungen, die
Kontrollen seien nicht immer so, wie sie sein sollten, die Gesetze lasch. Der Chef des
Bundesamtes f�r Gesundheit begr�ndet das Importverbot damit, man wolle �auch das
kleinste Risiko ausschalten�. Esst Schweizer Fleisch, denn der Schweizer Bauer ist kein
chinesischer Giftmischer, und die Beh�rden tun alles, um auch das geringste Risiko
auszuschliessen.
Wie so oft, wenn wir den Sonderfall Schweiz zelebrieren, h�lt das heile Bild einem
kritischen Blick und der �berpr�fung an der Realit�t nicht stand. Mindestens jedes
f�nfte Kalb wird von den sauberen Schweizer Bauern mit Antibiotika behandelt, bevor es
zur Schlachtbank gef�hrt wird. Der vorbeugende Einsatz von Antibiotika in der
Landwirtschaft ist aber seit 1999 verboten, nur kranke Tiere d�rfen mit tier�rztlicher
Erlaubnis behandelt werden. Und die Schweizer K�lber, Rinder, K�he und Schweine sind
wohl kaum herdenweise permanent krank und m�ssen mit Antibiotika behandelt werden. Wenn
trotzdem in 20 bis 25 Prozent der Tests in den Schlachth�fen Antibiotika-R�ckst�nde
entdeckt werden, l�sst das nur einen Schluss zu: In der Schweizer Landwirtschaft wird im
grossen Stil Medikamentenmissbrauch betrieben, Antibiotika werden zur Leistungssteigerung
eingesetzt, das Gesetz wird nicht durchgesetzt.
Bauernverband, Tier�rzte und vor allem die Beamten des Bundesamtes f�r Veterin�rwesen
zeigen lieber mit dem Finger auf chinesische Pouletproduzenten, als vor der eigenen T�re
zu kehren. Die Ausreden sind schnell zur Hand, weil jahrelang einge�bt und angewandt:
keine Gesundheitsgef�hrdung, weil nicht im Muskelfleisch, Anzweifeln der Messmethoden,
Verweis auf strenge Kontrollen und Grenzwerte.
Nichts sehen, nichts h�ren, abwiegeln: Das Motto hat sich bew�hrt. Das
Antibiotika-Problem ist seit langem bekannt. 39 Tonnen wurden im Jahr 2000 in der
Landwirtschaft eingesetzt. Die Beh�rden reagieren mit amtstier�rztlichen Kontrollen, die
an Veterin�re delegiert werden, die selber teilweise vom Antibiotika-Einsatz leben. Und
damit nichts schief gehen kann, werden die Kontrollen angek�ndigt.
Die Schweizer Bauern werden durch die tiefen Preise und den hohen Leistungsdruck leicht
zum Griff in die Apotheke verleitet. Die Fleischproduktion hat sich zu einer Industrie
entwickelt. Aber so wie die Unternehmer gezwungen werden mussten, ihre stinkenden Kamine
zu sanieren und die Produktionsprozesse umweltschonender zu gestalten, m�ssen auch die
Fleischproduzenten zu �kologischem Verhalten gezwungen werden, wenn sie es nicht von sich
aus tun. Die Konsumenten haben Anspruch auf sauber produziertes Fleisch, sie werden den
entsprechenden Preis auch bezahlen.
Die Gefahr, dass durch den massiven Einsatz die Krankheitserreger resistent werden gegen
Antibiotika und somit die Medikamente im Notfall nicht mehr wirken, wird kleingeredet.
Kritische Wissenschafter warnen schon lange vor den Folgen des unkontrollierten Einsatzes:
Die Zahl der resistenten Keime in den Tieren, in der Umwelt - �ber die G�lle und das
Abwasser k�nnen sie auch in den Salat gelangen - und im menschlichen K�rper wird
schleichend erh�ht und immer weiter verbreitet. Die Verniedlichung des Problems mit dem
Argument, die Grenzwerte w�rden nur selten erreicht, muss aufh�ren. Das Gesetz muss
zumindest durchgesetzt, wenn n�tig versch�rft werden.
Wir m�ssen handeln, bevor Menschen wegen Antibiotika-resistenter Keime sterben.
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