19. Mai 2004
Bundesrat Couchepin zum Schächtverbot
Im
folgenden geben wir den Ausschnitt aus einem in der Zeitschrift Tachles
vom 19. Mai 2004 veröffentlichten Interview mit Bundesrat Couchepin, in
dem es um das Schächten geht, wieder. Anzumerken ist - was im Interview
nicht gesagt wird -, dass in der Schweiz nur das betäubungslose
Schächten, dh das rituelle Schlachten bei vollem Bewusstsein verboten
ist und niemand mehr verlangt als nur das. Die moslemischen Metzgereien
akzeptieren die schweizerische Betäubungsvorschrift für Säugetiere und
betäuben die Tiere vor dem Schächten elektrisch. Mehr verlangt auch von
den Schächt-Juden niemand. Im Gegensatz zu einer verbreiteten irrigen
Meinung existiert in der Schweiz nicht eigentlich ein Schächtverbot,
sondern nur eine Betäubungspflicht beim Schlachten. Schächten mit
vorgängiger Betäubung ist erlaubt und wird auch vom VgT nicht bekämpft.
Erwin Kessler, Präsident VgT
tachles: Herr
Bundesrat Couchepin, der Schweizerische Israelitische Gemeindebund wurde
vor 100 Jahren wegen des Schächtverbotes gegründet ...
Bundesrat Pascal Couchepin: Ja, zehn Jahre nach Einführung des
Schächtverbotes fand die Gründung statt.
tachles: ...und
heute, 100 Jahre später, existiert es immer noch. Sie wollten es als
Wirtschaftsminister, im Rahmen der Revision des Landwirtschaftsgesetzes,
abschaffen.
Pascal Couchepin: Ich habe versucht, nach der Abschaffung des
diskriminierenden Artikels gegen die Jesuiten (dank einer
Volksabstimmung, Anm. d. Red.) auch die Diskriminierung gegenüber den
Juden zu beenden. Ich war erstaunt über die Heftigkeit der Reaktionen.
Ich bin nicht überzeugt, dass sie nur gegen die Juden gerichtet waren.
Es waren vor allem Bedenken bei den Schweizer Tierschutzorganisationen;
wahrscheinlich gab es dabei auch ein wenig Antisemitismus. Vermutlich
war es eine Mischung von beidem. Bevor ich die Lockerung des
Schächtverbotes vorschlug, hatte ich mit dem Präsidenten des SIG
gesprochen und ihn gefragt, ob er dies wolle. Er antwortete mit einem
Ja, der SIG nehme die Konsequenzen in Kauf. Aber dann, nach den heftigen
Reaktionen, trafen wir uns erneut, und ich stellte ihm die Frage, ob wir
das wirklich wollen. Ich persönlich kann es durchziehen, ich bin nicht
in Gefahr. Aber Sie? Und er antwortete – meiner Meinung nach
richtigerweise –: Nein, der SIG will diesen Kampf nicht, aber wir
verlangen eine definitive Lösung für den Import von Koscherfleisch.
Jetzt ist wenigstens dieses Anliegen im Gesetz verankert. Es ist nicht
die beste, aber eine sichere Lösung.
tachles:
Vielleicht ging es bei den Protesten auch ein wenig gegen die Muslime,
die von der Lockerung des Schächtverbotes ebenfalls profitiert hätten.
Pascal Couchepin: Viele Leute wissen doch gar nicht, dass die
Muslime die gleichen Methoden für die Tötung von Tieren anwenden wie die
Juden, oder sie denken, es hätte für sie nicht denselben Stellenwert.
...
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