27. November 2004

Rassendiskriminierung:
Freispruch von Jürg Scherrer im Vergleich zur Verurteilung von Erwin Kessler

Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 6S.64/2004 vom 6. Oktober 2004 den Bieler Polizeidirektor Jürg Scherrer mit den folgenden Begründungen freigesprochen, welche genau auch auf den Fall Erwin Kessler zutreffen, aber mit gegenteiligem Schuldspruch:

BGer:
"Es wird also nicht gesagt und auch nicht angedeutet, alle Kosovo-Albaner seien gewaltbereit und kriminell."

Ebenso hat Erwin Kessler, nicht alle Juden kritisiert, sondern klar und deutlich nur die Schächtjuden.

BGer:
"Bei der Auslegung von Art. 261bis StGB ist der Freiheit der Meinungsäusserung (Art. 16 BV; Art. 10 EMRK; Art. 19 UNO-Pakt II) Rechnung zu tragen (vgl. Alexandre Guyaz, L'incrimination de la discrimination raciale, Diss. Bern 1996, S. 184 ff.; Franz Riklin, Die neue Strafbestimmung der Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB), Medialex 1995 S. 36 ff., 43 f.; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch - Kurzkommentar, 2. Auflage, Zürich 1997, N. 8 zu Art. 261bis). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Äusserungen zu politischen Fragen und Problemen des öffentlichen Lebens ein besonderer Stellenwert zukommt. In einer Demokratie ist es von zentraler Bedeutung, dass auch Standpunkte vertreten werden können, die einer Mehrheit missfallen und für viele schockierend wirken (vgl. etwa BGE 127 I 164 E. 3d S. 173; 101 Ia 252 E. 3c S. 258; Urteil des EGMR i.S. Thorgeirson c. Island vom 25. Juni 1992, Serie A, Band 239, Ziff. 63; Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 201 f.). Kritik muss dabei in einer gewissen Breite und bisweilen auch in überspitzter Form zulässig sein. Denn in öffentlichen Debatten ist es oft nicht von Anfang an möglich, eindeutig zwischen unwahrer, halbwahrer und begründeter Kritik zu unterscheiden. Werden durch eine extensive Auslegung der Normen des Strafrechts zu hohe Anforderungen an kritische Äusserungen gestellt, besteht die Gefahr, dass auch begründete Kritik nicht mehr vorgebracht wird (Müller, a.a.O., S. 209 f. mit dem Hinweis auf den "chilling effect" [Abschreckungswirkung] einer zu strengen Beurteilung geäusserter Meinungen). Diese vor allem für ehrverletzende Äusserungen entwickelten Leitlinien sind grundsätzlich auch bei der Auslegung des Straftatbestands der Rassendiskriminierung zu beachten. Der Meinungsäusserungsfreiheit darf zwar keine so weitreichende Bedeutung gegeben werden, dass das Anliegen der Bekämpfung der Rassendiskriminierung seiner Substanz beraubt würde (vgl. Urteil des EGMR i.S. Jersild c. Dänemark vom 23. September 1994, Serie A, Band 298, Ziff. 27). Umgekehrt muss es in einer Demokratie aber möglich sein, auch am Verhalten einzelner Bevölkerungsgruppen Kritik zu üben. Eine Herabsetzung oder Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB ist daher in der politischen Auseinandersetzung nicht leichthin zu bejahen. Jedenfalls erfüllt den Tatbestand nicht bereits, wer über eine von dieser Norm geschützte Gruppe etwas Unvorteilhaftes äussert, solange die Kritik insgesamt sachlich bleibt und sich auf objektive Gründe stützt (BGE 124 IV 121 E. 2b S. 124 f.; Urteil 6S.148/2003 vom 16. September 2003, E. 2.2; vgl. auch Andreas Donatsch/Wolfgang Wohlers, Strafrecht IV, 3. Auflage, Zürich 2004, S. 216). Äusserungen im Rahmen der politischen Auseinandersetzung sind dabei nicht zu engherzig auszulegen, sondern immer in ihrem Gesamtzusammenhang zu würdigen (vgl. das zitierte Urteil des EGMR i.S. Jersild, Ziff. 31).... Die in der Mitteilung des Beschwerdeführers zunächst enthaltene Behauptung, unter anderem Einwanderer aus dem Kosovo seien in der Schweiz überdurchschnittlich oft gewaltbereit und kriminell, rückt die damit angesprochene Bevölkerungsgruppe zwar in ein ungünstiges Licht. Sie wird indessen durch diese Aussage allein nicht generell als minderwertig dargestellt, zumal der Zusatz "unter anderem" andeutet, dass auch andere Ethnien in der Schweiz in erhöhtem Mass gewaltbereit und kriminell seien. Die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung lässt sich überdies auf objektive Grundlagen stützen, so etwa auf die regelmässigen Berichte über die innere Sicherheit des Bundesamts für Polizei, wo auch in der neuesten Ausgabe vom Mai 2004 davon die Rede ist, dass die Schweiz von den Aktivitäten krimineller ethnischer Albaner stark betroffen sei und diese namentlich den Heroinhandel beherrschten."

Das gilt alles auch für Erwin Kessler:

Er die Juden nicht generell als minderwertig hingestellt, sondern seine Kritik ausdrücklich auf die Schächtjuden beschränkt und ebenso andere Ethnien (Moslems) kritisiert.

Die inkriminierten Äusserungen wurden im Rahmen einer das ganze Land bewegenden politischen Auseinandersetzung über das Schächtverbot veröffentlicht.

Die Kritik an den Schächtjuden beruht einzig und allein auf der mit dem Schächten verbundenen grauenhaften Tierquälerei, also auf objektiven, sachlichen Gründen.

Der vom Gericht unterschlagene Gesamtzusammenhang, dem die inkriminierten Sätze entnommen sind, zeigt unmissverständlich, dass die Kritik einzig und allein im Interesse des Tierschutzes vorgebracht wurde, keine rassistische Zielsetzung hat und dass die teilweise überspitzten Formulierungen den Zweck verfolgen, den Kern der Sache prägnant herauszuschälen und auf den Punkt zu bringen, so dass das Anliegen in der Informationsflut auch von Schnelllesern wahrgenommen wird. Dass eine solche provokative, überspitzte Formulierung notwendig ist, wird dadurch belegt, dass es nur gerade diese Äusserungen sind, welche den Weg in die Breite Öffentlichkeit geschafft haben, während die sachlichen Erörterungen, in welche die inkriminierten Sätze eingebettet sind, kaum zur Kenntnis genommen wurden, nicht einmal von den urteilenden Gerichten! Diese Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft, insbesondere wenn es um Unangenehmes geht, hat nicht Erwin Kessler zu verantworten. Er ist vielmehr gezwungen, dieser Tatsache in seinem legitimen Kampf zum Schutz der Tiere Rechnung zu Tragen, um Wirkung und Erfolg zu haben, den man ihm sicher nicht absprechen kann. Seinem unerschrockenen Einsatz gegen das Schächten ist es letztlich zu verdanken, dass der Bundesrat sein unmenschliches Ansinnen, auch das betäubungslose Schächten von Säugetieren zu erlauben (das Schächten von Geflügel ist bereits erlaubt worden), fallen lassen musste.

Wiedereinmal zeigt sich der Missbrauch der Rassismusstrafnorm deutlich: Es kommt nicht darauf an, WAS gesagt wird, sondern WER es sagt und wen es trifft. Im Gegensatz zu Kosov-Albaner verfügen Juden über urteilsentscheidene Medien- und Wirtschaftsmacht.


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