30. Juli / 6. Oktober 2006

Internationale Tiertransporte bald durch die Schweiz

In diesen Tagen ging eine Meldung durch die Medien, die nur zufällig an die Öffentlichkeit gelangte: Das Bundesamt für Veterinärwesen plant, die zum Himmel schreienden internationalen Tiertransporte - vor allem aus dem Osten der EU nach Italien, in den Nahen Osten und Nordafrika - künftig durch die Schweiz hindurch zu erlauben.

Das notorisch tierschutzfeindliche Bundesamt für Veterinärwesen versuchte diesen Schildbürgerstreich dadurch unbemerkt in die Revision der Verordnung über die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von Tieren (EDAV) hineinzuschmuggeln, dass das bisherige Verbot stillschweigend gestrichen und in den Erläuterungen nicht erwähnt wird. Das Bundesamt behauptet jetzt, es habe nichts verstecken wollen, "alle interessierten Kreise" hätten den Vernehmlassungsentwurf erhalten. Das ist schlicht gelogen: Der VgT - eine der grössten und massgeblichsten Tierschutzorganisationen im Bereich der Nutztiere - hat diese Vernehmlassung nicht erhalten und erst jetzt zufällig davon erfahren.

Im Jahr 2000 zerstreute Bundesrat Couchepin Befürchtungen der Tierschutzorganisationen, das bestehende Verbot für Transittransporte von Schlachtvieh durch die Schweiz auf der Strasse würde mit den bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz hinfällig,  mit dem Versprechen:  "Auch im Zuge der Revision der EDAV soll dieses Verbot beibehalten werden."

Am 14. August 2006 brachte die Nachrichten-Sendung 10vor10 des Schweizer Fernsehen einen Bericht über dieses Vorhaben des Bundesamtes für Veterinärwesen. Der Präsident des STS, Heinz Lienhard, sagte kurz und treffend: "Wir sind entrüstet, dass der Bund zu diesen schrecklichen internationalen Tiertransporten Hand bieten will."

Der für internationale Transporte zuständige Beamte des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVet) versuchte die Öffentlichkeit mit der Behauptung zu beschwichtigen, für internationale Tiertransporte durch die Schweiz gelte das Schweizer Tierschutzgesetz. Damit wird suggeriert, solche Tiertransporte wären tiergerecht und die Opposition der Tierschutzorganisationen sei unbegründet - ein verlogenes Täuschungsmanöver:

Ausser der Begrenzung der Transportzeit auf 6 Stunden enthalten die Schweizer Tierschutzvorschriften nicht viel, das bei Transittransporten von Bedeutung wäre. Die Schweizer Tierschutzvorschriften gelten nur auf Schweizer Boden. Innerhalb von 6 Stunden fahren Tiertransporter von Basel nach Chiasso! Dort gehen die Todestransporte dann weiter nach Italien und in den nahen Osten und nach Nordafrika. Wie furchtbar es dabei zu und her geht, je länger der Transport dauert, und dass sich trotz heuchlerischen Versprechen von EU-Politikern nichts  Entscheidendes gebessert hat, zeigen seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder neue Berichte (www.vgt.ch/doc/tiertransporte).

Da laut der vom BVet geplanten Gesetzesänderung auch die grenztierärztlichen Kontrollen wegfallen sollen, würden sich schweizerische Tierschutzvorschriften kaum auf Transittransporte auswirken. Es würde einfach das Schweizer Autobahnnetz für diese Verbrechen zur Verfügung gestellt, nicht mehr und nicht weniger.

Die Behauptung des BVet, die Schweizer Tierschutzvorschriften würden für tiergerechte Transporte sorgen, stellt eine arglistige Täuschung der Öffentlichkeit dar. Der VgT hat deshalb der neuen, für Tierschutz zuständigen Bundesrätin Doris Leuthard eine Disziplinarbeschwerde gegen die verantwortlichen Beamten des BVet eingereicht - auch weil das BVet versuchte, diesen Schildbürgerstreich im Vernehmlassungsverfahren  geheim zu halten. Immer wieder fühlen sich diese von Steuergeldern besoldete Bundesbeamten nicht den öffentlichen Interessen, sondern der kleinen, aber mächtigen Aggro-Lobby verpflichtet.

Im übrigen war diese 10vor10-Sendung eine einseitig-tendenziöse Werbesendung für die Schweizer Fleischbranche. Es wurde ein mustergültiger Vorzeige-Tiertransport gezeigt, der nur 20 Minuten dauert - völlig untypisch für die Tiertransporte, die jede Nacht mit illegalen Ausnahmebewilligungen vom Nachtfahrverbot auf den leeren Strassen quer durch die ganze Schweiz donnern, rücksichtslos um Kurven. Und immer wieder erhalten wir Meldungen, wie die Tiere brutal verladen werden, Ferkel an den Ohren gerissen und herumgeworfen werden. Und der tierquälerische Elektrotreiber, der laut 10vor10-Bericht angeblich nicht mehr eingesetzt wird, bleibt in der neuen Tierschutzverordnung weiter erlaubt, damit auch Chauffeure und Mäster die Tiere verladen können, die nicht fähig sind, anständig mit Tieren umzugehen.

Die Beschwerde an Bundesrätin Leuthard:

 

 

 

Antwort von Bundesrätin Doris Leuthard:

Doris Leuthard liess obige Eingabe am 4. Oktober 2006 durch ihr Generalsekretariat bürokratisch abwimmeln. Ihre Beamten des Bundesamtes für Veterinärwesen, das nicht nur beim VgT Befremden ausgelöst hat, haben nach Leuthard alles korrekt gemacht. Zur vorgesehenen Aufhebung des Verbotes von Transit-Tiertransporten durch die Schweiz, meint sie lediglich, es sei "denkbar", dass dieses Verbot später wieder eingeführt werde.

Gehört es zu den hochgepriesenen Werten der CVP, Hand zu bieten zu einem Massenverbrechen, wobei es lediglich "denkbar" ist, dass wieder davon abgelassen wird, wenn der politische Druck zu stark wird?

Wir hätten von Doris Leuthard mehr erwartet. Aber eben, wie heisst es doch so treffend: Macht macht korrupt.

 

 


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