17. August 2006

Diskriminierende "Tierliebe" in der Greifvogelstation Frauenfeld

Gertrud Thurnheerer betreibt an der Mühletobelstrasse 49 a  in Frauenfeld eine Auffangstation für verunfallte Greifvögel, finanziell unterstützt vom Tierschutzverein Frauenfeld (TSV). Soweit so gut.

Nicht gut ist, wie die Mäuse und Ratten gehalten werden, welche als Lebendfutter für die Vögel verwendet werden. Diese werden als blosses Futter betrachtet, nicht auch als sensible Lebewesen respektiert. In kleinen Behältern wie in Tierversuchslabors werden diese liebenswerten kleinen Tierchen gehalten. Dazu noch ein einzelnes, einsames Kaninchen in grausamer Einzelhaft:

Dieser Futtertier-Kerker entspricht vielleicht den Mindestvorschriften der Tierschutzverordnung, ist aber jedenfalls tierquälerisch und tierverachtend. "Tierfreunde", die so was tun, sind nicht wirklich Tierfreunde, sondern Tiernarren, vernarrt in eine ganz bestimmte Spezies. Mäuse und Ratten sind nicht "unwerter" als Greifvögel, nicht unwertes Leben. Wenn sie schon zum blossen Zweck der Verfütterung gezüchtet werden, wäre eine artgerechte, tierfreundliche Haltung während der Aufzucht das Mindeste.

Heute weiss man, dass Mäuse und Ratten sensible, intelligente und hoch entwickelte Tiere sind. Das Image Ekeltier, das die Pest bringt, ist längst überholt. Dass so was im Einflussbereich des TSV anzutreffen ist, ist beschämend.

Beim TSV ist man sich des Problems seit Jahren bewusst, ohne es aber gelöst zu haben. Es gäbe sehr wohl Alternativen zu Gertrud Thurnheer, es gibt verschiedene Vogelstationen. Und vor allem ist es gar nicht nötig, lebende Tiere zu verfüttern. Der Tierschutzverein Kreuzlingen macht das in seiner Vogelstation in Altnau grundsätzlich nicht. Dort werden tote Küken verfüttert. (Bekanntlich werden bei der Aufzucht von Legehennen alle männlichen Küken getötet, weil Hähne keine Eier legen - ein Massenmord der besonderen Art, aber ein anderes Thema.)

Heinz Lienhard, Präsident STS und TSV Kreuzlingen, ist mit mir einig: Sollten in Ausnahmefällen (Jungvögel) lebende Futtertiere nötig sein, müssten diese jedenfalls artgerecht gehalten werden. Und wenn dies nicht möglich ist, müssten - als ultima ratio -  aufgelesene Greifvögel eingeschläfert werden, wenn sie nicht in einer anständigen Auffangstation platziert werden können.

Diskriminierende "Tierliebe" ist ein häufig anzutreffendes Phänomen, auch bei vielen Hunde- und Katzenfreunden, die sich nicht dafür interessieren, wie die Nutztiere gelitten haben, deren Fleisch sie verfüttern. Hunde können sehr gut vegetarisch ernährt werden und danken es mit besserer Gesundheit und angenehmerem Geruch. Mit speziellen Vitaminpräparaten ist das auch bei Katzen möglich, allerdings sind Katzen sehr unterschiedlich: während einige vegetarische Futter gerne fressen, verweigern es andere. Mehr dazu: www.vgt.ch/vn/9904/veg-hund-katz.htm

Es ist zu hoffen, dass in Frauenfeld nun rasch etwas geht. Bedauerlich, dass es immer zuerst eine Intervention des VgT braucht, bis endlich gehandelt, nicht nur geredet wird.

Erwin Kessler, Präsident VgT

*

Eine Gedicht aus dem Buch "Die Kluge Ratte" von Gisela Bulla:

 

Die Ratte

Lag eine Ratte, an den Tod verletzt,
lag hinter der Scheune allein,
ihr Fell war blutig und zerfetzt.
Kam das Kind, nahm die Ratte wie ein Kind,
nahm wie eine Mutter sie in die Arme lind -
eia popeia schlaf ein!

Das Mädchen wiegt die Ratte sacht,
hüllt in die Schürze sie ein.
In seinen Augen ein Lächeln erwacht,
und aus dem Lächeln klint es leis,
ein silbernes Stimmchen singt ganz leis:
eia popeia schlaf ein!

 


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