23. Juli 2008
Freilichtmuseum Ballenberg: von Dr Erwin Kessler, Präsident VgT Am 23. Juli 2008 besichtigte ich die auf verschiedene Standorte verteilte Kaninchenhaltung. Ergebnis: zu wenig schlecht für einen Skandal - zu wenig gut, um zufrieden zu sein. Schlimm ist aber der Umstand, dass die Verantwortlichen den vielen Familien, welche das Freilichtmuseum besuchen, suggerieren, Käfighaltung sei tiergerecht. Diese Falschinformation wird durch die an den Kastenställen angebrachten Informationsschilder verstärkt, wonach diese Haltungsform von der Kaninchenzüchtervereinigung "Kleintiere Schweiz" (vormals Schweizerische Gesellschaft für Kleintiere SGK) als tiergerecht zertifiziert sei. In Tat und Wahrheit ist diese Zertifizierung nichts wert (siehe www.vgt.ch/news2006/060901-eymatt.htm#Bund).Die meisten Kaninchen auf dem Ballenberg verbringen ihr Leben in einem Kastenstall. In einem Grünauslauf herumhoppeln, im Erdboden graben und an der Sonne liegen ist ihnen lebenslänglich vergönnt. Auf dem ganzen Ballenberg gibt es keinen Grünauslauf für Kaninchen. Alte verschiebliche Kleingehege mit Rädern sind nur als unbenutzte Museumsobjekte ausgestellt.:
Standort A: Zibbenstall
In diesem Kastenstall wohnt eine Kaninchenmutter (Zibbe) mit ihren Jungen. Die beiden Stockwerke sind durch ein an der rechten Seite angebrachtes Treppenhaus miteinander verbunden:
Die Zibbe hat so die Möglichkeit, sich ausser Sicht- und Geruchsweite von ihren Jungen zurückzuziehen. Das ist notwendig, weil zum natürlichen, artgerechten Verhalten gehört, dass die Zibbe ihre Jungen nur einmal täglich für ca 5 Minuten zum Säugen aufsucht. Das ist eine für Kaninchen typische Verhaltensweise. Ist es der Zibbe in der Enge eines Käfigs nicht möglich, sich so zurückzuziehen, führt dies zu einer gravierenden Tierquälerei. Solche Zibben sind so schwer überfordert und gestresst, dass sie in ihrer Ausweglosigkeit gelegentlich die sie bedrängenden Jungen töten. Solche tierquälerischen Zustände sind weit verbreitet unter Rassezüchtern. Dieser zweistöckige Kastenstall auf dem Ballenberg ist für eine Zibbe während der Säugezeit akzeptabel. Ohne Auslauf kann dies aber nicht als wirklich tiergerecht bezeichnet werden. Die Zibbe kann nur den ganzen Tag gelangweilt herumliegen.
Standort B: Gruppenstall für entwöhnte Jungtiere
Die beiden Stockwerke sind durch eine Treppe miteinander verbunden. Die Tiere haben damit fünf Abteile zur Verfügung. Die Treppe gibt ihnen zusätzliche Bewegungsmöglichkeit und erhöht die Rückzugsdistanz. Die Kaninchen kommen aber nie ins Freie, können nie auf einer Wiese herumspringen und im Erdboden scharren. Ohne Grünauslauf ist auch diese Haltung. Trotz dem ansich guten Stall, nicht tierfreundlich.
Standort C: Gruppenstall mit seitlichem Treppenhaus
Analog Standort B. Kein Auslauf.
Standort D: Konventionelle Kasten-Käfighaltung
Die beiden Stockwerke sind nicht miteinander verbunden. Im oberen Stock wohnt eine Zibbe mit Jungen. Minimale Rückzugsmöglichkeit auf einem erhöhten Brett. Kein Auslauf. . Standort E: Gruppenhaltung
Analog Standort B und C.
Standort F: Auslauf
Auf dem Ballenberg der einzige Standort mit Auslauf. Die Kaninchen teilen einen vegetationslos-trostlosen Auslauf mit Zwergziegen. Vom grünen Gras jenseits des Zaunes können sie nur träumen. Unter den schweizerischen Tierschutzorganisationen besteht ein Konsens darüber, dass Käfighaltung von Kaninchen eine Tierquälerei ist, die dringend verboten werden sollte. Auch das Bundesamt für Veterinärwesen weist in seinen Richtlinien darauf hin, dass die - im Interesse der Tierversuchsindustrie - immer noch erlaubte Käfighaltung keine artgerechte Kaninchenhaltung darstellt und dass hiefür eine strukturierte Gruppenhaltung notwendig ist. Seit langem stellt der VgT Infos über tiergerechte Kaninchenhaltung zur Verfügung (www.vgt.ch/doc/kaninchen). Darauf hat der VgT die Leitung des Freilichtmuseums Ballenberg schon vor drei Jahren hingewiesen und die Antwort erhalten, man wolle an der Kastenkäfighaltung teilweise festhalten. |