Aus der Sonntags-Zeitung vom 13. Februar 2000

Rinderwahnsinn: Der Bund entwarnte stets zu fr�h

Ein schnelles Ende der BSE-Krise ist pures Wunschdenken

BERN - Wieder einmal hat das Bundesamt f�r Veterin�rwesen BVET letzte Woche einen �Medienrohstoff� zum Thema BSE verschickt. Sch�nf�rberisch prognostiziert das Amt erneut das Ende des Rinderwahns. Wie schon 1997 und 1999. Auch diesmal ist abzusehen: Die BVET-Prognose wird bald von der Realit�t �berholt werden.
Am 19. Dezember 1997 machte das Bundesamt - die Fleischlobby rieb sich im Hinblick aufs bevorstehende Festtagsgesch�ft die H�nde - folgende Aussage: �Weiter darf davon ausgegangen werden, dass in der Schweiz keine kranken Tiere geschlachtet und verarbeitet werden.� Herr und Frau Schweizer freuten sich: Kein BSE-Fleisch auf dem Tisch; also kr�ftig zulangen.
Ein halbes Jahr zog ins Land, da trat ein, was verschiedene Wissenschafter schon lange bef�rchtet hatten: Es kommt Fleisch von BSE-Tieren in den Handel. Im August 1998 wurde der Kuh Winnie aus Affoltern am Albis in einem Schlachthof Hirngewebe entnommen. Die Laboranalyse ergab: Winnie war mit Rinderwahn infiziert. Das Fleisch der Kuh - es war bereits in verkaufsgerechte St�cke geschnitten - wurde aus dem Verkehr gezogen. Das BVET argumentiert r�ckblickend spitzfindig, man habe nicht behauptet, es k�men keine BSE-infizierten Tiere in den Konsum. Man habe nur von kranken Tieren gesprochen.

In Modellen und Prognosen f�r 1999 wurde BSE deutlich untersch�tzt

Trotzdem gab das BVET etwas mehr als ein Jahr sp�ter, am 25. Februar 1999, erneut Entwarnung: �Auf Grund der verf�gbaren Daten und Modellrechnungen l�sst sich sch�tzen, dass zurzeit noch etwa 50 bis 100 infizierte Tiere am Leben sind. In den n�chsten drei Jahren d�rften davon etwa 15, zehn und f�nf als klinische F�lle auftreten.�
Entweder taugten die Modellrechnungen des BVET nichts, oder die Veterin�rexperten sind schlecht im Sch�tzen. Fakt ist: Im Jahr 1999 wurden 50 BSE-Rinder entdeckt, davon 25 als klinische F�lle. Und: In Schlachth�usern fand das BVET unter 7138 Tieren drei mit Rinderwahn. Auf alle geschlachteten Tiere hochgerechnet heisst das: Das Fleisch von 100 BSE-Tieren landete letztes Jahr im Kochtopf.

Nun erh�hen die BVET-Experten die Frist massiv: BSE bis ins Jahr 2010


Obwohl sich die BSE-F�lle im Jahr 1999 bedenklich h�uften, k�ndigte das BVET am 16. September gleichen Jahres an, das Ende der Rinderkrankheit r�cke immer n�her. In einem vom BVET verbreiteten Bericht heisst es: �2003 d�rfte BSE in der Schweiz endg�ltig ausgerottet sein.� Anschaulich schildert Dagmar Heim, BSE-Spezialistin beim BVET, wie sich wahnsinnige Rinder angesteckt haben k�nnten; mit Mehl n�mlich, das f�r andere Tiere bestimmt war: �H�lt ein ausgebrochenes K�lbchen seine Nase in einen Sack mit Schweinefutter oder vertauschen spielende Kinder eine Handvoll Futter, k�nnte dies (f�r eine Ansteckung) bereits gen�gen.� Das BVET sagt r�ckblickend, Heims Prognose sei intern kritisiert worden, den Bericht habe der Landwirtschaftliche Informationsdienst verfasst. Wieder spitzfindig: Der Bericht wurde vom Bundesamt f�r Veterin�rwesen gegengelesen und darauf via Internet verbreitet.
Sp�testens Ende 1999 war klar, dass BSE bis 2003 l�ngst nicht ausgerottet ist. Inzwischen r�umt dies auch das BVET ein - ab 2003 rechnet man jetzt noch �vereinzelt� mit BSE-F�llen, die Frist bis zur Ausrottung wurde um satte sieben Jahre verl�ngert: �Experten des BVET rechnen damit, dass BSE noch in diesem Jahrzehnt eliminiert sein wird�, so die Version des BVET vom 10. Februar 2000. Die Prognose vom Februar 99 musste das BVET korrigieren: �Noch 150 K�he sind am Leben.� Davon w�rden in den kommenden Jahren 100 bis 110 als BSE-F�lle anerkannt. Pikant ist vor allem folgende Formulierung: �Von den restlichen 40 bis 50 Tieren d�rfte die Mehrzahl den Weg zum Schlachthof antreten, ohne �usserlich Symptome zu zeigen.� Ebenso gut k�nnte man sagen: �Das Fleisch dieser Tiere wird gr�sstenteils gegessen.�
Philippe Pfister


NEWS-VERZEICHNIS

HOMEPAGE

Mail an Verein gegen Tierfabriken Schweiz
Mail an Webmaster
URL: http://www.vgt.ch/news/000213.htm