3. Oktober 2000
Ketten-Kühe und Dunkel-Schweine
im Kanton Aargau
Seit 1981 ist die Auslauf-Vorschrift für Rindvieh in Kraft. Danach müssen Kühe, Rinder, Kälber und Munis, die an angebunden gehalten werden, zeitweilig Auslauf erhalten. Eine Alternative dazu sind Laufställe für Milchkühe und Mastvieh, sowie Laufboxen für Kälber und Munis. Zwanzig Jahre nach Inkrafttreten dieser Vorschrift gibt es im Kanton Aargau immer noch Kühe, die ihr ganzes Leben an der Kette verbringen: Aufstehen und Abliegen ist - lebenslänglich - die einzige Möglichkeit. Zwei Beispiele für diesen ungeheuren Vollzugsschlendrian:
Landwirt Stocker in Böttstein:
In diesem dunklen Stall vegetieren rund 6 Kühe und 10 Rinder seit 10 Jahren mit amtlicher Bewilligung dauernd an der Kette:
Spiel- und bewegungsfreudige Jungrinder, die nie einen Schritt machen können. Von der Geburt bis zum Tod an der Kette. Und solche Tierquälerei wird von den Schreibtischtätern der Aargauer Verwaltung gedeckt. Die VgT-Viezpräsidentin hat diesen Fall längere Zeit verfolgt. Hier ihr Bericht:
Seit Jahren fällt mir ein grosser Misthaufen auf, mitten im Dorf. Ich frage mich woher der Mist stammt, wo sind die Tiere, welche diesen Mist produzieren. Nie ist eine Kuh, ein Rind zu sehen im Freien.Ab und zu sieht man durch die leicht offene Stalltüre, dass Tiere im Dunkeln stehen. Am 24.8.2000 wieder einmal ist die Stalltüre offen. Es ist heller Sonnenschein, ein wunderbarer Herbsttag. Ich empfinde starkes Mitleid mit den Tieren die im Stall stehen und entscheide mich, näher nachzufragen. Im Tenn liegen Berge von geschnittenem Gras. Im Stall sehe ich Kühe. Im anderen Stall stehen Mastrinder. Alle Tiere sind angekettet, sind kaum zu
sehen in der Dunkelheit. Stroh liegt nur spärlich bei den Kühen. Die Masttiere haben überhaupt kein Stroh. Ich rufe in den Stall und frage ob jemand zu sprechen sei. Frau Stocker kommt ins Freie und ich kann mit ihr sprechen. Frau Stocker ist eine Frau, die das Pensionsalter überschritten hat, ebenfalls ihr Gatte Robert Stocker.
Beide Elternteile helfen mit bei der Tierhaltung, die Verantwortung heute trägt Sohn Valentin. Es ist ein Gespräch wie es üblich ist. Mutter Stocker jammert herum, wie schwer das Leben als Bauer sei. Sie klagt wie schwer es den Bauern gemacht wird mit all den Auflagen und Abgaben und Vorschriften. Ich frage nach und erfahre: Die Tiere, Rinder, Kühe und Kälber kommen NIE ins Freie.
Wie zu erfahren ist, will Familie Stocker, Vater Robert Stocker, Sohn Valentin Stocker, die Nutztierhaltung NICHT aufgeben. Man hat die Idee, den Stall als Freilaufstall umzubauen. Frau Stocker erzählt, dass dies ganz einfach geschehen kann. Man befreit die Tiere von der Kette und gibt etwas mehr Stroh. Ich gebe meiner Verwunderung Ausdruck und bemängle die Dunkelheit des Stalles die ja immer noch bleibt. Frau Stocker sagt: Das hat
noch niemand kritisiert und die Kühe sind sich gewohnt. Sie würden wohl erschrecken, wenn es plötzlich hell wäre. Es fällt ihr gar nicht auf, welch schlimme Aussage sie da macht.
Bei der Rindermast frage ich, warum dort kein Stroh liegt. Die Tiere sind in Reih und Glied angekettet und stehen auf einemschwarzen Hartgummibelag und es ist kein Strohhalm zu sehen. Mutter Hilda Stocker erzählt: Ja ich habe auch schon gefragt und gewünscht, dass man den Tieren Stroh zum Liegen gibt. Das hat man früher so gemacht. Aber heute gibt das zu viel Arbeit. Man muss das dreckige Stroh ja wieder herausholen und da die Arbeit das Teuerste ist, muss man eben auf Rendite achten. Ich bemängle, dass dieser Gummibelag hart wie ein Lastwagenreifen ist und nicht zu vergleichen mit einem Strohbett und ich und die Tiere würden es vorziehen, auf weichem Stroh zu liegen. Noch lieber wären wir auf der Wiese! Frau Stocker sagt: Ja, das ist Gewohnheitssache. Rindvieh ist sehr geduldig und passt sich den Verhältnissen an. Ich sage: Es ist wohl eher so, dass es still vor sich hinleidet.
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Es ist schlimm, dass solche Einstellungen an den Tag gelegt werden und die Tierquäler sich in Selbstmitleid baden und keinerlei Gefühl für die Tiere aufbringen. Schlimme Einstellungen werden vom Vater auf den Sohn vererbt. Genau dafür müssen wir ein hartes Gesetz haben, eine Vollzugbehörde die sagt und zeigt wos langgeht. Das Weiden von Kühen ist von der Behörde (wie auch von uns) schwer zu kontrollieren. Aber gerade in einem Fall wie bei Stockers ist es ein Leichtes, den Vollzug durchzuführen. Die Tiere werden nicht geweidet (aus welchem Grund auch immer), also Verwarnung, Auflagen, Anzeige, Busse, Tierhalteverbot. Wenn ich im Strassenverkehr die Gurten nicht trage, gibt es keine Diskussion, keine Entschuldigung. Der Staat greift sofort und unmittelbar scharf durch. Gurten nicht getragen, Busse! Ich kann keine Ausrede bringen, die Gurten drücken mich oder ich habe sie doch gestern getragen und werde sie auch morgen tragen. Heute bin ich zu schnell gefahren, dafür fahre ich morgen etwas langsamer. Nein es gibt ein Gesetz; danach wird gemessen und bestraft und durchgegriffen. WARUM funktioniert das nicht beim Tierschutzgesetz! Es ist eben ein Tierhalterschutzgesetz.
Landwirt Josef Küng in Muri
(EK) Auch in diesem dunklen Loch, bei Landwirt Josef Küng, Türmelen 307, Muri, sind die Kühe dauernd im Stall angebunden. Hinter dem Stall hat es eine grosse Wiese, aber die Kühe werden nicht geweidet. Vor dem Stall hat es diesen winzigen, lächerlichen "Auslauf", der bei unserem Besuch im September keinerlei Spuren einer Benützung zeigte (September 2000):
Mit einem solchen fadenscheinigen Alibi-Auslauf sind die Aargauer Behörden offenbar schon zufrieden gestellt. Seit Jahren machen wird ständig solche Erfahrungen mit dem kantonalen Tierschutzbeauftragten, der offenbar Tierschutz mit Tiernutz verwechselt und nicht auftragsgemäss immer wieder die gewerbsmässigen Tierquäler, nicht die Tiere schützt.
Darum empfiehlt der VgT einmal mehr: Essen Sie vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe! Pflanzenmargarine statt Butter!
Landwirt Alois Loser in Lengnau/AG
Der linke Stalleingang führt durch eine geschlossene Türe in den stockdunkeln Schweinestall. Dunkelhaltung ist verboten. Die Aargauer Behörden schauen wie üblich weg.
Unten: Eine Blitzlichtaufnahme zeigt das dunkle Dreckloch, in dem diese sensiblen Tiere ihr Leben lang dahinvegetieren.
Die Missstände bei Landwirt Alois Loser in Lengnau/AG sind den
Behörden schon lange bekannt. Weil der kantonale Tierschutzbeauftragte nichts tat und die
Missstände sogar noch abstritt, führte der VgT am 7. April 1995 eine Pressekonferenz in
Aarau durch, mit anschliessender Tatortbesichtigung. VgT-Präsident Dr Erwin Kessler gab
den Medien folgendes bekannt:
Der aargauische Tierschutzbeauftragte Junker verhält sich uns gegenüber
unkooperativ. Auf unsere Anzeigen hin reagiert er regelmässig bürokratisch-nichtssagend
- ein typisches Verhalten, das wir nur in Kantonen antreffen, in denen der
Tierschutzvollzug im Argen liegt. Dazu gehört auch der Kanton Aargau. Der Fall, den wir
Ihnen zeigen werden, ist den Behörden bekannt, ohne dass etwas unternommen wurde. Der
aargauische Tierschutzbeauftragte verdreht das Tierschutzgesetz stets zugunsten der
Tierquäler und erklärt tierquälerische Missstände einfach als gesetzeskonform. Da
Tierschutzorganisationen kein Klagerecht gegen diesen amtlichen Schlendrian und gegen
Tierschutzmissstände haben, bleibt uns nur der Appell an die Öffentlichkeit und der
Aufruf zum Konsumboykott gegen tierische Lebensmittel (vegetarische Ernährung). Wir
zeigen Ihnen nun an Ort und Stelle ein Beispiel für den Tierschutz-Schlendrian im
Aargau."
Die Medienvertreter wurden dann zum Hof von Landwirt Alois Loser in Lengnau geführt, der
seit Jahren die angeketteten Kühe nicht mehr aus dem Stall liess, obwohl auch der
Aargauische Tierschutzverein früher schon eine Strafanzeige gemacht hatte. Fotografiert
wurde auch ein in einer kleinen Kälberkiste eingesperrtes Jungrind, das bereits Hörner
hatte. Seine Körperlänge war länger als die Kiste; es konnte nur normal stehen, wenn es
den Kopf aus der Kiste herausstreckte. Zum Abliegen musste es den Kopf abwinkeln und sich
durch Buckeln zusammenziehen. Artgemässes Liegen war unmöglich; das Tier konnte nur mit
abgedrehtem Kopf knien. Gegenüber der Presse erklärte Junker wahrheitswidrig, Losers
Kühe seien im Herbst im Auslauf gewesen. Mit dieser Lüge deckte Junker nicht nur den
fehlbaren Tierhalter, sondern auch seine eigene Amtspflichtverletzung durch jahrelanges
untätiges Dulden der Missstände. Für die Zeugen aus der Nachbarschaft, welche die
anhaltende Verletzung der Auslaufvorschrift bestätigen konnten, interessierte er sich
nicht. Frei erfunden behauptete er einfach, die Kühe hätten Auslauf erhalten, während
die Wiese hinter Losers Hof offensichtlich keinerlei Spuren eines Weideganges aufwies.
Dabei war Loser schon damals kein unbeschriebenes Blatt, sondern ein den Behörden
bekannter notorischer Tierquäler. Gebüsst werden musste er einmal, weil er Ziegen in
Kisten gehalten hatte. Die Kisten deckte er mit Brettern ab, damit sie nicht
herausspringen konnten. Als die Tiere die Bretter wegstiessen, stellte er einfach noch ein
Fass darauf.
Dank der Hartnäckigkeit des VgT kommen Losers Kühe nun wenigstens hin und wider für kurze Zeit von der Kette weg und aus dem dunklen Stall. Mehr kann leider nicht erreicht werden, weil der Bundesrat in der Tierschutzverordnung das vom Volk mit überwältigendem Mehr gutgeheissene Tierschutzgesetz total verwässert hat und die Behörden im Kanton Aargau keinerlei Anstrengungen unternehmen, wenigstens diese Minimalvorschriften konsequent durchzusetzen. Wir müssen stets für jede noch so kleine Verbesserung kämpfen und Beweise veröffentlichen. Das tun wir hier einmal mehr: Loser betreibt eine verbotene Dunkelhaltung von Schweinen! Im stockdunkeln Stall kann man die Tiere nur hören. Die nebenstehende Blitzlichtaufnahme zeigt die bedauernswerten Geschöpfe in ihrem dunklen Dreckloch. Auch die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigung fehlt. Ein mittelalterliches Verlies, von den Behörden des Kulturkantons Aargau nachlässig geduldet wie üblich. Es sind ja nur Tiere!
Mail an den Verein gegen Tierfabriken Schweiz
Mail an den Webmaster
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