9. Juni 1998

Maulkorbprozess Kloster Fahr gegen VgT:
Staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht gegen totales Kritikverbot

 

An das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14

Sehr geehrter Herr Pr�sident,
hiermit erhebe ich im sogenannten
"Maulkorbprozess" Kloster Fahr gegen Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT)
namens der Beklagten
staatsrechtliche Beschwerde
wegen
Rechtsverweigerung bzw Rechtsverz�gerung
mit dem


Antrag:
Die vorsorgliche Massnahme des Bezirksgerichtes Baden im summarischen Verfahren SU 97.51905 vom 13. November 1997 sei aufzuheben,
eventuell sei das Obergericht anzuweisen, den Fall unverz�glich zu beurteilen, unter Kosten- und Entsch�digungsfolge zulasten der Kl�gerin, allenfalls der Staatskasse.

Begr�ndung:

Mit Urteil vom 13. November 1997 erliess das Gerichtspr�sidium 3 des Bezirksgerichtes Baden unter Strafandrohung f�r den Fall der Nichtbefolgung die folgende vorsorgliche Massnahme:

"Den Beklagten wird bis zur Rechtskraft des Urteils im Hauptprozess verboten, im Zusammenhang mit ihren Kampagnen, Initiativen und sonstigen �ffentlichen Aktivit�ten um die Tierhaltung den Namen des Klosters Fahr und/oder des Klosters Maria Einsiedeln ganz oder verk�rzt zu verwenden, Hinweise auf diese beiden Institutionen zu machen oder Aktionen zu unternehmen, die unbefangenen Dritten mittelbar oder unmittelbar mit diesen beiden Institutionen in Verbindung bringen k�nnten."

Die Kosten dieses Summarverfahren wurden den Beklagten auferlegt, samt einer Parteientsch�digung an die Kl�gerin.

Am 19. Januar 1997 erhoben die Beklagten Beschwerde an das Obergericht (Prozessnummer SU.98.00074) mit dem Antrag, die vorsorgliche Massnahme sei aufzuheben, unter anderem aus folgenden Gr�nden:

1. Die vorsorgliche Massnahme ist zufolge Nichtprosequierung gegenstandslos.

2. Die definitive Kostenregelung im Summarverfahren ist rechtswidrig. Gem�ss �121 ZPO sind Prozesskosten im Endentscheid zu regeln.

3. Das Verbot bez�glich des Klosters Einsiedeln ist rechtswidrig, da das Kloster Fahr nicht aktivlegitimiert ist, Recht Dritter geltend zu machen.

4. Verletzung der Meinungs�usserungsfreiheit durch das pauschale, totale Kritikverbot an der Tierhaltung der Kl�ster Fahr und Einsiedeln, unbesehen ob diese Kritik wahr und berechtigt ist.

5. Diskriminierende Verletzung der Pressefreiheit, da vom Verbot auch das vom VgT herausgegebene Journal (Auflage 150 000) betroffen ist, w�hrend alle anderen Medien frei �ber die kl�sterliche Tierhaltung berichten d�rfen. Das Verbot umfasst in seiner Pauschalit�t sogar die wahrheitsgem�sse Berichterstattung �ber die �ffentlichen Gerichtsverhandlungen in den parallelen anderen Gerichtsverfahren zwischen dem Kloster Fahr und dem VgT, was Artikel 27 StGB verletzt.

Am 2. Juni 1998 beschwerten sich die Beklagten beim Obergericht �ber die Verschleppung der Beschwerde, unter anderem mit folgender Begr�ndung:

"... Mit der Beschwerdeantwort vom 2. Februar 1998 wurde der Schriftenwechsel abgeschlossen. Seither warte ich vergeblich auf den Beschwerdeentscheid und protestiere hiermit gegen die Verschleppung, umsomehr als es darum geht, ein v�llig menschenrechtswidriges totales �usserungsverbot im Zusammenhang mit den beiden Kl�stern Einsiedeln und Fahr, das in offensichtlich unverantwortlicher Weise erlassen und nun �berlang aufrecht gehalten wird, endlich aufzuheben... "

Mit Schreiben vom 4. Juni 1998 teilte das Obergericht den Beklagten mit, dass die Beschwerde zufolge �berlastung erst im September beurteilt werden k�nne.

Summarische Verfahren werden zur Beschleunigung des Verfahrens summarisch, ohne Beweiserhebungen, durchgef�hrt. Die Verschleppung durch das Obergericht verletzt das Beschleunigungsgebot, das f�r Summarverfahren ganz besonders wichtig ist, in menschenrechtswidriger Weise. Es kann den Beklagten nicht zugemutet werden, dass ein massiver, offensichtlich rechtswidriger Eingriff in die Meinungs�usserungs- und Pressefreiheit �ber lange Zeit bestehen bleibt, nur weil das Gericht angeblich �berlastet ist. Eine derart �berlastete kantonale Justiz soll gef�lligst Zur�ckhaltung �ben beim Erlass Grundrechtseingriffen durch vorsorgliche Massnahmen.

Die Nichtbehandlung der Beschwerde innert angemessener Frist l�uft auf eine Rechtsverweigerung hinaus. Wir ersuchen deshalb das Bundesgericht, die angefochtene vorsorgliche Massnahme aufzuheben, und nur eventuell eine blosse Ermahnung des �berlasteten Obergerichtes, welche keine rasche Erledigung der Sache erwarten l�sst.

Mit freundlichen Gr�ssen
Erwin Kessler, Pr�sident VgT


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