1. Juli 1998

Denkanstoss:
Der Wurm an der Angel - �berholte mittelalterliche Grausamkeit
von Erwin Kessler

Der messerscharfe Stahlhaken bohrt sich durch den sich vor Schmerz windenden Regenwurm - im Verh�ltnis zur Gr�sse des Wurmes wie ein Schwert durch den Bauch. Aber kein t�dlicher Schwertstoss, sondern eine langsame Folter. Langsam wird der Wurm auf den Haken aufgezogen, m�glichst in L�ngsrichtung durch den K�rper, damit er nicht so leicht abfalle, wenn dann ein Fisch daran knabbert. Treten wir einen Schritt zur�ck von dieser grausigen Szene: Wer ist der Folterknecht? Nicht unbedingt ein grobschl�chtiger, traditionsverhafteter Fischer. Es kann auch eine Frauen- oder Kinderhand sein, welche den Stahl unerbittlich durch das Tier st�sst. Muss das sein? Muss das sein, heute, wo es eine faszinierende Auswahl an k�nstlichen K�dern gibt? Die modernen Kunststoffe haben die Herstellung von Kunstk�dern in den verschiedensten Formen erm�glicht, t�uschend echt nachgemachte Insekten und Gummifischchen, die bei der geringsten Bewegung schw�nzeln. Fr�her gab es nur nat�rliche K�der: Brot und W�rmer haupts�chlich. Ist das wirklich ein vern�nftiger Grund, das Freiangeln im Kanton Thurgau und das Jugendpatent im Kanton St Gallen heute noch an die Bedingung zu kn�pfen, dass nur mit Brot und W�rmern gefischt wird? Ich meine: lebende K�der m�ssten, wenn schon nicht verboten, doch zumindest Spezialf�llen und patentierten erfahrenen Fischern vorbehalten bleiben. Wir leben in einer modernen Zeit mit fast unbegrenzten technischen M�glichkeiten. Auch die Sportfischerei macht sich "High-Tech-Angelger�te" zu Nutzen. Sinnvoll w�re deshalb, Jugendlich in erster Linie mit diesen M�glichkeiten vertraut zu machen und nicht, ihnen diese zu verbieten! Die Fischereiverordnungen m�ssen in diesem Sinne ge�ndert werden.

Von den Sportfischern erwarte ich, dass zu diesem tiersch�tzerischen Anliegen eine sachliche Diskussion in Gang kommt. Es w�re bedauerlich, wenn sich die Fischerei-Verbandsorgane, wie beim Thema lebende K�derfische, wo ich bis heute kaum ernsthafte Argumente geh�rt habe, erneut auf Geh�ssigkeiten beschr�nken w�rden. Hoffentlich bringt der heutige Denkanstoss eine w�rdigere Diskussion in Gang, so wie das auch mit J�gern m�glich ist, die schon fr�her lernen mussten, mit �ffentlicher Kritik vern�nftig umzugehen.


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