26. Februar 1999
Gemäss einer Meldung im Tages-Anzeiger vom 11. Dezember 1997 drohte der Präsident des Zürcher Obergerichtes anlässlich der öffentlichen Gerichtsverhandlung im Rassismus-Prozess gegen Hans Ulrich Hertel: "Die Medien können nicht immer wieder über Straftatbestände berichten, ohne sich selber strafbar zum machen."
Gemäss Artikel 27 Ziffer 5 des Strafgesetzbuches ist die wahrheitsgetreue Berichterstattung über die öffentlichen Verhandlungen einer Behörde straflos. Die Europäische Menschenrechtskonvention verlangt die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (Öffentlichkeitsgebot). Es ist nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht der Medien, über öffentliche Gerichtsverhandlungen zu berichten; das ist ja der Sinn des Öffentlichkeits-Gebotes. Die Einschüchterung der Medien durch den Präsident des Zürcher Obergerichtes verletzte nicht nur klares Bundesrecht, sondern auch die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Absicht ist klar: es ist peinlich für die Gerichte, wenn über die mit unglaublicher Willkür geführten Rassismus-Prozesse öffentlich berichtet wird und die Öffentlichkeit erfährt, aufgrund welcher Äusserungen die angeblich schlimmen Rassisten ins Gefängnis müssen. Dies zeigte sich zB im Gerichtsverfahren gegen Jürgen Graf, dessen Willkür der Öffentlichkeit weitgehend vorenthalten wurde (Gerichtsprotokoll im Wortlaut im Internet unter http://www.vgt.ch/news/980909.htm ). Vor allem aber soll nicht zu sehr an die Öffentlichkeit kommen, dass Tierschützer Erwin Kessler für seine wahre und berechtigte Kritik am grausamen jüdischen Schächten (Schlachten von Tieren bei vollem Bewusstsein, ohne Betäubung) ins Gefängnis muss. Die Medien-Einschüchterung durch das Zürcher Obergericht erfolgte just, als die Berufungsverhandlung vor Obergericht in diesem Schächtprozess bevorstand!
Es braucht also gar nicht erst eine Berichterstattung über eine öffentliche Gerichtsverhandlung. Die Pressefreiheit ist gewahrt, wenn klargestellt wird, dass zitierte "politisch unkorrekte" Äusserungen lediglich "Behauptungen eines anderen" darstellen. Damit ist die Meinungs- und Pressefreiheit in der Schweiz wenigstens teilweise wieder zurückgewonnen - es sei denn, es komme bei der Strafbarkeitsbeurteilung eher darauf an, wer etwas sagt, nicht was er sagt. Leider gibt es Anzeichen, dass letzteres der Fall ist.
Dieser Entscheid der Zürcher Bezirksanwaltschaft macht jedenfalls die faktische Verletzung des Öffentlichkeitsgebotes im Schächtprozess nicht rückgängig - einer unter den vielen menschenrechtsverletzenden Verfahrensmängel, welche zur Zeit beim Zürcher Kassationsgericht beurteilt werden.