7. Dezember 1999

VgT durch Postzensur lahmgelegt!

86 Palette versandbereite VgT-Journale (Auflage: 1'035'000) lagern in St Gallen und warten darauf, eingestanzt zu werden. Die Post hat die Annahme zum Versand verweigert mit der Begründung, der Inhalt könne dem Image der Post schaden. Damit hat sich die Post praktisch dem Boykott der beiden privaten Verteilorganisationen gegen den VgT angeschlossen. (Der VgT habe das Modehaus Vögele, ein Direktwerbungs-Grosskunde, wegen dessen Pelzjacken kritisiert, war bisher die einzige Begründung, die wir für diesen Boykott gehört haben.)

Vom Boykott betroffen sind

- die Dezember-Ausgabe der VgT-Nachrichten (Auflage 500 000), im Internet unter www.vgt.ch/vn/0001/index.htm,

- eine Sonderausgabe der VgT-Nachrichten für das Säuliamt (Region Affoltern am Albis), mit einer Auflage von 35 000, im Internet unter www.vgt.ch/vn/0001A/index.htm, sowie

- das französische Journal ACUSA-News der Westschweizer VgT-Sektion ACUSA (Auflage 500 000), im Internet unter www.acusa.ch 

Der VgT wird gegen diese Zensur Menschenrechtsbeschwerde wegen Verletzung der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit führen, was aber jahrelang dauern wird. In dieser Zeit wird der VgT seine Tätigkeiten einstellen, da diese ohne Publikationsmöglichkeit sinnlos sind. Nachdem der Rechtsstaat beim (Nicht-)Vollzug des Tierschutzgesetzes völlig versagt hat, fährt er nun mit menschenrechtswidriger Willkür gegen eine Tierschutzorganisation auf, welche dieses Versagen bekannt macht.

 

In der Schweiz gibt es keine Zensur, aber sie funktioniert (Kurz Tucholsky)

 

Rechtliches zur Post-Zensur:

Die inhaltliche Zensur verletzt Artikel 2 Absatz 2 des Postgesetzes:

"Die Post gewährleistet den freien Zugang zu den Dienstleistungen des Universaldienstes".

Die Post stellt sich auf den Standpunkt, unadressierte Massensendungen unterstünden dem freien Wettbewerbsbereich, nicht dem Bereich der Universaldienste. Diese Ansicht widerspricht dem Postgesetz. Gemäss Abschnitt 2 des Postgesetzes gehören nicht nur die reservierten Monopol-Dienste, sondern auch nicht reservierte Dienste, welche die Post in Konkurrenz zu privaten Anbietern erbringt, zum Universalbereich.

Gemäss Artikel 3 umfasst der Universaldienst "die Annahme ... und die Zustellung von Sendungen in der Regel an allen Werktagen, mindestens aber an fünf Tagen pro Woche."

Die Auffassung der Post, der Universaldienst umfasse unadressierte Sendungen nicht, widerspricht damit ganz klar dem Wortlaut des Postgesetzes, welches Sendungen ganz allgemein dem Universaldienst zurechnet.

Die Europische Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert in Artikel 10 die Freiheit der Meinungsäusserung, was gemäss Praxis des Europischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Pressefreiheit einschliesst.

Die Meinungsäusserungs-, Informations- und Pressefreiheit sind auch durch Artikel 16 und 17 der neuen Bundesverfassung garantiert. In Artikel 17 heisst es:

1 Die Freiheit von Presse, Radio, .... ist gewährleistet.

2 Zensur ist verboten.

Die Schweiz ist Vertragsstaat der EMRK. Gemäss EMRK Artikel 1 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die Menschenrechtsgarantien zu sichern.

Die Post ist eine Anstalt des ö ffentlichen Rechtes. Zwar hat sie im Bereich unadressierter Massensendungen kein Staatsmonopol. Das heisst aber noch nicht, dass deswegen Zensur erlaubt ist. Dieser Eingriff in die Pressefreiheit übt die Post zudem diskriminierend im Sinne von EMRK Artikel 14 aus, indem sie andere Zeitungen keiner Vorzensur unterwirft.

Der VgT wird von den privaten Verteilorganisationen in der Schweiz  boykottiert. Indem sich die Post faktisch diesem Boykott anschliesst, wird dem VgT verunmöglicht, sein Journal zu verbreiten. Bei einem derartigen schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit mitzuwirken ist mit den Pflichten eines EMRK-Vertragsstaates nicht vereinbar.