10. Dezember 1999:

Heute grosser Bericht über die Post-Zensur der VgT-Nachrichten in den Thurgauer Zeitungen (Thurgauer Zeitung, Thurgauer Volksfreund, Thurgauer Volkszeitung, Thurgauer Tagblatt, Bodensee Tagblatt):

 

Erwin Kessler: «Meine Tierschutzarbeit ist am Ende»

Eine Million VgT-Nachrichten liegen zum Versand bereit – doch die Post verweigert deren Zustellung

Die schweizerische Post ist nicht mehr bereit, die Nachrichten des «Vereins gegen Tierfabriken» ohne Weiteres in alle Haushaltungen zu verteilen. Der VgT sei damit in seiner Existenz bedroht, sagt Präsident Erwin Kessler.

Für nächste Woche hatte Kessler eine Grossauflage seiner VgT-Nachrichten und des französischen Pendants, den Acusa-News, geplant: 1 Million Exemplare waren bereits bei der Hauptpost in St. Gallen abgeliefert worden, als die Post die Zustellung verweigerte. Schon die Normalauflage der VgT-Nachrichten beträgt 200'000; mit ihrer Weigerung entledigte sich die Post eines Grosskunden.

VgT faktisch lahmgelegt

Dafür, dass er fast ein Jahr lang vergebens recherchiert hatte und sein VgT nun faktisch lahmgelegt sei, wirkt Erwin Kessler erstaunlich gelassen: Mit diesem Entscheid der Post habe er schon länger gerechnet. Daher habe er auch seit geraumer Zeit nach Alternativen gesucht und festgestellt: Es gibt keine. Denn auch von sämtlichen privaten Zustelldiensten wird sein Verein boykottiert. Können aber die VgT-Nachrichten nicht in der breiten Öffentlichkeit gestreut werden, sei seine Arbeit zwecklos.

«Geschäftspolitische Überlegungen»

Dass die Weigerung der Post nach jahrelanger Zustellung aus heiterem Himmel erfolgte, hält Kessler für Absicht und einen Verstoss gegen Treu und Glauben. Doch die Pressesprecherin der Post, Brigitte Rossetti, reagiert verwundert auf die Frage, weshalb man Kessler nicht über die Möglichkeit einer solchen Massnahme vorgewarnt habe. Einen Vorabzug zu verlangen, um den Inhalt der Postsendung zu prüfen, wäre «vom Aufwand her nicht machbar». Die Zustellungsverweigerung erfolge vor allem aus «geschäftspolitischen Überlegungen», denn in den VgT-Nachrichten würden Tierhalter mit Namen veröffentlicht und «massiv angegriffen», und ein Journal mit einem solchen Inhalt «wollen wir nicht weiterleiten», so Rossetti. Wären einige der Artikel gar «strafrechtlich relevant», könne die Post möglicherweise selber Probleme bekommen.

Eingriff in die Pressfreiheit?

Kessler aber spricht von einem unzulässigen Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Pressefreiheit und zitiert aus dem Postgesetz: «Die Post gewährleistet den freien Zugang zu den Dienstleistungen des Universaldienstes». Nach Auffassung von Brigitte Rossetti betrifft die Massenzustellung der VgT-Nachrichten aber nicht den Universaldienst, sondern den Wettbewerbsbereich, weshalb die Post zur Zustellung nicht verpflichtet sei. Für Kessler eine «eigenwillige Auslegung» des Postgesetzes: Der Universaldienst umfasse die Annahme von Sendungen aller Art, Einschränkungen seien nicht vorgesehen, so seine Auffassung.

Totaler Boykott

Von der Million vorliegender VgT-Nachrichten (Druckkosten: 140'000 Franken) wird nur ein winziger Teil verschickt werden können: adressiert an die etwas mehr als 10’000 VgT-Mitglieder. Denn am Mittwoch hat sich auch der letzte verbliebene private Zustelldienst landesweit, der Kesslers Journale noch angenommen und bislang die Ostschweiz beliefert hatte, dem Boykott angeschlossen, der damit ein totaler ist.

 

(BOX:) Bio-Skandal aufgedeckt?

Über meist selbst aufgedeckte Missstände in der Tierhaltung berichtet Kessler auch in den neusten VgT-Nachrichten (die nun nicht mehr verteilt werden, im Internet aber abrufbar sind unter www.vgt.ch): Unter anderem über die betäubungslose Kastration von Ferkeln, «unsinnige Schlachttier-Transporte», Tierversuche, Rinderwahnsinn, moslemisches Schächten, Schimpansen, Angora-Kaninchen.

Vor allem aber wirft Kessler ein dunkles Licht auf Schweinemästereien in den Kantonen St. Gallen und beiden Appenzell. Er zeigt zahlreiche Aufnahmen, auf denen die Tiere im eigenen Kot dahinvegetieren und zum Teil «langsam verrecken» würden. Auf einem Bild ist ein Tier mit heraushängender Zunge zu sehen; bei Schweinen «ein sicheres Zeichen von extremem Durst», was auch der Grund sei, weshalb manche Tiere aus Verzweiflung ihren eigenen Urin trinken würden. Einige Tiere weisen teils riesige Geschwüre auf, ein anderes ein schlimm verletztes, unbehandeltes Auge.

Unter den abgebildeten Mästereien seien mehrere als Bio-Betriebe registriert, behauptet Kessler.

Andreas Stricker / ans

 

Erwin Kessler mit den neusten Ausgaben der VgT-Nachrichten und der Acusa-News, deren Auslieferung von der Post und von sämtlichen privaten Zustelldiensten verweigert wird.

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