Beobachter 25/07 Schweinezucht Wo bleibt die artgerechte Haltung?Text: Thomas Grether Mancher Schweizer Züchter lässt seine Schweine auf blankem
Betonboden dahinvegetieren. Und kommt damit ungeschoren davon. Möglich
macht das eine Richtlinie des Bundesamts für Veterinärwesen. Diese
verletzt laut einem Gutachten das Tierschutzgesetz. Rötungen, Blutungen, AbszesseDas räumt selbst Kantonstierärztin Vogel ein: «Es ist schwierig zu
kontrollieren, ob ein Züchter wirklich die geforderten vier Kilogramm
Langstroh verabreicht hat.» Diese «gesamthaft vier Kilogramm Langstroh»
verlangt eine Richtlinie des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET). Doch
der Vollzug in der Praxis schlägt fehl: Muttersauen fressen einen Teil
des Strohs weg, und der Züchter mistet es aus. Kommt ein Kontrolleur und
stellt ungenügend Stroh fest, kann er nicht beweisen, dass der Züchter -
ein paar Tage vorher - nicht vier Kilogramm Langstroh oder bodendeckend
Häckselstroh verabreicht hat. Damit konfrontiert, sagt das BVET nur, es
verbleibe «eine ausreichende Menge Stroh, damit die Sau ihr
Nestbauverhalten ausführen kann». «Bundesamt überschreitet Kompetenz»Der VgT hat wegen dieses «unhaltbaren Zustands» beim Zürcher
Rechtsprofessor Hans Giger ein Gutachten in Auftrag gegeben. Giger kommt
zu einem klaren Schluss: «Die Richtlinie des Bundesamts für
Veterinärwesen verletzt übergeordnetes Recht und entspricht offenkundig
nicht dem Stand der Wissenschaft», schreibt er in seinem Mitte 2006
angefertigten Rechtsgutachten. Zudem verunmögliche die Richtlinie die
«bundesgesetzlich verankerten Ziele des Tierschutzes und der
Tiergesundheit». Zu diesen Vorwürfen will das BVET nicht Stellung
nehmen. Gutachter Giger hält weiter fest, das Stroh könne bei Kontrollen
nicht quantifiziert werden. Und: «Das Bundesamt überschreitet
offensichtlich seine Kompetenz.» Redaktion Beobachter:
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