Seit nunmehr 14 Jahren
beschäftigen sich die Schweizer und Europäischen
Justizbehörden mit einem Sendeverbot für einen Werbespot des
Vereins gegen Tierfabriken (Vgt). Das Schweizer Fernsehen
verweigerte 1994 die Ausstrahlung des Spots. Mit nach heutigem
Empfinden vergleichsweise harmlosen Bildern prangerte der Vgt
darin die industrielle Haltung von Tieren, besonders die von
Schweinen, an. Damit verbunden war die Empfehlung, weniger
Fleisch zu essen.
Das juristische Hickhack, damals begonnen, geht nun in eine
weitere Runde. Die Richter des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte (EGMR) in Strassburg hiessen den Antrag der
Schweiz gut, den Fall vor die Grosse Kammer des EGMR zu
bringen. Dieser Antrag ist die Reaktion auf die Verurteilung
der Schweiz durch den EGMR im September 2007. Die Richter
kamen damals zum Schluss, dass die Meinungsäusserungsfreiheit
verletzt worden sei.
Der Streit begann 1994, als der Vgt den TV-Spot über die SRG
senden wollte, damals Inhaberin der einzigen Fernsehsender auf
Schweizer Boden. Dies wurde dem Vgt vom Fernsehen aber
verwehrt. Die zuständige AG für das Werbefernsehen begründete
die Ablehnung damit, der Spot sei politische Werbung und dazu
geschäftsschädigend. Diese Haltung wurde vom Bundesrat und
1997 vom Bundesgericht bestätigt. Bereits 2001 hiess der EGMR
jedoch eine Beschwerde des Vgt gut und stellte eine Verletzung
der Meinungsäusserungsfreiheit fest.
Der Vgt verlangte vom Bundesgericht in der Folge eine Revision
seines Entscheides von 1997. Dieses Gesuch wiesen die
Lausanner Richter 2002 ab, worauf der Vgt ein weiteres Mal an
den EGMR gelangte, der die Beschwerde im Herbst 2007 wiederum
gut hiess. Erwin Kessler, der Präsident des VgT, setzt sich
heute noch immer für eine Ausstrahlung der Bilder aus
industriellen Tierhaltungen ein. Bis zum Urteil der Grossen
Kammer des EGMR wird der Spot indes im Fernsehen nicht zu
sehen sein.
Betrachtet man heute dank Internet den Werbespot, ist die
Ablehnung durch das Schweizer Fernsehen im Jahr 1994 und
nachher durch den Bundesrat und das Bundesgericht kaum mehr
nachvollziehbar. Unverständlich ist auch die in verschiedenen
Meldungen vom Dienstag enthaltene Passage, der Spot enthalte
harte und zum Teil schockierende Bilder. Es scheint, als habe
sich der Streit um den Vgt-Spot längst verselbständigt und
drehe sich um alles andere als den Spot selbst.
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