VN00-2

Editorial von Erwin Kessler

Gewohnheiten

Käse - ein schweinisches Produkt. Die in den VN00-1 am Beispiel der Appenzeller-Käsereien dargestellten Schweinereien sind leider allgemein üblich. Als Käse-Liebhaber, der früher übermässig viel Käse gegessen hat (nach dem Abstellen des Fleischkonsums noch in der Meinung, Eiweissersatz müsse her), habe ich die Erfahrung gemacht, dass man massiv einschränken kann ohne zu leiden, nur durch bewussten Umgang damit. Psychologisch gesehen ist es so, dass mensch viele Gewohnheiten hat, die eben vorallem Gewohnheiten sind und nicht wirklich dringende Bedürfnisse. Käse wie Würste sind so praktisch aus dem Kühlschrank direkt auf den Tisch zu nehmen - Fast-Food, zur schnellen Befriedigung von Hunger oder Gelüsten geeignet, brauchen keine lange Zubereitung und vorallem auch keine Fantasie. Käse (und für Fleischesser auch Fleisch) einzuschränken, ist eine interessante und positive Bewusstheits- und Kreativitäts-Übung. Diese Übung besteht darin, sich jeweils die Frage zu stellen: Will und brauche ich jetzt wirklich Käse (Fleisch)? Könnte etwas anderes nicht ebenso schön (und gesünder!) meinen Hunger stillen? Auf diese Weise wird aus einem frustrierenden Verzicht ein Erfolgserlebnis mit vielen positiven Nebenwirkungen: Neben der Charakterstärkung durch Wahrnehmung ethischer Verantwortung werden Bewusstheit, Selbsterkenntnis und Kreativität entwickelt, was dem Leben überhaupt erst einen Sinn gibt. Weiter wirkt sich weniger tierisches Fett (Käse = Fettbombe) positiv gegen Übergewicht aus, was Gesundheit und Schönheit fördert, was wiederum der Befriedigung von Liebes-Bedürfnisse entgegenkommt. Die Ernährung ist sowieso eine sehr psychologische Sache. In der überernährten Wohlstandsgesellschaft dient Essen nicht mehr dem biologischen Kampf gegen das Verhungern, sondern in hohem Masse der Frust-Bewältigung: Essen aus Frust und innerer Unerfülltheit - ein Teufelskreis, denn wie kann jemand innerlich erfüllt und im seelischen Gleichgewicht sein, der verdrängen muss, dass er sich unnötigerweise von Folter-Opfern ernährt und mit seinem Kaufverhalten zum Auftraggeber für Tierfolter wird?


[Inhaltsverzeichnis VN00-2]

[Startseite]

VN00-2 ,  April 2000
Mail an den Verein gegen Tierfabriken Schweiz
Mail an den Webmaster
URL: http.//www.vgt.ch/vn/0002/editorial.htm