VN04-3
Editorial von VgT-Präsident Erwin Kessler:
Totengräber
des Tierschutzgesetzes
Der Ständerat hat auf Vorschlag des Bundesrates das Tierschutzgesetz
dahingehend abgeändert, dass der Tierschutz der Wirtschaftlichkeit
unterzuordnen sei. Damit legalisiert der Ständerat die jahrzehntelange
illegale Praxis des Bundesrates, der schon bisher in der
Tierschutzverordnung die üblichen tierquälerischen Methoden in der
Nutztierhaltung erlaubt hat, die durch das (übergeordnete)
Tierschutzgesetz eigentlich verboten sind. Weil Tierschutzorganisationen
kein Klage- und Beschwerderecht gegen Verletzungen des
Tierschutzgesetzes und missbräuchliche Auslegungen haben, stehen der
totalen Unterordnung des Tierschutzes unter die Wirtschaftlichkeit nun
Tür und Tor offen. Dass das Tierschutzgesetz bisher mit Rücksicht auf
die wirtschaftlichen Interessen der Tierhalter weitgehend toter
Buchstabe geblieben ist, war bisher rechtswidrig. Nun ist es
rechtmässig. Der Widerspruch ist beseitigt, Ordnung hergestellt, und das
Tierschutzgesetz zu Grabe getragen. Das ist weiter nicht erstaunlich
angesichts der materialistischen Rücksichtslosigkeit, mit der heute in
der Schweiz Politik betrieben wird. Alles wird der «Wirtschaftlichkeit»
untergeordnet. Moral, Ethik und Verantwortung kommen nur noch in
Schönredereien vor. Um von der Sabotage des Tierschutzgesetzes
abzulenken, hat der Ständerat für eine ferne Zukunft - mit weiterem
Verschiebungsvorbehalt - ein Verbot des betäubungslosen Kastrierens von
Ferkeln in Aussicht gestellt. Prompt attestierte das Schweizer Fernsehen
dem Ständerat «ein Herz für Tiere». Und die Masse fiel darauf herein.
«Juhu. Der Ständerat hat das Tierschutzgesetz gutgeheissen!», schrieb
mir eine Tierfreundin naiv begeistert. Ihre zutiefst tierverachtende
Einstellung haben in letzter Zeit mehrere Bundesräte hemmungslos
offenbart: In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme nach der Wahl in
den Bundesrat hat Blocher die Abschaffung des Tierschutzes in der
Landwirtschaft gefordert. Bundesrat Deiss meinte zu den Forderungen der
Schweizer Tierschutzorganisationen, Tiertransporte auf das nötigste zu
beschränken: sein Hund freue sich, wenn er mit dem Auto mitfahren dürfe.
Seinen Hund im bequemen PW mit dem Transport von Schlachtschweinen zu
vergleichen, braucht schon eine grosse Portion Dummheit, Verlogenheit
und Herzlosigkeit. Im Gegensatz zum verwöhnten Hund verbringen diese ihr
ganzes Leben in qualvoller Enge (der Bundesrat erlaubt 2 Tiere pro
Quadratmeter), in extremer Eintönigkeit im Dauergedränge von
Artgenossen, auf einem dreckigen, harten Betonboden. Nun werden sie
plötzlich- völlig ungewohnt - in eine unbekannte Umgebung auf einen
lärmigen und zügigen Lastwagen getrieben und über viele Stunden mit
fremden Artgenossen zusammengedrängt, was blutige Rangkämpfe auslöst.
Dies mit kurzem Spazierenfahren des Hundes zu vergleichen, ist voll
daneben, Herr Deiss. Für wie blöd halten Sie eigentlich die Bürger in
diesem Staat? Wer es noch nicht begriffen hat, merkt nun langsam, warum
das Volk den Bundesrat nicht wählen darf.- Bundesrat Leuenberger - der
perfekte Heuchler - sagte kürzlich in einer Rede vor Theologen: «Das
Schächtverbot ist zwar auch eine Massnahme des Tierschutzes, vor allem
aber ist es eine Einschränkung der Religionsfreiheit.» Die Gesellschaft
Schweizer Tierärzte zeigte sich über diese magistrale Äusserung
befremdet und hielt in einer Stellungnahme fest, das Schächtverbot sei
sehr wohl eine Massnahme des Tierschutzes. Ein Tier erleide während und
nach dem Schächtschnitt grosse Schmerzen und habe grosse Angst. Die
Kernfrage sei, ob der Tierschutz oder die Religionsfreiheit höher
gewichtet würde. Pfarrersohn Leuenberger beklagt eine Einschränkung der
Religionsfreiheit, als ob das grausame Zu-Tode-Quälen von Tieren jemals
«religiös» sein könnte. Derart seelisch und kulturell unterentwickelte
Menschen regieren unser Land, und die Zustände sind entsprechend. Zu
allem Überfluss plapperte Leuenberger in seiner Rede auch noch die vom
Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund verbreitete Lüge nach, vor
allem Antisemiten seien gegen das Schächten. Leuenberger, der bei jeder
Gelegenheit als Dichter und Denker und feingeistiger Kulturträger
auftritt, hat sich mit seiner Diffamierung des Schächtverbotes und der
Schächtgegner als gefühl- und gewissenloser Opportunist und Heuchler
offenbart - nicht zum ersten Mal. Mit seiner Unterschrift hatte er die
Zensur eines VgT Tierschutzwerbespots durch das Schweizer Fernsehen
gedeckt. Nachdem dann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
diese Zensur in einem Entscheid gegen die Schweiz als menschenrechtliche
Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit veurteilte, heuchelte
Leuenberger: «Zensur ist mir ein Gräuel.»
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