VN 09-1, April 2009

Ein von der NZZ unterdrückter Leserbrief
Zu: „Der schwierige Weg vom männlichen Ferkel zum Kastraten“, NZZ, 18. Dezember 2008


Nur bei Coop-Naturafarm-Betrieben werden männliche Ferkel zum Teil geimpft, um den Ebergeruch zu vermeiden. In den restlichen konventionellen Schweinemästereien (sprich Tierfabriken) setzen der Fleisch-Verarbeiter Bell (Coop) sowie Micarna (Migros) voll auf die weniger tierfreundliche, schmerzhafte chirurgische Kastration mit Narkose, wobei knapp 10 Prozent der Ferkel trotz der Inhalationsnarkose, nicht oder nicht genügend betäubt werden. Trotzdem wird von den Grossverteiler Migros und Coop auf die Impfmethode weitgehend verzichtet, „weil es einen beachtlichen Anteil von Schlachtkörper geben kann, die trotz Impfung den ungeliebten Ebergeruch aufweisen (sogenannte „Impfversager“) und deshalb Ausschusswaren seien“, wie Davide Elia von Bell meint. Ausschussware: So wird also von empfindsamen, intelligenten Schweinen gesprochen, die genauso fähig sind Freude, Trauer, Schmerz und Leiden zu empfinden wie Menschen.

Diese Einstellung zeigt wieder einmal mehr, wo wir im Tierschutz stehen. Der Profit geht - wie immer - dem Tierwohl voran. Anstatt auf die eingriffsfreie und tierfreundlichere Ebermast umzustellen, werden also weiterhin jährlich den kleinen Ferkeln die Hoden rausgeschnitten. Und wer kontrolliert, ob dieser unnötige Eingriff ab dem Jahr 2010 auch wirklich mit Narkose durchgeführt wird?

Wenn man bedenkt, wie wenig die Tierschutzvorschriften bei der Nutztierhaltung bis anhin eingehalten werden, kaum ernsthafte Kontrollen von den zuständigen Behörden durchgeführt und festgestellte Missstände höchst selten geahndet werden, ist bei der Ferkel-Kastration leider Ähnliches zu befürchten.

Claudia Zeier Kopp, Vizepräsidentin, Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT.ch)


Inhaltsverzeichnis VN 09-1

Archiv aller VgT-Nachrichten (VN)

Startseite VgT