VN 09-2
Die Kühe
im Kanton Graubünden merken wenig von der Winterauslauf-Vorschrift
von Claudia Zeier Kopp
und Erwin Kessler
Die Tierschutzverordnung verlangt im Winter mindestens einmal pro Woche
Auslauf für angebundenes Rindvieh. Das ist so wenig, dass bereits
von Tierquälerei gesprochen werden muss, wenn nur gerade dieses Minimum
eingehalten wird. Doch die meisten Bauern halten sich nicht einmal an
diese Minimalvorschrift. Vom Veterinäramt haben sie offenbar wenig zu
fürchten.
Im Kanton Graubünden wirtschaften mehr als
die Hälfte aller Landwirtschaftsbetriebe unter dem Bio-Label und 90
Prozent aller Betriebe bezieht Subventionen für regelmässigen Auslauf
ins Freie (RAUS-Programm). Dennoch
haben wir auf einer mehrtägien Erkundungsfahrt durch das Bündnerland
bei schönstem Märzen-Wetter nur einmal einen solchen Anblick wie auf
der Titelseite geniessen können.


Oben:
Ein leider sehr seltener Anblick - Kühe im Winterauslauf an der Sonne
(Laus/GR)
Sonst die Regel:
Auch bei schönstem Märzenwetter fast keine Kühen im Auslauf und nur sehr selten frische Spuren. Die meisten
Milchkühe verbringen offensichtlich den langen Winter an der Kette. Häufiger
anzutreffen, weil arbeitssparend, waren Laufställe mit Auslauf in der
Rindermast.
Typische Beispiele:

Siat: Kälber in Iglu. Kein Auslauf für die angeketteten Kühe.

Waltersburg/Vuorz: unbenützer Auslauf

Aus diesem dunklen Loch kamen die Kühe schon lange nicht mehr - reine
Bequemlichkeit, Kontrollen durch das Veterinäramt sind offensichtlich
nicht zu befürchten.

Castrisch: keine Spuren im eingezäunten Alibi-Auslauf

Valendes: Milchkühe im Auslauf (Laufstall) - selten zu sehen

Andiast: Kühe den ganzen Winter an der Kette.

Disentis, an der Strasse nach Caradivas: Kein Auslauf für die im Stall
angeketteten Kühe.


Sumvigt, unterhalb Dorf an der Strasse nach Laus: kein benützter
Winterauslauf

Curtins-Surrein: Kettenkühe ohne Auslauf - unbenütztes Zaunmaterial als
Alibi herumliegend

Ilanz, unterhalb Strasse nach Vella: unbenützter Alibi-Auslauf

Schafstall an der Strasse nach Vella:
den ganzen Winter in dunklem Verliess

Auslauf offensichtlich nie benützt:


Morrissen: alter, unberührter Schnee im Auslauf verrät, dass hier schon
sehr lange keine Kühe mehr herumgelaufen sind. Ohne den Schnee würden die
alten Mistspuren einen benutzten Auslauf vortäuschen.
Vattiz:
Vattiz: Nicht benützter Auslauf, keine Spuren im alten Schnee.
Tagein, tagaus, wochen- und monatelang im düsteren Stall an der Kette.
Das ist Bio real - ganz anders als in der Werbung.


Lumbrein: Der unberührte alte Schnee verrät: sehr lange kein Auslauf.

Auch in Lumbrein: lange Wintermonate im dunklen Loch an der Kette.

Noch ein Beispiel aus Lumbrein: moderner Stall mit unbenütztem
Alibi-Winterauslauf. Reine Faulheit. Und das Veterinäramt verbringt den
Winterschlaf im warmen Büro in Chur.

Degen: offensichtlicher kann es nicht mehr sein, wie die
Winterauslaufvorschrift missachtet wird. Die Veterinärbeamten müssten
nicht einmal aus dem Auto steigen, um dies festzustellen. Rund ein
Dutzend Kühe verbringen hier den Winter permanent an der Kette.

Präz
Präz (oberhalb von Cazis): Landwirt Frigg sperrt gerne Tiere ein. Das
Jungvieh - besonders tierquälerisch! - kann sich den ganzen Winter nicht
bewegen. Sogar an einem bedauernswerten Vogel - ein Wesen des Himmels -,
das sein Leben lang in einem kleinen Käfig eingesperrt ist, hat er
Freude. Dummheit, egoistische Herzlosigkeit oder Sadismus?


Sarn: Das ganze Winterhalbjahr im dunklen Stall an der Kette. Das
Törchen rechts führt nicht in einen Auslauf, sondern direkt auf den
Misstock. Diesen Fall haben wir schon im Jahr 2003 veröffentlicht. Eine
Anzeige beim Veterinäramt hat offensichtlich nichts bewirkt. Alles noch
gleich. Amtlich geduldete und staatlich subventionierte Tierquälerei.

Auch in Sarn: In diesem dunklen Loch verbringen bewegungs- und
spielfreudige Jungrinder den ganzen Winter bewegungslos an der Kette.

Ein weiteres Beispiel aus Sarn, wie die Winterauslaufvorschrift ganz
offen missachtet wird. Rund ein Dutzend Kühe verbringt hier den langen
Winter an der Kette. Dass mal ein Tierschutzbeamter ins Dorf kommt, ist
offensichtlich nicht zu befürchten, und wenn, dann werden beide Augen
zugedrückt.


Noch ein Beispiel aus Sarn, wie die Auslaufvorschrift ganz offen
missachtet wird.

Portein: Kuhstall ohne (benützten) Auslauf

Ein weiteres Beispiel aus Portein.

Moderner Stall mit genügend Platz in Tschappina: Zu faul, um den Kühen
den Auslauf zu gewähren.

Obertschappina: Keine Spuren im Alibi-Auslauf.

Weiteres Beispiel aus Tschappina

Kuhstall in Masein mit unbenütztem Alibi-Auslauf (unberührter
Altschnee).


Weiteres Beispiel in Masein mit unbenütztem Alibi-Auslauf

Lenzerheide: Dieser Viehstall steht neben der "Kuh-Villa". Rund um den
Stall keine Auslaufspuren.
In der "Kuh-Villa" selber steht den Kühen eine winzige Betonterrasse als
Auslauf zur Verfügung, und Touristen zahlen Eintritt, um diese
angebliche "Kuh-Villa" zu besichtigen.

Viele Kühe in einem dunklen Loch an der Hauptstrasse in Versam. Ein paar
Kälber in einem kleinen Auslauf. Die Kühe an der Kette. Unberührter
Altschnee im Auslauf. Der gleiche Bauer betreibt auch noch
tierquälerische Käfig-Kaninchenhaltung:

Wenn man bedenkt, dass mehr als jeder zweite Bauernhof im Bündnerland ein
Bio-Betrieb ist und 90 Prozent der Bündnerbetriebe dem
RAUS-Subventions-Programm angeschlossen ist, welches auch im Winter
mehrmals wöchentlich Auslauf ins Freie vorschreibt, ist die Nichtbefolgung der
Winterauslaufvorschrift erst recht unverständlich und erschreckend, denn
das ist reine Bequemlichkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber den
Tieren und Konsumenten. Einmal mehr erweist sich das Bio-Knospen-Label
der Bio-Suisse als wenig glaubwürdig - nicht überraschend angesichts der
Geisteshaltung der Geschäftsleitung: Das Verstümmeln von Kälbern durch
Enthornen (www.vgt.ch/doc/enthornen)
findet die Bio-Suisse ganz normal, und gegenüber dem Bundesrat sprach sich die
Bio-Suiss-Leitung sogar für die Aufhebung der Betäubungsvorschrift beim Schlachten
aus, wenn religiöse Fanatiker schlachten (sogenanntes Schächten,
www.vgt.ch/id/200-025).
Zwar gibt es Biobauern, die damit nicht einverstanden waren, aber das
ist offenbar eine Minderheit, denn personelle Konsequenzen hatte diese
unglaubliche Unterstützung schwerster, perverser Tierquälerei durch die
Bio-Suisse-Leitung nicht; es ist immer noch die gleiche Präsidentin,
Regina Fuhrer, im Amt.
Inhaltsverzeichnis VN 09-2
Startseite VgT
|