Nicht nur die Spanier mit ihren Stierkämpfen, auch Schweizer betreiben Tierquälerei als Freizeit-Vergnügen:

Familien-Fischen

von Erwin Kessler

Wenige hundert Meter jenseits der Schweizer Grenze bei Oberriet, in Meiningen/Voralberg, befindet sich der Güfel-Weiher - beliebtes Ausflugsziel von unsportlichen Fischern sowie Familien, die mit ihren Kleinen auch gerne mal einen hilflos an der Angel zappelnden Fisch aus dem Wasser ziehen möchten, ohne lange zu warten: von den rund 1000 Forellen im Weiher beisst bald einmal einer an. Gestern Samstag, den 26. Oktober, habe ich anlässlich eines von einer St Galler Gratis-Zeitung organisierten Preisfischens gefilmt, wie da ohne die leiseste Ahnung von weidgerechtem Fischen und auch ohne Anleitung Forellen völlig dilettantisch gelandet werden. Anstatt den Fisch mit dem Kescher (Unterfangnetz) aus dem Wasser zu tragen und sofort mit einem kräftigen Schlag zu töten, werden die Fische mit dem Haken im Schlund unbeholfen und lachend an der Angelschnur herumgetragen. Dann wird der Haken aus dem Rachen operiert, bevor mit untauglichen Schlägen immer wieder auf den zappelnden Fisch eingeschlagen, zwischendurch mal fallen gelassen, dann schliesslich ins Gras geworfen oder in einen Plastiksack gesteckt, wo viele dieser misshandelten Tiere immer wieder hochspringen. Eine Fischerin hat versucht, den im Plastiksack erneut zappelnden Fisch mit Schlägen auf den Sack besser zu betäuben

Ein kleines, etwa 5jähriges Mädchen hat - auf Video festgehalten - mit seinen beiden kleinen Händen einen zappelnden Fisch gepackt, den der Vati durch Schlagen gegen einen Baum so liederlich betäubt hat, dass er nach einer Weile infolge seiner wilden Bewegungen aus dem am Boden liegenden Sack herausfiel. Mit erfolgreich anerzogenem Sadismus bestaunte es den sich in Todesangst wehrenden Fisch, der zwischendurch immer wieder zu Boden fiel. Dies alles in Sichtweite dieses Vaters, der bereits gierig auf die nächste Beute - zahme Zuchtfische - wartete Solch unsachgemässes, tierquälerisches Fischen ist an diesem Weiher, wo kaum echte Fischer hingehen - man kann die Angelausrüstung einfach mieten - ganz normal. Ich wusste jeweils kaum, wo mit der Videokamera hinschwenken, weil in nächster Nähe gleichzeitig überall solche Tierquälerei ablief. Der Güfelweiher hat eine Wasserfläche von 7000 Quadratmeter - gerade etwa die Grösse eines Fussballfeldes. Darin schwimmen nach Angabe des Besitzers 1000 bis 1200 Forellen. Von März bis Oktober werden zweimal wöchentlich "fangfertige" Zuchtfische zugesetzt, damit der Bestand trotz des laufenden Ausfischens konstant bleibt. Die Fische werden zweimal gefangen: einmal mit dem Netz aus dem Zuchtbecken, dann nochmals zum Vergnügen mit der Angel aus dem Weiher. In Deutschland ist dies ausdrücklich verboten, weil einem Tier nicht ohne vernünftigen Grund Leid zugefügt werden darf. Ein zweimaliges Fangen, das nur dem Vergnügen, nicht der Nahrungsbereitung dient, erachtet die Deutsche Rechtsprechung als unvereinbar mit dem Tierschutzgesetz. In der Schweiz gilt sinngemäss das gleiche. Die Schweizer müssen aber ihrem sadistischen Freizeitvergnügen nicht deshalb im nahen Vorarlberg nachgehen, weil diese Tierquälerei in der Schweiz verboten ist Wie fast alle anderen Tierquälereien wird auch diese von den Behörden toleriert:

Am Blausee im Berner Oberland gibt es ein ganz ähnliches Familien-Fischen. Wir haben im August 1996 dagegen Anzeige erstattet, ohne dass sich bisher etwas verändert hätte. Diese Anzeige enthält folgende Begründung:

Väter, selten Mütter, die selbst nichts vom Fischen verstehen, versuchen ihren Kleinsten - gezwungen lachend - beizubringen, wie lustig es ist, einen hilflosen Fisch in Todesangst an der Angel zappeln zu sehen und ihn totzuschlagen. Dass irgendwann einmal einer anbeisst, bevor die Geduld des Kleinen zu Ende geht, ist gewiss: Der Teich ist voller Fische. Wo immer die Angel hineintaucht, sind Fische., überall nichts als Fische Alle diese Fische wurden schon einmal gefangen, aus dem Aufzuchtbecken herausgefischt und im Ausfischteich wieder ausgesetzt. Jedes Fangen und Transportieren von Fischen ist mit Todesangst, Schleimhautverletzungen, Schmerzen und Leiden verbunden. Ein Tier unnötigerweise zweimal zu fangen, nur aus Spass, das verstösst ganz klar gegen das Tierschutzgesetz: «Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzten» (Artikel 2). Von ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden und Schäden bekommen die Fische im Blausee jede Menge: Wenn ein Fisch anbeisst, geht die meist dilettantische, qualvolle Prozedur los: Er wird an Land gezogen, meistens ohne Hilfe eines Keschers, dort am Angelhaken über den scharfkantigen Splitt des Weges gezogen und liegengelassen bis der strahlende, des Fischens unkundige «Fischer» überlegt hat, was er nun tun soll. Indessen zappelt und windet sich der Fisch und fällt mit seiner empfindlichen Haut und seinen lidlosen Augen immer wieder auf den scharfkantigen Splitt, die schmerzende Angel im Rachen. Schliesslich versucht der Fischer, ihm die Angel herauszuwürgen, was oft lange dauert, besonders ohne Erfahrung. Hat er das endlich geschafft, legt er den Fisch wieder hin und geht auf die Suche nach dem Rundholz, das irgendwo herumliegt, zum Töten der Fische, oder er irrt mit dem zappelnden Fisch in der Hand oder noch am Haken herum und schlägt ihn dann auf dem Tisch beim Aufsichtshäuschen endlich tot - aber nicht etwa mit einem kräftigen Schlag. Erwachsene wie kleine Kinder trommeln zaghaft, dafür mit Dutzenden von Schlägen auf den immer noch lebenden Fisch ein. Andere - so haben wir es auf Videofilm aufgezeichnet - werfen die lebenden Fisch einfach in einen Eimer: halbvoll mit zuckenden Forellen, die langsam ersticken

Und bei Alldem schaut die «Aufsicht» der Blauseeverwaltung einfach zu; sie hat offensichtlich nur eine Aufgabe: Kassieren. Während den vielen Stunden, die ich dort beobachtete, ist die Aufsicht bei diesen ständigen Tierquälereien kein einziges mal eingeschritten, auch nicht rein informativ. Die Aufsicht ist offenbar nur dazu da aufzupassen, dass jeder Fischer seinen Fang redlich wiegt und an der Kasse bezahlt Nach Artikel 22 des Tierschutzgesetzes ist verboten: «...das Töten von Tieren aus Mutwillen, insbesondere das Abhalten von Schiessen auf zahme oder gefangengehaltene Tiere». Am Blausee wird zwar nicht geschossen, aber es werden zahme, gefangene Fische aus Mutwillen geangelt. Aber wen kümmerts: es sind ja nur Tiere.

Österreich hat kein Tierschutzgesetz. Nur einzelne Länder haben mehr oder weniger untaugliche Landestierschutzgesetze. Die tierschutzrechtliche Situation in Vorarlberg ist mir nicht bekannt - es ist ja auch egal: mit oder ohne Tierschutzgesetz ist die geduldete Tierquälerei die gleiche.

Anmerkung:

Der St Galler Gratis-Anzeiger, welcher dieses tierquälerische Preisfischen veranstaltet, zeigt seine tierverachtende Einstellung auch damit, dass er den VgT boykottiert, seit wir das grausame Schächten (rituelles Schlachten ohne vorherige Betäubung) kritisieren.


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