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Grauenhafte Zustände in Schwyzer Schweinefabriken
- und die Behörden tun nichts

von Erwin Kessler

 

Unten: Schweinefabrik Albin Marty, Hüttenwies, Wangen/SZ - Trotz Anzeige keine Verbesserung: 

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Schweine sind hochsensible, intelligente Tiere, vergleichbar mit Hunden. Wegen ihrer Intelligenz haben sie ein grosses Bedürfnis nach Abwechslung und Spielmöglichkeiten. Ich habe beobachten, wie junge Schweine in tierfreundlichen Ställen im fröhlichen, übermütigen Spiel frisches Stroh in die Luft schleuderten und herumrannten. Abends bauen Schweine gerne ein gemeinsames Schlafnest. Sie schieben mit dem Rüssel das Stroh zusammen, machen ein weiches Nest und kriechen gemeinsam hinein. Von Natur aus trennen Schweine Kot- und Liegeplatz streng; freiwillig liegen sie nicht in dem eigenen Kot.

In tierquälerischen Intensiv-haltungen sind die Tiere gezwungen, ihr ganzes Leben in extremer Enge und Eintönigkeit zu verbringen. Spielverhalten betrachten die Tierforscher als Ausdruck von Wohlbefinden. In solchen Ställen sieht man die Tiere nie spielen, nie herumspringen. Sie sind apathisch geworden in der ausweglosen Situation. Zwischendurch vollführen ältere Schweine langanhaltend die gleichen stereotypen Bewegungen, zB Herumbeissen an den Käfigstangen. Diese neurotische Störung nennt man Stangenbeissen. Sie entsteht als Folge der extremen Langeweile in den völlig reizlosen engen Buchten, wo die Tiere lebenslänglich nur immer die kahlen Wände zu sehen bekommen. Sie sehen nie die Sonne, den Himmel, Pflanzen, Erdboden zum Wühlen. Immer nur den gleichen dunklen, feuchten, dreckigen Boden und die kahlen Wände. Gemäss Tierschutzverordnung dürfen pro Quadratmeter zwei Schweine gehalten werden - soviel Platz brauchen sie gerade zum Stehen oder Liegen. Das Bundesamt für Veterinärwesen hat damals einfach die praxis-üblichen tierquälerischen Haltungsbedingungen als "Vorschriften" in die Verordnung übernommen. Und dabei ist es bis heute geblieben. In dieser für die Tiere katastrophalen Situation nützen die Schwyzer Behörden nicht einmal die verbleibenden Möglichkeiten aus, um den Tieren wenigstens minimalste Erleichterungen in Form einer Beschäftigungsmöglichkeit und eines trockenen Liegeplatzes zu gewähren.

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Oben: Schweinefabrik von Dominik Schuler in Immensee. Die Tiere werden in völlig kahlen, monotonen Buchten auf dem nackten, einstreulosen Boden gehalten. Die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungsmöglichkeit fehlt.
Unten: Schuler selbst wohnt etwas grosszügiger an sonniger Lage mit Seesicht in Küssnacht, Sagenweid 2:

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Unten links: Schweinestall des Schwyzer Gemeinderates Thomas Schmid in Ibach. Mutterschweine in den berüchtigten, tierquälerischen Kastenständen. Es ist jedoch nicht alles schlecht auf diesem Betrieb. So kommt der Muni mit den Kühen auf die Weide und die Kälber werden in Gruppen auf Stroh gehalten. Das hilft den Mutterschweinen in den Folterkäfigen allerdings nichts.
Unten rechts: Gegenüber dem Schweinestall sieht es wesentlich vornehmer aus: Frau Schmid hoch zu Ross.

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Eine gesetzeskonforme, artgerechte und trotzdem wirtschaftliche Schweinehaltung ist möglich, wie dieses Beispiel aus einem anderen Kanton zeigt:

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Unten: Dreistöckie Schweinefabrik von Viehhändler Josef Ott-Schibig in Küssnacht, Brüschhalde. Die Tiere verbringen ihr Leben im Halbdunkeln, in eintönigen, feuchten Buchten, ohne jegliche Beschäftigung. Die gesetzlich vorgeschriebene Einstreu und Beschäftigung fehlt:
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Die Mutterschweine Josef Ott-Schibig können sich in ihren Käfigen (Kastenstände) nicht einmal umdrehen:

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Molkerei Graf an der Grundstrasse in Schwyz: Kahle, dreckige Buchten - Normalzustand im Kanton Schwyz.
Ein schmaler Auslauf aus Beton (rechts) mit einer Alibi-Beschäftigung in Form eines an der Wand befestigten Holzrugels.

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Unten: Walter Kälin in Bennau bei Einsiedeln, an abgelegenem Ort, wo kaum je ein Fremder - und sowieso nie ein Schwyzer Tierschutzbeamter - vorbeischaut: Schlimmer als ein KZ. Stall vollgestopft mit total kotverschmierten Schweinen. Diese Tiere, die nie freiwillig in ihren eigenen Kot liegen würden, müssen ihr ganzes Leben in eienr den ganzen Boden bedeckenden Sauce aus Kot und Urin verbringen. Darin müssen sie liegen, schlafen und fressen. Beim Schlafen liegt ihre hochempfindliche Nase dirket in der Gülle:

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Unten: Schweinestall der Molkerei Muotathal: Die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungmöglichkeit fehlt. Die Tiere haben keinen trockenen Liegeplatz, leben permanent in der Gülle:

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Unten: Molkerei Buttikon. Das übliche traurige Bild - ein KZ mitten im Dorf. Enge, dreckige Buchten, kein trockener, sauberer Liegepaltz, keinerlei Beschäftigung, als ob es kein Tierschutzgesetz gäbe. Die Behörden beurteilen immer alles als "gesetzeskonform". Den Konsumenten bleibt nur der Verzicht auf Fleisch, insbesondere Schweinefleisch.

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KZ-ähnliche Zustände sind keine Ausnahme, sondern die Regel in der Schweinehaltung im Kanton Schwyz. Kein Wunder: Auf Anzeige hin unternehmen die Behörden nichts. Der VgT hat Betriebe überprüft, welche vor ein paar Jahren angezeigt wurden: heute die gleichen grauenhaften Zustände. Was würde wohl der freiheitsliebende Tell sagen, wenn er die unschuldigen Tiere in seiner Heimat in derart schrecklichen Gefängnissen dahinvegetieren sähe? Hat es sich gelohnt, für ein solches Volk zu kämpfen, das seine Freiheit und seinen Wohlstand zu schwersten Verbrechen gegen seine Mitgeschöpfe missbraucht?

 

Unten: Auch das ist übler Schwyzer Tier-Alltag, aufgenommen in Brunnen: Junge, spielfreudige Tiere, die gerne herumspringen würden, Tag und Nacht an der Kette. Man beachte: Die Ketten sind so kurz, dass das Kalb nicht einmal den Kopf ganz aufrichten kann (Bild links). Das einsam in eine Kiste (Kälber-Box) gesperrte junge Kalb ist zusätzlich noch mit einem Strick angebunden (bild rechts):
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Aufgefallen bei den Recherchen im Kanton Schwyz ist folgendes: Wo immer die Tierschützer des VgT auf den für die Missstände verantwortlichen Tierhalter stiessen, vermutete dieser sogleich Leute des "Tierschützers Kessler". Offenbar gibt es keine andere Tierschutzorganisation in der Schweiz, die den Missständen vor Ort nachgeht. Weil die Nutztiere eine wirtschaftlich und politisch starke Lobby haben und die Agro- und Fleischmafia in Regierung und Gerichten Rückhalt findet, werden die Nutztiere kläglich im Stich gelassen - wenn es den VgT nicht gäbe. Aber noch hat es dieser Staat, der die gewerbsmässigen Tierquäler nicht bestraft, sondern subventioniert und den VgT mit kostspieligen Gerichtsverfahren, Hausdurchsuchungen und Willkürurteilen zu zermürben versucht, nicht geschafft, dass der Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes vor der Öffentlichkeit völlig verborgen ablaufen kann, wie in den 80er Jahren, als es den VgT noch nicht gab.

Fünfzehn Jahre Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes haben gezeigt: Jede Hoffnung auf Demokratie und Rechtsstaat zur Beseitigung dieses Tierelendes wäre eine Illusion. Der VgT hat schon alles versucht: Anzeigen an die Tierschutz- und an die Strafbehörden bewirken ebensowenig wie Petitionen an das Kantonsparlament und eine Aufsichtsbeschwerde an den Bund: Die Fleisch- und Agro-Mafia hat auch in diesem Kanton ihr Milliardengeschäft fest im Griff. Die Schwyzer Regierung hatte sogar die Kaltblütigkeit öffentlich zu erklären, sie werde von sich aus keine Ställe auf Einhaltung der Tierschutzvorschriften kontrollieren. Und wenn dann der VgT zur Selbsthilfe greift, unter Inkaufnahme von Hausfriedensbruchklagen in die Ställe geht, fotografiert und Anzeigen macht, geschieht auch nichts. Im Kanton Schwyz herrschen Zustände, als ob es überhaupt kein Tierschutzgesetz gäbe. Der einzige Lichtblick, welchen eine Tierschutz-Tour durch den Kanton Schwyz bietet, sind die immer wieder anzutreffenden stillgelegten Schweineställe. Der Trend weg vom Fleisch wirkt offensichtlich! In Dankbarkeit gegenüber der zunehmenden Zahl der Vegetarier gedenken wir all der erlösten Opfer, die früher auch in diesen Mastfabriken dahinvegetierten. Die Schwyzer Behörden täuschen die Bevölkerung seit Jahren mit der Behauptung, sie würden sich ernsthaft um den Tierschutzvollzug kümmern. Zu diesen Täuschungen gehört auch die neueste, von der regierungstreuen Presse brav verbreitete Behauptung, in Sachen Tierhaltung habe "die Umstellung auf Integrierte Produktion IP einen wahren Schub an Verbesserungen ausgelöst". Tatsache ist dagegen, dass die IP gar keine besonderen Anforderungen an die Tierhaltung stellt! Für diese speziell subventionierte, aber weder tierfreundliche noch biologische Wirtschaftsweise würde die Bezeichnung "Intensiv Produktion IP" besser passen. IP wurde von der Agro-Lobby zusammen mit dem von ihr abhängigen Bundesamt für Landwirtschaft extra dazu geschaffen, um eine Umstellung auf eine tierfreundliche, ökologische schweizerische Landwirtschaft vorzutäuschen. Eine weitere ständige Täuschung stellt die Behauptung dar, die Schwyzer Behörden gingen allen Tierschutzanzeigen sofort nach. Verschiedene Schweinefabriken, die wir schon vor Jahren angezeigt haben und wo die Missstände bis heute nicht behoben worden sind, beweisen indessen, dass im Kanton Schwyz nichteinmal die absolut ungenügenden, minimalistischen gesetzlichen Tierschutzmindestvorschriften durchgesetzt werden. Die Behörden tun nur so! Sie gehen bei den angezeigten Betrieben vorbei und rapportieren alles als gesetzeskonform. Auf diese Weise erhalten die gewerbsmässigen Tierquäler im Kanton für ihr grausames Tun laufend amtliche Persilscheine. Der zuständige Regierungsrat Inderbitzin hat seine Verwaltung offensichtlich nicht im Griff - oder will er unter dem Einfluss der Agro-Mafia gar nicht, dass mit dem Tierschutz Ernst gemacht wird? Die Luzerner Zeitung und der "Bote" haben unsere Richtigstellung unterdrückt, ebenso wie sämtliche Bilder über die Zustände in Schwyzer Mastbetrieben und den Hinweis darauf, dass einige davon trotz Anzeigen nicht verbessert wurden. Nur die Mythen-Post hat unseren Bericht ungeschminkt veröffentlicht.

Die heutige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Ausbeutung und Misshandlung der Nutztire zeigt viele Analogien mit der historischen Sklaverei in den amerikanischen Südstaaten. Die Abschaffung der Sklaverei wurde hauptsächlich von der Landwirtschaft, den Farmern und Plantagebesitzern, bekämpft, ähnlich wie sich heute die Agro-Lobby gegen eine Verbesserung des Nutztierschutzes wehrt. Die Argumente waren ähnlich: Die einheimische Landwirtschaft würde eingehen, wenn strengere Gesetze zum Schutz der Sklaven erlassen bzw die Sklaverei abgeschafft würde. Ohne diese billigen Arbeitskräfte sei die einheimische Landwirtschaft nicht mehr konkurrenzfähig. Wie damals geht heut eine Spaltung durch die Gesellschaft: Die einen hielten Neger für blosse Arbeitstier, die zusammen mit dem Vieh versteigert wurden: Ein Rind, ein Neger, dann wieder ein Rind. In gleicher Weise wie die Qualitäten der zu versteigernden Tier geschildert wurden, wurden auch die Sklaven vorgestellt und ihre wirtschaftlichen Vorzüge - die Arbeitsfähigkeit - gepriesen. Wer sich in den Anfängen für die Sklavenbefreiung einsetzte, wurde derart beschimpft, bekämpft und verfolgt wie heute Tierrechtler: Es sei vermessen, Neger und Weisse auf die gleiche Ebene zu stellen. Wer es wagte zu behaupten, eine Negermutter leide genau gleich wie eine weisse Mutter, wenn man ihr das Kind wegnehme, der bekam etwa das gleiche zu hören, wie wenn wir Tierschützer heute fordern, dass Kälber langsam entwöhnt werden, anstatt dass sie der Mutter nach der Geburt brutal weggenommen werden. Welcher Strukturwandel die Abschaffung der Sklaverei zur Folge hatte, ist mir nicht bekannt. Sicher waren diejenigen Betriebe besser dran, welche schon vorher die Zeichen der Zeit erkannt hatten und nicht von Sklavenarbeitern abhängig waren. Heute sind es die Biobetriebe, die lange verlacht und benachteiligt wurden und heute plötzlich im Vorteil sind. Diese Entwicklung wird weitergehen. Leider gehören viele Landwirtschaftspolitiker zu jenem konservativen Kreis, welcher voll in die tier- und umweltfeindliche konventionelle Landwirtschaft investiert haben. Solange diese noch das Sagen haben, bleiben Tierschutz und Landwirtschaft noch auf Konfrontationskurs und das Ansehen der Landwirtschaft wird weiter geschädigt. Da nützt Brunch auf dem Bauernhof und ähnliches wenig. Ein paar Vorzeigebetriebe genügen nicht, um das Vertrauen der Konsumenten zurückzugewinnen, und wer einmal auf vegetarische Ernährung umgestellt hat,wird nicht wieder zum Fleischesser. Ich glaube, dass der Durchbruch des Tierschutzes vielleicht keinen Bürgerkrieg wie bei der Sklavenbefreiung braucht, aber jedenfalls geht es offensichtlich nicht ohne heftigste gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Wir sind mitten drin in einem historischen Wandel in der Einstellung zum Tier. Die Befreiung der Tiere aus der gewerbsmässigen Ausbeutung ist im Gang. Je länger die Landwirtschaftspolitiker sich dieser unaufhaltsamen Entwicklung entgegenstellen, umso grösser wird der Schaden für die Landwirtschaft sein Mit Bauernprotesten auf dem Bundesplatz und mit Landfriedensbruch lässt sich dieser Schaden nicht wieder beseitigen. Wir sind heute nahe an dem Punkt, wo die Öffentlichkeit nicht mehr bereit ist, die Landwirtschaft überhaupt noch irgendwie zu subventionieren. Man kann die Steuerzahler nicht jahre- und jahrzehntelang dazu zwingen, Tierquälerei und Umweltzerstörung zu subventionieren, ohne dass mit solchen Subventionen eines Tages radikal Schluss gemacht wird. Durch die seit Jahren andauernden, nicht endenden Skandale um Nutztiere, Fleisch und Eier ist der Trend zum Vegetarismus massiv beschleunigt worden. Der VgT setzt heute voll auf diese Entwicklung, weil damit für den Nutztierschutz weit mehr erreicht wird als durch halbbatzige Markenlabels, mit denen die Konsumenten ständig neu betrogen werden. Der Trend zum Vegetarismus bedeutet aber nicht, dass keine Landwirtschaftsprodukte mehr konsumiert werden: wer kein Fleisch isst, isst dafür mehr pflanzliche Lebensmittel Schon vor Jahren, als der Bauernverband alle Fortschritte im Tierschutz bekämpfte, wie heute immer noch, habe ich gesagt: Entweder wird mit dem Tierschutz ernst gemacht, oder ihr könnt Eure Ware eines Tages selber essen. Heute sind wir soweit, wie kürzlich eine Umfrage gezeigt hat: Die Bauern essen mehr Fleisch als früher, die ganze übrige Bevölkerung aber weniger.


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