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Das betäubungslose Schächten der Tiere -
Kulthandlung im XX. Jahrhundert?

von Dr med Werner Hartinger (gleichnamiges Büchlein erschienen im Verlag Fred Wipfler, München)

Seit den 70er Jahren macht das in Brüssel etablierte "European Board of Shechita" durch besonderen Einsatz für das betäubungslose Schächten der Tiere auf sich aufmerksam. Die sonst üblichen Informationen über den Initiator und Träger dieser PR-Einrichtung waren im Briefkopf nicht ersichtlich, und als Adresse ist die Synagoge in Brüssel angeführt. Auf Grund zahlreicher Veröffentlichungen, der lobbyistischen Kontakte und nicht zuletzt der Eingaben an die EU-Administration wurde ersichtlich, dass unter dem Prätext eines "Tierschutzes" und unter Hinweis auf den Artikel 9 der Europäischen Menschenrechts-Konvention (freie ReIigionsausübung) die Beratungen über EU-Verordnungen mit dem ZieI einer übernationalen Gesetzgebung zur LegaIisierung des betäubungslosen Schächtens beeinflusst werden sollen.

Damit wären die in fast allen Europäischen Ländern seit langem bestehenden grundsätzlichen Gesetzes-Verbote des Schächtens ausgehebelt worden. Das fand in den entscheidenden Gremien verständlicherweise keine Mehrheit. Würde auf diesem Wege jede Auslegung über religiöse Ernährungsweisen legalisiert, müsste auch den Kannibalen die Genehmigung zur Herstellung ihrer gewünschten Nahrungsmittel erteilt werden. So hat sich wegen des massiven Widerstandes der parlamentarischen Gremien und der Öffentlichkeit der Ministerrat am 22.12.93 entschlossen, keine EU-weiten Gesetzesanweisungen zu treffen, sondern diese Fragen weiterhin von den nationalen Gesetzgebungen regeln zu lassen. ( Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft vom 31.12.93).

Seit dieser Zeit ist besonders im deutschsprachigen Raum der EU eine zunehmende publizistische Aktivität zu beobachten, das betäubunglose Schächten als Religionsvorschrift und als Kulthandlung darzustellen. Doch weder im Alten Testament noch im Talmud finden sich eindeutige Anweisungen darüber, dass die Tötung des Schlachttieres durch Schächtung zu erfolgen habe und noch weniger, daß dies in unbetäubtem Zustand vorgenommen werden müsse. Bei diesbezüglichen Aussagen handelt es sich um persönliche Glaubensüberzeugungen und Auslegungen von Bibelstellen, die teilweise sogar in inhaltlichem Widerspruch zu der eindeutigen Darlegung über das Verhältnis und Verhalten des Menschen zu seinen Mitgeschöpfen stehen. Dies ist verständlich, weil es zur damaligen Zeit noch keine Betäubungsmöglichkeiten gab und diese deshalb auch nicht verboten werden konnten. Es ist schon auffällig, wie man sich gerade auf das betäubungslose Schächten der Tiere versteift und dies als vorgeschriebenes Religionsritual bezeichnet, wo doch ohne erkennbare Gewissenskrupel die belegbaren Religionsanweisungen abgeschafft, verändert oder nicht eingefordert werden Schon lange werden die bis in die Regentschaft des Königs Amasis (570 -526) durchgeführten täglichen drei Menschen-Schächtopfer an Erwachsenen und Kindern nicht mehr vorgenommen. Der tierische Opferdienst wurde im Jahre 70 nChr abgeschafft, das Zu-Tode-Steinigen bei bestimmten Vergehen wird nicht mehr durchgeführt, die Kriegsgefangenen werden nicht mehr durch Herausschneiden der Herzen getötet, die vegetarischen Ernährungsanweisungen im 1. Buch Mose 29-30 werden nicht eingefordert, die Talmud-Anweisungen über die Behandlung der Tiere und ihre Rechtskompetenz werden nicht gewürdigt und das Verbot des Zins-Nehmens beim Geldverleihen ist augenscheinlich vergessen worden. Der weithin bekannte Religionsphilosoph jüdischen Glaubens - Moses Maimonides (1135-1204) - stellte fest, dass die Tieropfer im alten Palästina eine Konzession an die Barbarei waren, und der berühmte Oberrabbiner Dr L Stein schrieb in der israelitischen Gemeindezeitung Nr 1/1880: «Es ist im mosaischen Religionsgesetz keine Spur zu finden, dass das Töten eines zum Genuss erlaubten Tieres durch einen nach zahlreichen strengen Regeln auszuführenden Schnitt in den Hals - Schächten oder Shechita - zu geschehen habe oder gar, dass ein Tier, bei dem diese Handlung unterlassen wurde, zum Genuss verboten sei!»

Diese Situationsbeurteilung wird auch heute noch durch zahlreiche kompetente Veröffentlichungen vertreten wie z.B. die des bekannten Philosophen jüdischen Glaubens Michael Landmann, der in seinem Buche "Das Tier in der jüdischen Weisung" unmiss-verständlich feststellt: «Nirgends in den authentischen Religionsbüchern des Judentums steht, dass das Tier vor dem Schächten nicht betäubt werden dürfe...!» Wenn sich allerdings fundamentalistische Schächt-Befürworter nicht nur auf "Religionsvorschrift", auf "Kulthandlung" und "Re1igionsfreiheit" berufen. sondern trotz einschlägiger veterinärmedizinischer Kenntnisse das Schächten als "tierschützerisch" proklamieren oder sich sogar dazu versteigen, das betäubungslose Schächten als "sanfteste Tötungsmethode" zu bezeichnen und zu behaupten, das Tier habe dabei keine Schmerzen und würde den Tötungsvorgang gar nicht bemerken (Levinger in "Shechita in the light of the year 2000"), muß notwendigerweise etwas genauer darauf eingegangen werden: Zunächst eine Kurzdarstellung des Schächtablaufes in der jüdischen Zeitschrift "Kultur und Gesundheit" vom Mai/Juni 1964: "Das Rind wurde geworfen und liegt auf dem Rücken. Seine Beine sind mit Ketten gebunden und gegen die Decke gestreckt. Das Maul ist mit einem Eisenring am Boden festgespannt. Der überstreckte Hals wird in seiner ganzen Tiefe bis auf die Wirbelsäule querverlaufend durchschnitten. Das Leiden des Tieres ist schrecklich! Das Blut fIiesst wie eine immer stärker werdende Quelle. Das Todesringen dauert bis zu 13 Minuten!"

Nach den Vorschriften der Shechita müssen dem Tier die Beine zusmmengebunden werden, dann wird es so auf die Seite geworfen. Der Kopf wird mit maximaler Gewalt nach hinten gezogen um den Hals zu überstrecken. In dieser Stellung werden ihm die Halsweichtei1edurchschnitten und es an-schliessend an einem Hinterbein zum Ausbluten aufgehängt.Wenn vorhanden, wird dazu oft eine "Umlegetrommel" verwendet. Auf diese Weise werden zunächst die Haut und die oberflächlichen Halsmuskeln durchschnitten, dann die tieferliegende Luft-röhre unterhalb des Kehlkopfes, so dass eine Lautäusserung nicht mehr möglich ist. Im gleichen Zug durchtrennt man die Speiseröhre und die daneben liegenden Nerven, die das Zwerchfell motorisch versorgen, sowie die beiden Halsschlagadern. Während des Ausblutens thrombosieren und verstopfen häufig ihre körpernahen Gefässenden, so dass nachgeschnitten werden muss.

Infolge der geschädigten Zwerchfell-Nerven kommt es zu einer Zwerchfell-Lähmung und wegen des Aufhängens wird es vom Bauchinhalt kopfwärts gedrängt. Das führt zu einer Beeinträchtigung der Atmung, die auf der Bewegung dieser Muskel-Sehnen-Platte beruht. Zu den unerträglichen Schnittschmerzen und der ungewohnten Hängelage bekommt das Tier somit noch Todesangst durch Atemnot. Wegen des angst-, atemnot- und schmerzbedingt verstärkten Atmungsvorganges wird das Blut und der aus der Speiseröhre austretende Vormagen-Inhalt häufig in die Lungen aspiriert, was zusätzlich schwere Erstickungsanfälle verursacht. Und das alles - im Gegensatz zu den Behauptungen der Schächt-Befürworter - bei vollem Bewusstsein und uneingeschränkter Schmerzempfindung! Denn mit dem Schächtschnitt wurden nur die beiden Halsschlagadern durchtrennt, nicht aber die in der Halswirbelsäule liegenden paarigen Wirbelsäulen-Arterien und ebenso wenig die Nackenarterien. Beide sind von gleicher Größe wie die Halsarterien und haben im Kopf und im oberen Halsbereich zahlreiche massive Gefässverbindungen - Anastomosen -, die weiterhin für eine ausreichende Blutversorgung des Gehirnes sorgen. Neben den bekannten Schutzfunktionen, die bei Blutverlust des Körpers die periphere Blutversorgung zugunsten von Gehirn, Herz und Nieren bis auf Null reduzieren, sorgt der orthostatische Blutdruck im Gefässsystem des aufgehängten Tieres zusätzlich für eine Gehirndurchblutung. Sie hält das Tier bei Bewusstsein, bis mit schlagendem Herzen fast das gesamte zirkulierende Blut des Gefässsystems aus den durchschnittenen Halsschlagadern ausgelaufen ist. Filmaufnahmen belegen eine koordinierte Reaktionsfähigkeit und bewusste Orientierung des weitgehend ausgebluteten Tieres, das nach seiner Entfesselung mit der entsetzlichen Halswunde aufsteht und fluchtartig dem Ausgang des Schlachtraumes zustrebt.

Um diese barbarische Schlachtmethode zu begründen, beruft man sich unter anderem auf die alttestamentarischen Aussagen im V. Buch Mose 12,23, wo es heisst: "Nur vor einem hüte dich, dass du das Blut nicht issest. Denn ihr Blut [der Tiere] gilt für ihre Seele. Darum darfst du seine Seele nicht mit dem Fleische essen."

Vielfache wissenschaftlich fundierte und unabhängige Untersuchungen haben schon lange belegt, dass im Fleisch eines unbetäubt geschächteten Tieres ebenso viel Restblut enthalten ist, wie von dem vorher betäubten Tier. Es ist also eine aufrecht erhaltene Illusion, dass der gläubige Jude beim Fleischgenuss kein Fremdblut zu sich nähme. Wenn der strenggläubige Jude sich streng an das göttliche Gebot halten will, muss er - entsprechend den Ernährungsanweisungen im I. Buch Mose - auf das Fleisch verzichten! Das ist jedenfalls die Meinung des bekannten jüdischen Philosophen Leon Pick, der die Anweisungen kein Blut zu essen als "ein tatsächliches Verbot des Fleischverzehrs" auslegt


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