Nobelpreisverleihung als Werbestrategie:

Prof Zinkernagel, Uni Zürich - Werber für Gentech

von Erwin Kessler

In der Ausgabe 1/1997 der Zeitschrift "Natürlich" wurden die Hintergründe der Nobelpreisverleihung an Prof Rolf Zinkernagel (Universität Zürich) beleuchtet. Das Ganze war ein von der Gentech-Lobby zusammen mit dem Nobelpreis-Komitee - dem Tierexperimentatoren und Gentechnologen angehören - abgekartetes Spiel: Für die kommende Volksabstimmung über die Genschutz-Initiative, die ein Signal sein wird weit über die Landesgrenze hinaus, wurde ein Schweizer Forscher als Werbeträger gesucht, der (wie Walter Hess im Natürlich schrieb) bescheiden und sympathisch wirkt, der seinerzeit an vorderster Front die Volksinitiative zur Abschaffung der Vivisektion bekämpft hat, der Tierversuche über alles liebt, für deren Fortsetzung kompromisslos kämpft, auch ein Herz für transgene Mäuse hat, also für gentechnisch veränderte und krank gemachte Organismen, und für deren Patentierung einsteht, offen und öffentlich. Es soll an einem solchen Exempel dargelegt werden, dass Tierversuche zum Nobelpreis führen, also gewissermassen eine Vorbedingung sind, wenn man zu dieser Ehre kommen will. Auf den Inhalt des Forschungsprogrammes oder seine Qualität und Aktualität kommt es weniger an. Auch vor vergilbten Forschungsergebnissen braucht man nicht zurückzuschrecken, falls nichts Frisches aufzutreiben ist.

Der Gesuchte wurde in der Person von Prof Rolf Zinkernagel gefunden, dessen neuestes Paradepferd eine gentechnisch veränderte Diabetes-Maus ist. Zinkernagel hat zusammen mit einem australischen Forscher vor 22 (in Worten: zweiundzwanzig) Jahren eine Theorie aufgestellt, wie das Immunsystem virusinfizierte Zellen erkennt und wie eine Immunzelle die virus- oder tumorbefallene Zelle zerstören kann.

So bescheiden wie er sich gibt, ist Zinkernagel offenbar doch nicht. Jedenfalls hat er allein in der Schweiz mindestens vier Wohnsitze. Ich habe Prof Zinkernagel über seinen Umgang mit Tieren interviewt:

Zinkernagel:

Guten Tag, Herr Kessler, Sie haben mir einen unhöflichen, respektlosen Brief geschrieben.

Kessler:

Nicht unhöflich, nur direkt. Und wieviel Respekt ich vor Ihnen nach unserem Gespräch haben werde, wird sich zeigen. Was Sie öffentlich vertreten, hat meinen Respekt nicht gewonnen.

Z:

Sie haben mich in Ihrem Brief gefragt, ob ich - wegen meinem Namen - Jude sei und was ich allenfalls vom Schächten halte. Das ist geradezu rassistisch, wie wenn ich Sie wegen Ihrem Namen Kessler fragen würde, ob Sie von Zigeunern abstammen und was Sie vom Stehlen halten.

K:

Das dürfen Sie gerne fragen. Ich würde antworten: Der Name Kessler kommt von Kesselflicker. Deshalb stamme ich wahrscheinlich von Zigeunern ab. Es ist mir egal, von wem ich abstamme, und Stehlen lehne ich ab. Inzwischen weiss ich aber, dass Sie nicht Jude sind, womit das Thema Schächten erledigt ist. Mir geht es grundsätzlich darum, Ihre Einstellung zum Tierschutz festzustellen.

 

Lehnen Sie qualvolle wissenschaftliche Versuche an Menschen, die sich nicht freiwillig zur Verfügung stellen, ab - auch wenn durch einen einzigen solchen Versuch Millionen von Menschenleben gerettet werden könnten?

Z:

Ja, selbstverständlich.

K:

Lehnen Sie auch qualvolle Versuche an Tieren ab?

Z:

Solche Tierversuche sind verboten. Das Gesetz lässt solche Versuche nur ausnahmsweise zu.

K:

Im letzten Jahr wurden in der Schweiz 52 914 solcher "Ausnahmen" bewilligt. 52 914 sehr qualvolle Tierversuche des höchsten Belastungsgrades. Bei Menschen würden Sie solche Ausnahmen unbedingt ablehnen, egal welcher Nachteil dies für die Forschung darstellt?

Z:

Ja, unsere Gesellschaft lehnt das ab. Essen Sie Fleisch?

K:

Nein.

Z:.

Dann sind Sie wenigstens konsequent.

K:

Welcher Art sind die Tierversuche, die Sie für Ihre gentechnologische Forschung durchführen?

Z:

Gleich wie auf anderen Forschungsgebieten.

K

Ich habe gemeint, Sie arbeiten nur mit Mäusen?

Z:.

Ja, das stimmt.

K:

Andere Forscher arbeiten auch mit Hunden, Katzen, Affen, Schweinen etc. Werden Sie auch zu höheren Säugetieren übergehen, wenn Ihre Arbeiten fortgeschritten sind?

Z:

Nein, das ist nicht nötig. Unsere immunologischen Versuche sind recht gut von Mäusen auf Menschen übertragbar. In der Immunologie sind Mäuse dem Menschen ähnlich. Andere Versuchstiere, auch höhere, hätten keine Vorteile.

K:

Wieviele Mäuser verbrauchen Sie jährlich.

Z:

Grössenordnung 10 000.

K:

Und wieviele werden qualvollen Versuchen unterworfen?

Z:

Der höchste Belastungsgrad 3 nur etwa bei 1 Prozent. 90 Prozent der Versuche sind schwach belastend (Belastungsgrad 1) und der Rest ist Belastungsgrad 2.

K:

1 Prozent von 10 000 sind 100 Tiere, die in Ihrem Labor jährlich sehr qualvoll sterben. Wozu brauchen Sie solche Versuche?

Z:

Wir arbeiten mit einem Virus, das Hirnhautentzündung auslösen kann. Das kann sehr qualvoll sein.

K:

Erhalten diese Mäuse keine Schmerzmittel? Würde das Ihre Versuche stören?

Z:

Unsere Versuche würde das nicht stören. Aber man weiss über die Anästhesie von Mäusen noch zu wenig. Eine Arbeitsgruppe an der Universität Bern arbeitet an diesem Problem. Da besteht sicher ein Nachholbedürfnis.

K:

Merkwürdig. Tierversuche an Mäusen ist ja nichts Neues.- Ich stelle immer wieder fest, dass das quantitativ grösste Leiden der Versuchstiere eigentlich nicht durch die Experimente, sondern durch tierquälerische Haltungsbedingungen verursacht werden. Während es ethisch zumindest sehr fraglich ist, ob ein allfälliger Nutzen für die Menschen überhaupt qualvolle Tierversuche rechtfertigt, ist es sicher so, dass eine nicht tiergerechte Haltung dieser Tiere aus rein wirtschaftlichen Gründen verwerflich ist. Darüber gibt es nichts zu diskutieren. Wie halten Sie Ihre Mäuse?

Z:

Gemäss den gesetzlichen Vorschriften. 5 Mäuse im kleinen Standardkäfig. Für mehr Tiere werden etwas grössere Käfige benutzt.

K:

Das sind die bekannten bzw berüchtigten Macrolon-Käfige, bestehend aus einer kleinen, durchsichstigen Kunststoffschale mit Sägemehl und einem Gitter darüber - eine tierquälerische Haltung. Lediglich die völlig ungenügenden gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, ist ethisch unverantwortbar.

Z:

Die Versuchstiere sind unsere Hauptkosten. Wenn wir die Haltung verbessern wollten, müssten wir die Tierversuche aus Kostengründen aufgeben.

K.

Das können Sie doch gar nicht sagen. Sie wissen ja gar nicht, welche Verbesserungen ich für nötig halte. Ich habe schon oft festgestellt, dass mit relativ geringem Aufwand entscheidende Verbesserungen möglich sind. Mäuse sind intelligente, neugierige Tiere, die eine Beschäftigung brauchen, dh einen grossen, "möblierten" Käfig mit Nestbox, Kletter-, Spiel- und Versteckmöglichkeiten.

Z:

Es hat Kartonröhren und Papierschnitzel in den Käfigen.

K:

Wo sind diese Käfige? Kann ich sie sehen?

Z:

Die Versuchstierhaltung ist zentralisiert im Zentrallabor der Universität.

K:

Kann ich dieses Labor besichtigen?

Z:

Ich denke schon. Melden Sie sich dort.

K:

Herr Professor Zinkernagel, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Die Ratten und Mäuse Zingernagels im Uni-Labor:

Anmerkungen:

Die Gentechnologie hat in Zürich zu einer Zunahme der Tierversuche geführt - allein 10 000 Mäuse jährlich an der Abteilung für experimentelle Immunologie von Prof Zinkernagel. Diese Tiere sind degradiert zu statistischem Verbrauchsmaterial. An Alternativmethoden auf Zellkulturbasis denkt Zinkernagel schon gar nicht, obwohl sich diese Methoden in der immunologischen Forschung an anderen Universitäten, zB an der Universität Konstanz, bewährt und zu einer drastischen Reduktion der Tierversuche geführt haben. Über Leichen zum Nobelpreis!

Im biologischen Zentrallabor der Uni Zürich, im Zentrum der Stadt, befinden sich in mehreren unterirdischen Geschossen ständig rund 10 000 Mäuse in Versuchen, ein Drittel davon geht auf das Konto Zinkernagel. Hingegen ist es, wie der Laborleiter erklärt hat, nicht so, dass viele Mäuse das sehr qualvolle "Belastungsstadium 3" erreichen, weil über die Analgesie bei Mäusen zu wenig bekannt ist. Vielmehr wird das Leiden dieser Tiere aus rein praktischen Gründen des Handlings nicht vorher, in einem frühen Stadium, erkannt. Deshalb werden sie oft erst euthanasiert, wenn dem Tierpfleger die Symptome grösster Qualen auffallen; bei 10 000 Tieren kann das seine Zeit dauern. Während der Arbeitszeit, wo die Räume hell erleuchtet sind, schlafen diese nachtaktiven Tiere. Da ist es schwierig, leidende Tiere frühzeitig zu erkennen. Schweres Tierleid ist offenbar eine kaum vermeidbare Nebenerscheinung auch ansich harmloser Versuche. Die Folgerung kann nur heissen: Drastische zahlenmässige Einschränkung der Tierversuche - mit oder ohne Alternativen. Da die Gentechnologie zu einer ethisch unverantwortlichen, markanten Zunahme der Tierversuche führt, empfiehlt der Verein gegen Tierfabriken VgT die Genschutz-Initiative zur Annahme.

Im übrigen leiden die Tiere nicht nur aus medizinischen Gründen, sondern allein schon durch die extreme Enge in den kleinen Käfigen. Eine ganze Mäusefamilie hat nur gerade eine Kunststoffschale 16 x 22 cm als Lebensraum zur Verfügung. Die Tierschutzverordnung erlaubt extreme Belegungsdichten dieser kleinen Käfige - so extrem, dass verantwortungsbewusste Laborleiter diesen gesetzlichen Freipass zur Tierquälerei nicht ausnützen. Aber es ist unvermeidlich, dass diese untaugliche gesetzliche Norm anstatt die natürlichen Bedürfnisse der Tiere den Massstab setzen. Ein bisschen weniger Tierquälerei gilt schon als fortschrittlich. Aus ethischer Sicht müssten Versuchstiere für das Leiden im Versuch zumindest durch grosszügige, komfortable Haltungsbedingungen entschädigt werden. Dass das Gegenteil der Fall ist und von konservativen Tierschutzvereinen und in die Alibi-Tierversuchskommissionen delegierten Alibi-Tierschützer geduldet wird, zeigt klar, dass die ständigen Versprechen der Tierversuchs-Industrie und der Behörden, das Leiden der Versuchstiere werde auf das unerlässliche Mass beschränkt, eine einzige grosse Lüge ist. Auch hier - wie im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztiere - bleibt das Tierschutzgesetz toter Buchstabe. Wenn die Forschungsmittel so knapp sind, dass die Versuchstiere nicht tiergerecht gehalten werden können, dann lassen sich auch die Traum-Honorare der Forscher nicht rechtfertigen. Professor Zinkernagel wohnt jedenfalls an seinem Hauptwohnsitz in Zumikon und in seinen zwei weiteren Wohnsitzen in Basel und im Wallis bedeutend grosszügiger als seine Mäuse.


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