VN 00-3

Hintergr�nde des Nutztier-Dramas
von Dr Erwin Kessler, Pr�sident VgT Verein gegen Tierfabriken Schweiz

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�sterreich hat kein Tierschutzgesetz. Zwar haben einzelne Bundesl�nder Tierschutzgesetze; diese stammen aber zum Teil aus einer Zeit, als es die Massentierhaltung noch gar nicht gab. In L�ndern wie der Schweiz, Deutschland, Schweden oder Grossbritannien mit angeblich fortschrittlichen Tierschutzgesetzen sieht die Intensivtierhaltung �hnlich schlimm aus wie in �sterreich. Tierschutzgesetze n�tzen offensichtlich kaum etwas. Woran liegt das? Ich werde immer wieder gefragt: Warum gibt es diese Massentierqu�lerei immer noch, wir haben doch seit 20 Jahren ein Tierschutzgesetz?

Die Gr�nde f�r diese erstaunliche Unwirksamkeit der Tierschutzgesetze sind vielf�ltig und verwoben -"verfilzt"; ein politischer Interessenfilz sorgt daf�r, dass die Ausf�hrungsvorschriften zu den gutklingenden Grunds�tzen im Tierschutzgesetz so verw�ssert und mit Ausnahmeregelungen durchsetzt werden, dass kaum noch etwas Wirksames zum Schutz der Tiere �brig bleibt. Und das Wenige was bleibt, wird von den zust�ndigen Verwaltungsstellen (Veterin�r- und Landwirtschafts�mter) nicht durchgesetzt. Damit diese undemokratischen, rechtswidrigen Machenschaften nicht gest�rt werden, haben Tierschutzorganisationen kein Klagerecht, und dem VgT hat das Bundesgericht auch das Verbandsklagerecht gegen unlauteren Wettbewerb und Konsumentent�uschungen weggenommen. Gleichzeitig werden die Konsumenten mit dem wohlklingenden, angeblich “besten Tierschutzgesetz der Welt” beruhigt und bei Appetit auf “Schweizer Fleisch” gehalten. Damit dieser Riesenschwindel m�glichst nicht auffliegt, wird der VgT - die einzige Tier- und Konsumentenschutzorganisation der Schweiz, welche die Wahrheit schonungslos aufdeckt und die Verantwortlichen beim Namen nennt - massiv bek�mpft und unterdr�ckt. Wo immer der VgT mit friedlichen Kundgebungen auf Tierqu�lereien aufmerksam macht, hagelt es verfassungs- und menschenrechtswidrige Kundgebungs- und �usserungsverbote - gedeckt bis hinauf zum Bundesgericht. Wegen krasser Verletzung der Meinungs�usserungsfreiheit hat der VgT zur Zeit beim Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte 12 Beschwerden gegen die Schweiz h�ngig (www.vgt.ch/justizwillkuer/index.htm). Dieser Gerichtshof wird von den europ�ischen Regierungen finanziell so kurz gehalten, dass die Behandlung von Beschwerden zur Zeit �ber f�nf Jahre dauert.

Da diese staatlichen Verbote den VgT bisher weder moralisch zerm�rben noch finanziell ruinieren konnten und auch der Boykott des VgT durch s�mtliche Grossdruckereien der Schweiz den VgT nicht lahm legen konnten - die VgT-Nachrichten (VN) werden seit zwei Jahren in �sterreich gedruckt - ist im letzten Dezember nun auch die schweizerische Staatspost als politisches Mittel gegen den VgT eingesetzt worden: Die Post hat sich dem Verteilboykott der privaten Direktwerbungsorganisationen angeschlossen und weigert sich, die VN auszutragen mit der Begr�ndung, es w�rden darin zuviele Tierhalter namentlich kritisiert. (Nicht betroffen vom Postboykott sind nur die adressierten Sendungen an Abonnenten. Der gr�sste Teil der Auflage wird jedoch als unadressierte Sendungen in alle Briefk�sten in wechselnden Regionen verbreitet.) Inzwischen konnten wir zwei private Verteilfirmen finden, welche den Boykott nicht mitmachen. Damit konnte der VgT auch diese Krise bew�ltigen und ging haarscharf an seiner endg�ltigen Lahmlegung vorbei. Die vorliegende Ausgabe der VN wird in den Kantonen ZG, BS und BL in alle Briefk�sten verteilt. Die VN ist keine Mitgliederzeitschrift, sondern ein Mittel zur Aufkl�rung der �ffentlichkeit.

Dank dem anhaltend starken Mitgliederwachstum (zur Zeit hat der VgT 11 000 Mitglieder und es kommen j�hrlich �ber 1000 neue dazu) und den vielen treuen G�nnern konnte der VgT bisher allen diesen Repressionen widerstehen. Nun greift der Staat zunehmend zu strafrechtlichen Sanktionen. Bereits bin ich als Pr�sident des VgT wegen meiner Kritik am grausamen Sch�chten zu 45 Tagen Gef�ngnis unbedingt verurteilt. (Die Strafe ist noch nicht vollzogen, da der Fall bei Redaktionsschluss noch beim Bundesgericht h�ngig war. Mehr dazu unter www.vgt.ch/justizwillkuer/schaecht-prozess.htm). Als “rassendiskriminierend” haben die Gerichte unter anderem die folgende Frage an die j�dische Bundesr�tin Dreifuss beurteilt:
"Sehr geehrte Frau Dreifuss,... wir nehmen mit Befremden zur Kenntnis, dass Sie schlimme Tierqu�lerei, die im Namen Ihres j�dischen Glaubens begangen wird, gutheissen und dies als eine Frage der Glaubensfreiheit bezeichnen. W�ren Sie wohl auch so tolerant, wenn sich eines Tages Menschenfresser bei uns niederliessen, deren Glaube vorschreibt, jede Woche das Herz einer J�din zu fressen? W�rden Sie dann dazu auch - mit Ihren eigenen Worten formuliert - sagen: 'Das ist f�r mich eine Frage der Glaubens- und Gesinnungsfreiheit. Wer sich davon distanziert, masst sich Kritik an religi�sen Werten an, die gewissen Menschen wichtig sind.'?"
Diese Frage, mit der ich Bundesr�tin Dreifuss einen Spiegel vorhalten wollte, hat offensichtlich nichts mit Rassendiskriminierung zu tun, aber der Rassismus-Gummiartikel ist eben ein patentes Mittel, um die Justiz f�r politische Zwecke gegen Tiersch�tzer zu missbrauchen, die anders nicht zum Schweigen gebracht werden k�nnen. Wer einer Bundesr�tin eine unangenehme, kritische Frage stellt, auf die sie keine Antwort weiss, muss ins Gef�ngnis. Das sagt mehr �ber die Schweiz 2000 aus, als eine aufw�ndige, mit Steuergeldern finanzierte Propaganda-Landesausstellung.

Eine n�chste Anklage gegen mich mit Antrag auf 3 Monate Gef�ngnis ist bereits vor dem Bezirksgericht B�lach h�ngig. Mir wird vorgeworfen, ich habe K�he, die illegal lebensl�nglich an der Kette gehalten wurden, von der Kette befreit, in einer Schweinefabrik Fotoaufnahmen und in einer t�rkischen Sch�cht-Metzgerei Videoaufnahmen gemacht. Auch “N�tigung” des Klosters Fahr wird mir vorgeworfen, weil ich dem Kloster mitteilte, wir w�rden mit unseren Protesten solange fortfahren, bis die Tiere auf dem kl�sterlichen Landwirtschaftsbetrieb endlich anst�ndig gehalten werden. Und bereits ist eine Z�rcher Bezirksanw�ltin daran, eine weitere Anklage vorzubereiten, diesmal mit Gef�ngnis �ber einem Jahr, weil ich in den VN �ber den Sch�chtprozess gegen mich berichtete, womit ich die inkriminierten �usserungen wiederholt h�tte.

Lernen aus der Geschichte

Linke Politiker und j�dische Kreise fordern ebenso lautstark wie heuchlerisch eine “Geschichtsaufarbeitung zur Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Damit kann sehr praktisch von den ungel�sten heutigen Problemen abgelenkt werden.
Was heute mit den Nutztieren geschieht, hat sich in der neueren Geschichte schon wiederholt mit Wehrlosen abgespielt, ohne dass die Gesellschaft daraus lernen kann oder will. Das selbstgef�llige Verurteilen fr�herer Generationen ist viel einfach als zu sehen, dass heute wieder �hnliches abl�uft.

Die Indianerverfolgung und -Vernichtung, die Sklaverei, die Inquisition und Hexenverfolgung, die Verfolgung und Ausrottung von Juden und Zigeunern - das alles sind historische Ereignisse, deren psychosoziale und politische Mechanismen wir in der heutigen Ausbeutung der Tiere wiederfinden.

Die Neger-Versklavung hat viele Parallelen zur heutigen Ausbeutung der landwirtschaftlichen Nutztiere. Auch die Ausbeutung der Sklaven fand vor allem in der Landwirtschaft, auf den Farmen und Plantagen statt. F�r den Fall, dass die Sklaverei verboten w�rde, prophezeite die Agro-Lobby den Ruin der einheimischen Landwirtschaft. �hnliche Drohungen verbreitet die Agro-Lobby heute f�r den Fall, dass die tierqu�lerischen Formen der Nutztierhaltung unterbunden w�rden. Im Buch "The Dreaded Comparison" (ISBN: 0-86571-141-0), was soviel heisst wie "Der schreckliche Vergleich" werden die Analogien zwischen Sklaven- und Nutztierausbeutung historisch aufgezeichnet. Darin ist ein ergreifender Bericht eines amerikanischen Sklaven aus dem Jahr 1854 enthalten, den ich hier ins Deutsche �bersetzt wiedergebe:
Ich sah meine Mutter nur vier oder f�nfmal in meinem Leben, und jedesmal war es sehr kurz und in der Nacht. Sie geh�rte einem Mr Steward, der ungef�hr zwanzig Kilometer entfernt wohnte. Sie machte diese Reisen, um mich in der Nacht zu sehen - den ganzen Weg hin und zur�ck zu Fuss, nach der harten Tagesarbeit. Sie war Hilfsarbeiterin auf dem Feld. Wer bei Sonnenaufgang nicht auf dem Feld war, wurde ausgepeitscht...

Jedesmal, wenn ich an diese Geschichte denke, l�uft es mir kalt den R�cken hinunter, Tr�nen und Wut �berkommen mich und ich w�nschte mich in jene Zeit zur�ck, um dieser Mutter helfen zu k�nnen. Dabei w�re ich damals genauso machtlos gewesen wie heute angesichts des �hnlichen Unrechts gegen�ber den Nutztieren. Als ich das vor den Toren der Stadt Z�rich gelegene Kloster Fahr der "Kindsentf�hrung" bezichtigte, weil die frischgeborenen K�lber ihren M�ttern weggenommen und einsam in eine Holzkiste gesperrt werden, hat mir das Bezirksgericht Baden diese und andere Kritik an der kl�sterlichen Tierhaltung mit einer sofortigen Verf�gung bei Strafandrohung verboten (ww.vgt.ch/justizwillkuer/index.htm).

Wer damals schwarzen M�ttern Mutterliebe nachsagte, wurde genauso als sentimental und extrem betrachtet, wie wenn wir heute die Begriffe Mutterbindung und Kindsentf�hrung im Zusammenhang mit K�hen und K�lbern verwenden.

Seit den letzten Hexen-Prozessen in der Schweiz ist es erst gute 200 Jahre her. Zeitgenossen waren Mozart, Schiller, Goethe, Kant, Pestalozzi. Im Jahr 1782 wurde in der Schweiz die letzte Hexe Anna G�ldin hingerichtet; es war ein politischer Justizmord. Die Willk�r und Absurdit�t mancher Gerichtsverfahren gegen uns Tiersch�tzer erinnert mich immer wieder an diese Hexen-Prozesse, die nicht etwa - wie viele glauben - von kirchlichen Inquisitoren, sondern von den normalen Gerichten, von studierten Juristen, durchgef�hrt wurden. Die Art und Weise, wie im Prozess gegen Anna G�ldin Recht und Vernunft den Interessen des d�rflichen Politfilzes gebeugt wurden, treffen wir heute in der politischen Gerichtswillk�r gegen den VgT wieder an. Alles ist verfeinert und subtiler geworden, entspringt aber demselben Geist. Ich werde nicht wie Anna G�ldin mit dem Schwert gek�pft; der Politfilz versucht mich mit Verboten, hohen Gerichtskosten und Gef�ngnis zum Schweigen zu bringen. Vielleicht gibt es in der Schweiz keine Hexen mehr - bestimmt aber politisch Verfolgte.

 

Das Buch von Erwin Kessler: Tierfabriken in der Schweiz - Fakten und Hintergr�nde eines Dramas, 1991 erschienen im Orell F�ssli Verlag, leider immer noch aktuell, im Buchhandel vergriffen, aber noch erh�tlich beim VgT f�r 45 Fr, inkl Versandkosten (Einzahlungsschein f�r Bestellung erh�ltlich bei Email).
Das Buch ist vollst�ndig auch im Internet unter www.vgt.ch/buecher/kessler


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