Kundgebungsverbot Kloster Fahr zum dritten mal vor dem Bundesgericht

 

Das vom Aargauer Obergericht gegen vier Mitglieder des VgT verh�ngte Kundgebungsverbot Kloster Fahr wurde vom Bundesgericht bereits zweimal aufgehoben. Gegen das zum zweiten mal revidierte Urteil ist am 30. Juli 1999 erneut staatsrechtliche Beschwerde erhoben worden   (Auszug):

  

Staatsrechtliche Beschwerde

 im summarischen Verfahren

 Kloster Fahr, 8103 Unterengstringen, Kl�ger und Beschwerdegegner,
vertr. d. RA Dr Peter Conrad, Postfach 2079, 5400 Baden,

gegen

 

1. Verein gegen Tierfabriken VgT,
2. Dr. Erwin Kessler,
3. Heidi K.,
4. Marl�ne G.,
5. Dora H.,                                                             Beklagte und Beschwerdef�hrer (BF),

alle vertreten durch den Unterzeichnenden,

 betreffend Besitzesschutz

zur Aufhebung des

 Entscheides des Obergerichtes des Kantons Aargau vom 19. April 1999,

mit dem

 

Antrag,

der angefochtene Entscheid sei aufzuheben,

unter Kosten- und Entsch�digungsfolge zu Lasten des Kl�gers.

 

Begr�ndung:

 

I. Sachverhalt

1.

Im Jahr 1994 sind dem VgT von Spazierg�ngern verschiedene Beschwerden und Fotos zugegangen �ber die mitleiderregende Nutztierhaltung im Kloster Fahr. Mitglieder des VgT konnten sich in der Folge davon �berzeugen, dass die geschilderten Zust�nde der Wahrheit entsprachen. Ein Schreiben an die bekannte, im Kloster Fahr residierende Dichterin Schwester Silja Walter brachte nicht die erhofften Verbesserungen. Der VgT hatte deshalb keine andere Wahl, als die kl�sterliche Tierhaltung �ffentlich zu kritisieren und hat dazu die einzigen verf�gbaren legalen M�glichkeiten genutzt: Pressemitteilungen, Verteilen von Drucksachen und Kundgebungen mit Appellwirkung an die �ffentlichkeit - alles Aktivit�ten, welche durch die Meinungs�usserungs- und Demonstrationsfreiheit gesch�tzt sind (EMRK Art. 10 und 11).  

Die friedlichen und ruhigen Kundgebungen, die sich im Wesentlichen im Aufhalten von Spruchb�ndern und dem Verteilen von Informationsschriften ersch�pften, fanden jeweils im �ffentlich zug�nglichen Bereich des Klosterhofes, wo sich ein �ffentliches Restaurant samt Parkplatz befindet und wo ein �ffentlicher Spazierweg durchf�hrt, statt. Die Kundgebungen waren vom Kloster ausdr�cklich geduldet, wenn auch die ge�usserte Kritik vehement be-stritten wurde. Weder das Kloster noch die teilweise vorsorglich anwesende Polizei wies die Kundgebungsteilnehmer vom Platz. Im Gegenteil organisierte das Kloster am Sonntag, den 10. M�rz 1996, auf die angek�ndigte VgT-Kundgebung hin eine kleine Gegendemonstra-tion, indem eine vorbereitete Tafel mit dem Text "Erwin Kessler l�gt" aufgestellt wurde. Der Beweis hief�r hat sich am 1. September 1998 bei Zeugeneinvernahmen vor der Bezirks-anwaltschaft I f�r den Kanton Z�rich (Strafuntersuchung wegen angeblichen Hausfriedens-bruches von Erwin Kessler im Kloster Fahr an diesem 10. M�rz 1996) ergeben: Mehrere vom Kloster Fahr angerufene Zeugen haben ausgesagt,

  1. dass das fragliche Areal und die Stallungen dem Publikum offen stehen und
  2. dass diese Tafel vom Bruder des kl�sterlichen Betriebsleiters vorbereitet worden sei.

Wer gegen eine angek�ndigte Kundgebung eine Gegendemonstration organisiert, anstatt die Kundgebungsteilnehmer von seinem �ffentlich zug�nglichen Grundst�ck zu verweisen bzw von der Polizei wegweisen zu lassen, der kann im nachhinein nicht im Ernst behaupten, mit der Kundgebung sei verbotene Eigenmacht ausge�bt worden. Das angefochtene Urteil ist willk�rlich, insofern es auf der Annahme verbotener Eigenmacht beruht (Voraussetzung f�r das Kundgebungsverbot auf dem �ffentlich zug�nglichen Teil des Klosterareals).

Nova-Beweis: Beizug der Akten der Bezirksanwaltschaft I f�r den Kanton ZH in der Strafsache Kloster Fahr gegen Erwin Kessler (Unt Nr B�ro 4/1997/000038). 

2.

Im Laufe der jahrelangen Auseinandersetzung zeigten die Klosterverantwortlichen keinerlei Einsicht, stritten die Missst�nde ab oder rechtfertigten diese damit, die gesetzlichen Mindestvorschriften w�rden nicht verletzt. Da ein unmenschlicher Umgang mit Tieren in Kl�stern in der �ffentlichkeit nicht verstanden wird und berechtigte Emp�rung ausl�st, erhielt diese tiersch�tzerische Auseinandersetzung grosse Publizit�t, was Dritte veranlasste, Leserbriefe an Zeitungen und/oder direkt an das Kloster zu senden. Einmal kam es auch zu einer illegalen Protestaktion angeblich durch die "Tierbefreiungsfront" (TBF), indem diese Organisation in der Klosterkirche eine �bel riechende Fl�ssigkeit verspr�ht und damit an den B�nken Lacksch�den verursacht haben soll.  

In der Folge leitete das Kloster Fahr am 14. M�rz 1996 eine Besitzesschutzklage ein gegen den VgT und gegen die TBF, letztere gem�ss Klageschrift vertreten durch die. Beklagten 2-5. Am gleichen Tag erliess die Gerichtspr�sidentin 4 des Bezirksgerichts Baden gegen die Beklagten ein sofortiges Betretungsverbot der Grundst�cke des Klosters. Mit Verf�gung vom 10. Juni 1996 wurde die vorsorgliche Massnahme dahingehend abge�ndert, dass den Beklagten das Betreten der Grundst�cke des Klosters lediglich in Verbindung mit Demon-strationen gegen die Tierhaltung des Klosters verboten wurde.  

Weil das Kloster nicht in der Lage war, die Behauptung, die Beklagten 2-5 w�rden der TBF angeh�ren, zu beweisen oder auch nur glaubhaft zu machen, zog es dann seine Klage gegen die TBF im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens zur�ck, erweiterte die Klage gleichzei-tig aber auf die Beklagten 2-5 pers�nlich. 

Diesen unzul�ssigen Parteiwechsel lehnte das Bezirksgericht ab: Es erliess einen Abschreibungsbeschluss wegen Klager�ckzuges bez�glich der TBF bzw der neu pers�nlich bzw als angebliche Organe des VgT ins Recht gefassten Beklagten 2-5 und verf�gte das beantragte Kundgebungsverbot lediglich gegen den erstbeklagten VgT (Summarische Verf�gung der Gerichtspr�sidentin 4 des Bezirksgerichtes Baden vom 22. Juli 1996). 

Dieser Abschreibungsbeschluss wurde von keiner Partei angefochten. Hingegen f�hrte der erstbeklagte VgT am 26. August 1996 Beschwerde vor Obergericht, im wesentlichen mit der Begr�ndung, die Beklagten h�tten die kl�sterlichen Grundst�cke nie gegen den erkennbaren Willen des Klosters betreten, im Gegenteil h�tten Klosterverantwortliche gesagt, die Beklagten k�nnten kommen solange sie wollen, man habe nichts zu verstecken, die Abnahme der hief�r angebotenen Beweise sei jedoch verweigert worden. Der Wille des Klosters, auf seinen der �ffentlichkeit zug�nglichen Grundst�cken keine Kundgebungen mehr zu dulden, wurde den Beklagten erst aus der richterlichen Verf�gung vom 14. M�rz 1996 bekannt; sie haben sich seither ausnahmslos daran gehalten, weshalb diesbez�glich keine Wiederholungsgefahr zu bef�rchten war. Indessen haben weder das Bezirksgericht noch das Obergericht diesem wichtigen Umstand Aufmerksamkeit geschenkt (willk�rliche Beweisw�rdigung). 

Das Kloster seinerseits f�hrte keine Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil, reichte jedoch zusammen mit der Beschwerdeantwort eine Anschlussbeschwerde ein ("Beschwerdeantwort und Anschlussbeschwerde" vom 9. September 1996). mit den Antr�gen,

1. Die Beschwerde der Beklagten sei abzuweisen.
2. Ziff 1 des angefochtenen Entscheides sei wie folgt neu zu fassen:Den Beklagten wird richterlich verboten....
3. Ziff 3 des angefochtenen Urteils sei aufzuheben.
4. In Ab�nderung von Ziff 4 und 5 des angefochtenen Urteils seien die Gerichtskosten vollumf�nglich den Beklagten in solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen... 

Das Obergericht hiess alle Antr�ge des Klosters gut, hob den Einstellungsbeschluss bez�g-lich der TBF bzw der Beklagten 2-5 "von Amtes wegen" auf, und erliess gegen die Be-klagten ein totales Kundgebungsverbot gegen das Kloster, und zwar sowohl auf dem Klostergel�nde als auch im Umkreis von 100 m, was �ffentlichem Grund ist, d.h. praktisch in Sichtweite des Klosters. 

3.

Eine staatsrechtliche Beschwerde des VgT wegen Verletzung der Meinungs�usserungs- und Demonstrationsfreiheit, wegen Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes und des Rechts auf

den Beweis wies das Bundesgericht ab. Der Fall ist zur Zeit vor dem Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte h�ngig. In einem Strafverfahren gegen den Betriebsleiter des Klosters wegen N�tigung hat der Einzelrichter des Bezirksgerichtes Z�rich inzwischen festgestellt, dass die von den Beklagten ge�bte Kritik nicht rechtswidrig war.

Beweis: Verf�gung des Bezirksgerichtes Z�rich vom 30.121998 im Rekurs der Heidi K. gegen BA Z�rich/Beat Fries 

4.

Das vom Kl�ger parallel zur Besitzesschutzklage angestrengte Pers�nlichkeitsschutz-verfahren ist nach der Hauptverhandlung vor Obergericht des Kantons Aargau unter dem Druck der vom VgT vorgelegten Beweise in letzter Minute vor der absehbaren Niederlage am 27. Mai 1999 durch bedingungslosen Klager�ckzug beendet worden. Das ist als Eingest�ndnis zu werten daf�r, dass die von den Beklagten ge�bte Kritik rechtlich zul�ssig war.
Beweis: Beschluss des Obergerichtes des Kantons Aargau vom 25.6.1999

5.

Eine staatsrechtliche Beschwerde der Beklagten 2-5, �ber die im zweitinstanzlichen Ver-fahren geurteilt wurde, ohne dass sie sich zur Anschlussbeschwerde h�tten �ussern k�nnen, wurde vom Bundesgericht gutgeheissen (Gesch�ft Nr. 5P.386/1997/bmt). In der Folge revidierte das Obergericht sein Urteil gest�tzt auf diesen Bundesgerichtsentscheid, jedoch unter teilweiser Missachatung der Erw�gungen des Bundesgerichtes. Eine auch gegen dieses revidierte Urteil erhobene Willk�rbeschwerde hat das Bundesgerichtwird erneut gutgeheissen (Gesch�ft Nr. 5P.370/1998/zus). Der vorliegend erneut angefochtene Ent-scheid ist das nun zum zweiten Mal revidierte Urteil. Die Beklagten 2-5 werden darin nun pl�tzlich namentlich als Organe des Erstbeklagten ins Recht gefasst, obwohl sie in dieser Eigenschaft nicht eingeklagt sind und kein korrektes Besitzschutzverfahren gegen sie durchgef�hrt worden ist. 

 

II. Beschwerdegr�nde

1. Verschleppung 

Das am 14. M�rz 1996 eingeleitete summarische (!) Verfahren ist nach dreieinhalb Jahren immer noch nicht erledigt. Das stellt eine verfassungs- und menschenrechtswidrige Verschleppung dar, was umso stossender ist, als gegen die Beklagten seit dem 14. M�rz 1996 vorsorgliche Massnahmen in Kraft waren, nun abgel�st durch das erweiterte Kundgebungs-verbot gem�ss Obergerichtsentscheid. Damit wurde ohne ordentliches Verfahren und ohne endg�ltiges Urteil unn�tig lang massiv in die durch die EMRK garantierte Demonstrations-freiheit eingegriffen. Nach Auffassung der Beschwerdef�hrer (BF) stellt dies eine verfassungs- und menschenrechtswidrige Verfahrensverschleppung dar, zum Nachteil der Beklagten und einseitig zum Vorteil des Kl�gers.  

2. Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes und des Rechts auf den Beweis  

Stark, Berner Kommentare, Bd IV, 3. Abt, 1.Teilband (2. Auflage) N. 49 zu Art 928 ZGB:

"Wenn die durch das summarische Verfahren bedingte Beschr�nkung der Beweismittel eine Verschlechterung der Stellung einer Partei bedingt, muss aber das ordentliche Verfahren zur Verf�gung stehen."

Dies hat die Vi v�llig ausser acht gelassen. Im vorliegenden summarischen Verfahren wurden keine Beweise abgenommen und es wurde keine �ffentliche Verhandlung und keine �ffentliche Urteilsverk�ndung durchgef�hrt. Dieses "summarische Verfahren" hat deshalb in menschenrechtswidriger Weise unter Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes und des Beweisrechtes zu einem endg�ltigen Urteil gef�hrt (Verletzung von Art. 6 EMRK), weil das aargauische Recht f�r so einen Fall kein anschliessendes ordentliches Prosequierungs-verfahren vorsieht. Das ist um so stossender, als hier von einem beschleunigten summari-schen Verfahren nicht die Rede sein kann, sondern vielmehr eine ausgewiesene Verschlep-pung vorliegt (vgl. vorne Ziffer II/1). F�r Beweisabnahmen und �ffentliche Verhandlung w�re w�hrend der langen Verfahrensdauer bei korrektem Verfahren, insbesondere in den langen Pausen, reichlich Zeit gewesen. Das �ffentlichkeitsgebot und des Rechts auf den Beweis sind ohne triftigen Grund verletzt worden. Insbesondere sind die in der Vernehm-lassung zur Anschlussbeschwerde seitens des VgT erneut beantragten Beweisantr�ge daf�r, dass die Beklagten nie verbotene Eigenmacht ausge�bt haben und dass das Kloster die Kundgebungen im Gegenteil ausdr�cklich geduldet hat, ungeh�rt geblieben, obschon sie f�r das ganze Verfahren von entscheidender Bedeutung sind. Von einer antitizipierten Beweisw�rdigung kann deshalb keine Rede sein (s. auch nachstehende Ziff. 3).  

3. Willk�rliche Beweisw�rdigung 

Von zentraler Bedeutung bez�glich der angeblich verbotenen Eigenmacht bei der Durchf�hrung von Kundgebungen auf dem Klostergrundst�ck sind folgende Umst�nde: 

1. Es handelte sich um Kleinkundgebungen, an denen lediglich wenige Personen teilnah-men. Der Fussg�ngerverkehr wurde nicht gest�rt. Es wurde auch kein L�rm verbreitet. Die Kundgebungen ersch�pften sich im ruhigen und friedlichen Aufhalten von Spruchb�ndern und dem Verteilen von Drucksachen.

2. Die Kundgebungen fanden alle auf dem uneingeschr�nkt �ffentlich zug�nglichen Spazierweg statt, der durch das Klosterareal f�hrt, wo sich auch das Kloster-Restaurant mit Gartenwirtschaft befindet. Nichts weist darauf hin, dass es sich um Privatgel�nde handelt oder dass die �ffentliche Ben�tzung irgendwie eingeschr�nkt w�re.

3. Wiederholt war bei den Kundgebungen die Polizei anwesend. Wie schon vor den kantonalen Instanzen mit entsprechenden Beweisantr�gen geltend gemacht wurde, haben die anwesenden Beamten der Aargauer Kantonspolizei, vom Zweitbeklagten ausdr�cklich nach ihrer Aufgabe befragt, angegeben, f�r Ruhe und Ordnung zu sorgen. Gegen die Durchf�hrung der (ruhigen) Kundgebungen hatte die Polizei weder von sich aus noch im Auftrag des Klosters irgend etwas einzuwenden.

4. Die Klostervertreter haben ihr Einverst�ndnis mit der Durchf�hrung solcher Kundgebun-gen ausdr�cklich ge�ussert: "Der VgT k�nne kommen, so lange er wolle; man habe nichts zu verbergen". Das wurde im kantonalen Verfahren vorgebracht, blieb aber ungeh�rt.

5. Die Beklagten erfuhren vom Willen des Klosters, Kundgebungen des VgT nicht mehr zu dulden, erst durch die aus heiterem Himmel erfolgte Einleitung des Besitzschutzverfah-rens. Das ist zumindest ein Verstoss gegen die Gepflogenheiten und den Anstand. Dennoch haben sich die Beklagten seither strikte an das Kundgebungsverbot auf dem Klosterareal gehalten, sodass kein Grund besteht, eine Wiederholungsgefahr auf den Grundst�cken des Klosters in Betracht zu ziehen. Es fehlt deshalb dem angefochtene Besitzschutz-Unterlassungsurteil schon deshalb die Voraussetzung.

Alle diese Umst�nde, welche verbotene Eigenmacht bez�glich des Klosterareals klar widerlegen, wurden von den kantonalen Instanzen nicht angemessen gew�rdigt. Zu den offerier-ten Zeugenbeweisen bez�glich der Tatbest�nde sub Ziffern 2 und 3 hievor �usserte sich weder die erste noch die zweite Instanz. Weder wurde ein abweisender Beweisbeschluss gefasst, noch ging das Bezirksgericht in der Entscheidsbegr�ndung darauf ein. 

Im Beschwerdeverfahren vor Obergericht hatten die Beklagten/BF deshalb keine Ahnung, warum auf diese Beweise nicht eingetreten wurde. Das Obergericht setzte sich mit den vom Beklagten 1 genannten entlastenden Umst�nden (oben Ziffer 1 bis 5) nicht ernsthaft auseinander und ging auf die erneut vorgebrachten Beweisantr�ge ebenfalls nicht ein (Seiten 2 und 3 in der Beschwerdeschrift des Erstbeklagten vom 26. August 1996), obschon sie von entscheidender Bedeutung sind. Die pauschale, nicht n�her begr�ndete Behauptung einer antizipierten Beweisw�rdigung ist offensichtlich nur vorgeschoben. Die BF 2-5 wissen bis heute nicht, warum diese wichtigen Umst�nde und Beweisofferten bedeutungslos sein sollen. Dazu ist anzumerken, dass aus menschenrechtlicher Sicht (Recht auf den Beweis) antizipierte Beweisw�rdigungen grunds�tzlich problematisch sind (Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 3. Auflage, N 291) und sicher nicht ohne triftige und dargelegte Gr�nde praktiziert bzw aus Bequemlichkeit oder Voreingenommenheit vorgeschoben werden d�rfen, wie in casu.  

Auf Seite 23 des ersten Entscheides des Obergerichtes (auf dessen Erw�gungen im zweiten verwiesen wird), h�lt das Obergericht fest:

"In der Flugblattaktion vom 7. April 1996 in unmittelbarer Umgebung der Kloster-mauern mit dem dort befindlichen Eingang zur Klosteranlage lag eine Behinderung von Besuchern in ihrem Zugang zum Kloster (vor)..."

Diese Feststellung stellt eine willk�rliche Beweisw�rdigung dar, weil diese von den Beklagten bestrittene Behauptung des Kl�ger durch nichts bewiesen wurde. Die Behauptung, die Polizei sei wegen dieser St�rung herbeigerufen worden, ist unwahr. Die Polizei war nur zur Sicherung von Ruhe und Ordnung anwesend; sie ist in keiner Weise gegen die Flugblatt-Aktion eingeschritten und hat den Beteiligten auch nicht er�ffnet, das Kloster mache eine "St�rung" geltend. Auch der diesbez�gliche Beweisantrag seitens des VgT (Beschwerdeschrift des Erstbeklagten vom 26. August 1998 an das Obergericht S. 3) wurde nicht beachtet.

4. Verletzung der Meinungs�usserungs- und Demonstrationsfreiheit 

Das generelle Kundgebungsverbot, insbesondere auf �ffentlichen Strassen im Umkreis von 100 m um das Kloster, st�tzt sich einseitig auf die Interessen des Klosters. Eine Interessen-abw�gung, wie sie gem�ss Praxis des EGMR f�r die Einschr�nkung von Grundrechten notwendig ist, erfolgte nicht. Im Verfahren wurde nicht abgekl�rt, ob die Kritik des VgT an der kl�sterlichen Tierhaltung berechtigt oder unberechtigt war. Diese Frage ist inzwischen durch den bereits erw�hnten Entscheid des Bezirksgerichtes Z�rich (Beilage 2) gekl�rt: Die von den Beklagten erhobene Kritik war zul�ssig, und zwar endg�ltig, denn eine Pers�nlich-keitsschutzklage in der gleichen Sache hat das Kloster Fahr inzwischen unter dem Druck der angebotenen Beweise beim Aargauer Obergericht zur�ckgezogen.  

F�r ein generelles Verbot jeglicher tiersch�tzerischer � sogar nachweisbar berechtigter! - Appelle an die �ffentlichkeit auf �ffentlichem Grund in der Umgebung des Klosters besteht weder ein �ffentliches noch ein �berwiegendes privates Interesse. 

Soweit der Kl�ger verbotene Eigenmacht auch bez�glich der Kundgebungen auf �ffentli-chem Grund geltend macht, ist dies haltlos, da es sich um eine durch die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit erlaubte Eigenmacht handelt (Stark, Berner Kommentare, N. 10 und N. 14 zu Art 928 ZGB).

5. Willk�rlicher Parteiwechsel 

Das BGer hat in seinem Entscheid vom 9. Dezember 1997 auf Seite 5 das Folgende festgehalten:

... das Hauptproblem der erhobenen Klage: In keiner Instanz ist offenbar restlos klar gewesen, gegen wen sich das Besitzesschutzbegehren �berhaupt richtet, gegen die Beschwerdef�hrer als nat�rliche Personen, gegen die Beschwerdef�hrer als Organe des VgT und/oder gegen den VgT als juristische Person allein (...). In erster Instanz sind die

Organe des VgT und in zweiter der VgT selbst sowie die heutigen Beschwerdef�hrer verurteilt worden, und zwar als nat�rliche Personen. Heute wiederum spricht der Beschwerdegegner von den Beschwerdef�hrern als den ins Recht gefassten rechtlichen und faktischen Organen des beklagten VgT.

Tats�chlich leidet das kantonale Gesamt-Verfahren durchgehend und schwerwiegend daran, dass die Beklagten nicht unzweideutig bezeichnet waren, die Parteibezeichnung vom Kl�ger selbst laufend anders und widerspr�chlich interpretiert wurde und ein unzul�ssiger willk�rlicher Parteiwechsel vorgenommen wurde (R�ckzug der Klage gegen die TBF, daf�r Klageerweiterung auf die BF pers�nlich, und dann, pl�tzlich, erfasst als angebliche Organe des VgT!) 

Im angefochtenen Entscheid werden die Beklagten 2-5, die als Organe der TBF eingeklagt waren und dann vom Obergericht rechtswidrig als Einzelpersonen pers�nlich verurteilt wurden (vom BGer aufgehoben), nun namentlich als Organe des VgT ins Recht gefasst! Indessen ist nicht nur gegen die Beklagten 2-5 pers�nlich nie ein korrektes Besitzschutz-verfahren durchgef�hrt worden (wie das BGer im Entscheid vom 11.12.1998 festgestellt hat, vom Obergericht zitiert Seite 17), sondern auch keines je als Organe des Beklagten 1!  

Dazu kommt

6. das fehlende Rechtsschutzinteresse bez�glich der Beklagten 3 und 5 

Die Beklagten 3 und 5 waren nie Organe des Beklagten 1, haben auch nie organ�hnliche Funktionen ausge�bt und sind seit Mai 1998 resp April 1997 nichteinmal mehr gew�hnliche Mitglieder. Es fehlt somit an einem Rechtsschutzinteresse f�r ein Kundgebungsverbot.

 7. Verweigerung des rechtlichen Geh�rs 

Die BF hatten keine Gelegenheit, sich im obergerichtlichen Verfahren zu der vom Kl�ger behaupteten Organeigenschaft der Beklagten 3 und 5 zu �ussern, da diese gar nicht zur Diskussion stand. Das Obergericht hat den Parteiwechsel gem�ss obenstehender Ziffer 5 vorgenommen und die vom Kl�ger behauptete, von den BF aber im erstinstanzlichen Ver-fahren bestrittene Organeigenschaft der Beklagten 3 und 5 ohne jede Beweiserhebung �bernommen, ja ohne den BF Gelegenheit zu geben, sich im obergerichtlichen Verfahren dazu �ussern. Das stellt eine Verweigerung des rechtlichen Geh�rs und eine willk�rliche Beweisw�rdigung dar.

 8. Willk�rliche Beweisw�rdigung bez�glich Wiederholungsgefahr

Ebenfalls willk�rlich �bergangen hat die Vorinstanz den Umstand, dass zur Zeit der F�llung des Entscheides keine Wiederholungsgefahr mehr bestand: Am 17. Februar 1998 hat im Rahmen des parallelen Pers�nlichkeitsschutz-Verfahrens Kloster Fahr gegen den VgT ein Augenschein in den kl�sterlichen Stallungen stattgefunden, wobei diverse still und leise vorgenommenen Verbesserungen in der Tierhaltung festgestellt wurden. Der VgT hat deshalb am Tage darauf, 18. Februar 1998, - wie schon in der Vernehmlassung zur Anschlussbeschwerde erw�hnt - �ffentlich bekannt gegeben, dass keine weiteren Kundgebungen und Kampagnen gegen das Kloster durchgef�hrt w�rden. Diese Ank�ndigung ist von keinem der Beklagten verletzt worden. Der VgT beschr�nkt sich seither darauf, �ber den Fortgang der diversen Gerichtsverfahren des Klosters gegen den VgT zu berichten. Auf diesen Umstand hat sich der Kl�ger bezogen, als er mit Schreiben vom 27. Mai 1999 an das Obergericht seine Pers�nlichkeitsschutzklage zur�ckzog. Es ist schleierhaft, warum ein Rechtsschutzinteresse an einem Kundgebungsverbot bestehen soll, wenn der Kl�ger selbst einr�umt, dass er nicht mehr mit Protestkundgebungen der Beklagten rechnet! 

Das Obergericht st�tzt die Bejahung der Wiederholungsgefahr einzig auf die "Tierschutzgesinnung" der Beschwerdef�hrer (Urteil S. 19) und f�hrt damit eine Gesinnungs-Justiz ein! Woher der Vi diese "Tierschutzgesinnung" �berhaupt so vollumf�nglich bekannt ist, so dass trotz der offiziellen Einstellung der Kampagnen daraus eine Wiederholungsgefahr bez�glich weiterer Kundgebungen beim Kloster Fahr abgeleitet werden k�nnte, wird mit keinem Wort begr�ndet. Solch unbewiesee Annahmen sind willk�rlich. �berdies ist die Begr�ndungspflicht verletzt.

9. Verletzung der Unschuldsvermutung bez�glich allen Beklagten 

Laut Villiger, Handbuch der EMRK, N 486, haben sich alle staatlichen Organe an die Unschuldsvermutung zu halten. "Diese Garantie verbietet einer Beh�rde jederzeit die (auch formlose) Feststellung, eine Person habe eine strafbare Handlung begangen, wenn sie nich formell wegen dieser Handlungen gerichtlich verurteilt wurde." (N. 487) 

Auf Seiten 2 und 3 des angefochtenen Entscheides werden die Beklagten vorbehaltlos f�r verschiedene Delikte verantwortlich gemacht (zumindest muss der unbefangene Leser dieses Entscheides dies so verstehen):

- Butters�ureanschlag auf die Klosterkirche am 16. Juli 1995: Diesbez�glich wurde eine Strafuntersuchung gegen den Beklagten 2 rechtsg�ltig eingestellt (Einstellungsverf�gung des Bezirksamtes Baden vom 17. Mai 1996, Gesch�fts-Nr BA02.ST.95.05453). Gegen andere Organe oder Mitglieder des VgT ist diesbez�glich nie eine Strafuntersuchung er�ffnet worden.

- "Eindringen ... in die geschlossenen Stallungen des Klosters, wobei die Schn�re zum Festbinden der Kuhschw�nze gegen Verschmutzung durchgeschnitten sowie dem Strohlager Strohballen entnommen und deren Stroh im Schweinekoben verstreut wurden." Eine diesbez�gliche Strafuntersuchung gegen einige der Beklagten vor der Bezirksanwaltschaft I f�r den Kanton ZH steht, nach durchgef�hrten Zeugeneinvernahmen, kurz vor der Einstellung, da sich insbesondere ergeben hat, dass es sich nicht um "geschlossene", sondern der �ffentlichkeit zug�ngliche Stallungen handelt.

- "Eindringen ... in die Geb�ulichkeiten des Klosters zwecks Erstellung von Fotografien...". Bez�glich dieses Vorwurf hat der Kl�ger unseres Wissens �berhaupt nie Strafanzeige gestellt. Es ist mit der Unschuldsvermutung nicht vereinbar und unzul�ssig, dieses Delikt nun im Rahmen eines summarischen Zivilverfahrens ohne Beweisabnahme den Beklagten als gerichtliche Feststellung anzuh�ngen. 

Alle diese Delikte werden den Beklagten - wenn nicht ausdr�cklich, so doch in suggestiver Formulierung - als gerichtlich festgestellte Tatsache vorgeworfen. Der unbefangene Leser kann die Urteilsbegr�ndung nicht anders verstehen, als dass diesbez�glich die Schuld bzw Mitverantwortung der Beklagten erwiesen sei, da sie ja sonst ja in dieser Urteilsbegr�ndung nichts zu suchen h�tten. Die Heranziehung solcher Feststellungen zur Begr�ndung des Urteils gegen die Beklagten w�re jedenfalls unvereinbar mit der Auslegung, damit seien nicht unbedingt die Beklagten gemeint. Diese Auslegung w�rde eine willk�rliche Beweisw�rdigung gegen die Beklagten bedeuten, denn die angef�hrten Delikte bilden den Kern der Begr�ndung des Kundgebungsverbotes; daneben findet sich jedenfalls nichts Wesentliches mehr. 

Der angefochtene Entscheid ist jedenfalls zwingend aufzuheben, aus dem einen oder dem anderen Grund, denn es gibt keine vern�nftige dritte M�glichkeit, den angefochtenen Entscheid in diesem Punkt zu verstehen.

10. Verletzung des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes. 

Vorliegend handelt es sich um ein sog. "strafrechtliches Besitzschutzverfahren", in welchem den Beklagten unter Strafandrohung ein Verbot auferlegt wurde. Das Verbot gilt u.a. "auf den Grundst�cken des Kl�gers". Wo �berall in der Schweiz der Kl�ger Grundst�cke hat, wird nicht gesagt und ist f�r die Beklagten praktisch nicht eruierbar. Theoretisch m�ssten sie k�nftig vor jeder Kundgebung - wo auch immer diese stattfinden soll - zuerst durch Einsichtnahme ins dortige Grundbuch sicherstellen, dass nicht ein Grundst�ck des Kl�gers tangiert wird. Obwohl dies schon im kantonalen Verfahren als unzumutbar ger�gt und das Verbot deshalb als unbestimmt qualifiziert wurde, ist nicht pr�zisiert worden, welche Grundst�cke vom Verbot betroffen sind. Insbesondere ergibt sich bis heute auch aus den Akten nicht, wo �berall das Kloster Grundst�cke besitzt.  

11. Willk�rliche Kostenentscheide 

Im ersten Entscheid des Obergerichtes vom 23. Juni 1997 (S.12, Ziff. 2) wurden den BF die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens im Betrag von Fr 1�344.- solidarisch auferlegt. Diesen Betrag ist nun (aufgrund des Bundesgerichtsentscheides) im hier angefochtenen Entscheid auf Fr 1917.- erh�ht (sic!) und vollst�ndig dem Beklagten 1 �berbunden worden, obwohl dieser an den beiden Revisionsverfahren nicht beteiligt war! F�r eine solche, dem Gerechtigkeitssinn in stossender Weise zuwiderlaufenden Kostenregelung fehlt eine gesetzliche Grundlage. Der Entscheid ist deshalb willk�rlich.  

Im Entscheid des Bezirksgerichtes wurden die H�lfte der Gerichtskosten dem Kl�ger �berbunden und die Parteikosten wettgeschlagen, da der Kl�ger mit seiner Klage nur bez�glich des Beklagten 1 durchdrang, bez�glich der Beklagten 2-5 jedoch unterlag. Im angefochtenen Entscheid hat das Obergericht diesen Kostenentscheid f�r das erstinstanzliche Verfahren ohne plausible Gr�nde und ohne jede Begr�ndung (Verletzung des Begr�ndungsgebotes) dahingehend abge�ndert (Seite 20), dass der Beklagte 1 die gesamten erstinstanzlichen Gerichtskosten zu tragen und dem Kl�ger f�r das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientsch�digung von Fr 3'905.25 zu bezahlen hat. Demgegen�ber werden dem Kl�ger, der gegen 4 von 5 Beklagte unterlegen ist, erst- und zweitinstanzlich keinerlei Gerichtskosten und auch keine Parteientsch�digungen auferlegt! Dieser Entscheid wurde vermutlich - nicht genau feststellbar infolge Verletzung der Begr�ndunngspflicht - von Erw�gungen geleitet, die offensichtlich nicht zu offenbaren sind. Das verletzt in willk�r-licher Weise ZPO �112 ff sowie das verfassungsm�ssige Recht auf Gleichbehandlung.  

Unberechtigte Verfahrenskosten in einem Menschenrechtsverfahren wie hier (Beschwerde gegen willk�rliche Einschr�nkung der Demonstrationsfreiheit) stellen eine Behinderung der Wahrnehmung der Grundrechte dar und sind damit ebenfalls verfassungs- und menschen-rechtsverletzend (Behinderung der Wahrnehmung der Demonstrationsfreiheit durch unge-rechtfertige Kostenauflagen).  

Willk�rlich ist der Kostenentscheid auch bez�glich der Beklagten 2-5, denen f�r das obergerichtliche Verfahren eine Entsch�digung von nur Fr 1'000.- zugesprochen wird, w�hrend dem Kl�ger eine Parteientsch�digung vom Fr 2'711.50 zugestanden wird. Die Annahme, die Anwaltskosten der Beklagten 2-5 betr�gen nur gerade gut einen Drittel derjenigen des Kl�gers, ist willk�rlich, da v�llig unplausibel und ohne jede sachliche Begr�ndung. Die auf Seite 21 des angefochtenen Entscheides angedeutete Begr�ndung, die Beklagten 2-5 h�tten vor Obergericht nichts anderes zu tun gehabt als die Vernehmlassung zur Anschlussbeschwerde, geht fehl, denn der Kl�ger hatte - so betrachtet - nichts anderes Relevantes zu tun als die Anschlussbeschwerde. Was der Kl�ger im anschliessenden Revisionsverfahren zu tun hatte, kann sicher nicht dem Beklagten 1 angelastet werden, da dieser am Revisionsverfahren gar nicht beteiligt war. Am Revisionsverfahren beteiligt waren nur noch die Beklagten 2-5.

Rechtsanwalt Jean-Rodolphe Spahr


 

Diese dritte Beschwerde wurde vom Bundesgericht abgewiesen. Es korrigierte in den vorausgehend Urteilen formale Fehler, um den Anschein von Recht zu erwecke, deckte aber nun zum Schluss die Verletzung der Demonstrationsfreiheit mit unhaltbaren Begr�ndungen. Der VgT erhob hierauf Beschwerde beim Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte.


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