23. Mai 2004
Covance-Tierversuchs- und
Zensur-Skandal:
VgT verlangt Ausstand des Münchwiler Zensurrichters Bögli
Motto:
Ehre (nur) wem Ehre gebührt. Die Zeiten des Gessner-Hutes sind vorbei.
Falls nicht, wäre da noch der brühmte zweite Pfeil....
Mit der folgenden Eingabe vom hat der VgT
den Rickenbacher Rechtsanwalt und nebenamtlichen Vizepräsidenten des
Bezirksgerichtes Münchwilen, Roman Bögli,
der für die Medien-Zensur im Covance-Skandal
und für viele andere politische Justizwillkür verantwortlich ist,
aufgefordert, im Covance-Hauptverfahren in den Ausstand zu treten. Falls
er dieser Aufforderung nicht nachkommt, muss der das Ausstandsbegehren
dem Thurgauer Obergericht zum Entscheid vorlegen.
Tuttwil, den 23. Mai 2004
An das Vizepräsidium des Bezirksgerichtes Münchwilen
Toggenburgerstr 31
9532 Rickenbach
Zensur-Verfahren Covance ./. VgT
Bögli,
ich fordere Sie namens des VgT auf, in den Ausstand zu
treten.
Seit Jahren missbrauchen Sie Ihr Richteramt dazu, aus
offensichtlich persönlichen und/oder politischen Gründen, systematisch
gegen mich und den VgT zu entscheiden, mit haarsträubend-willkürlichen
Begründungen. (Dass Sie von oberen Instanzen aus kollegialer Solidarität
oder ebenfalls politischer Voreingenommenheit meistens gedeckt werden,
macht die Sache auch nicht besser.)
In den letzten Wochen sind Sie nun entschieden zu weit
gegangen. Es kann unter keinen Umständen hingenommen werden, dass Sie in
Verfahren, welche mich oder den VgT betreffen, weiter als Richter amten,
auch nicht nur noch bis zu den nächsten Richterwahlen. Wenn Ihre
offensichtliche Befangenheit und ein normales Ausstandsverfahren nicht
genügen, weil Sie Ihre Machtposition gegen den VgT nicht abzugeben
bereit sind, werde ich unseren Streit noch vermehrt in die
Öffentlichkeit tragen müssen (Beilage 1). Alles ist leichter zu
ertragen, als weiter ihrer bodenlosen Willkür ausgesetzt zu sein.
Dazu kommt Ihr schwerer seelischer Defekt, der es
Ihnen verunmöglicht, selbst für schweres Tierleid etwas zu empfinden.
(Ob sich dieses Unvermögen nicht auch - zumindest potentiell - gegen
wehrlose Menschen richtet, muss hier offen bleiben.) Indem Sie das
Zensurgesuch des Covance-Konzerns ohne zeitliche Dringlichkeit und ohne
Gefahr im Verzug gutgeheissen haben und dabei - angesichts der
schauerlichen Foto- und Videoaufnahmen - die seelische Kälte
aufbrachten, das Recht zu Gunsten der Täter zu beugen, hat Ihren - schon
lange vermuteten - seelischen Defekt nun endgültig offengelegt. Ein
Richter, der sich derart eiskalt über schweres Tierleid hinwegsetzt,
nicht sein Möglichstes tut, um denjenigen zu helfen, die solche
Missstände publik machen, sondern im Gegenteil durch krasse
Rechtsbeugung die Täter in Schutz nimmt, ist eine Katastrophe für den
Rechtsstaat und jedenfalls zur Beurteilung von Angelegenheiten einer
Tierschutzorganisation untragbar.
Obwohl ich Ihnen in einer vorab zugestellten
Schutzschrift offeriert habe, inner 24 Stunden zu einem allfälligen
Zensurgesuch des Covance-Konzerns Stellung zu nehmen, haben Sie mir
diese Möglichkeit in Ihrer unsäglichen Voreingenommenheit gegen mich und
den VgT ohne jeden sachlichen Grund verweigert. Die zu zensurierenden
Aufnahmen sind schon im Dezember 2003 zweimal im ZDF ausgestrahlt und
seither auf unzähligen Websites verbreitet worden. Daran konnte Ihre
superprovisorische Zensurverfügung vom 7. April 2004 nichts ändern. Die
gesetzlichen Voraussetzunge für eine superprovisorische Verfügung gegen
ein Medienunternehmen (VgT) -nämlich eine Gefahr im Verzug (siehe Jörg
Paul Müller sowie Franz Riklin) - war offensichtlich nicht erfüllt. Die
hohen Anforderungen an eine Medienzensur haben Sie in Ihren Erwägungen
nicht einmal erwähnt. Es genügte Ihnen, dass der VgT der Beklagte war.
Damit stand für Sie Ihr willkürliches Urteil wiedereinmal im vornherein
fest.
Anmerkung: Die Schutzschrift konnte nur spekulativ einige Einwände
gegen die vermutete Klage vorbringen. Es war damals konkret nicht
bekannt, auf welche Rechtsgrundlagen sich die Gesuchsteller stützen
und wie sie ihre Forderungen begründen würden, waren sie doch in der
vorausgehenden Korrespondenz diesbezüglich sehr vage geblieben.
Insbesondere wurde die Geltendmachung einer Verletzung der
Geheimsphäre nicht vorausgesehen. Die Schutzschrift ersetzt deshalb
keinesfalls die offerierte kurzfristige Anhörung.
Innert weniger Tage waren Sie angeblich in der Lage,
das 41-seitige Gesuch des Covance-Konzerns sowie die 48 Beilagen
gründlich zu studieren, so gründlich wie es für einen schwerwiegenden
Eingriff in die Medienfreiheit verlangt werden muss. Um die viel weniger
umfangreichen Gesuchsantworten zu prüfen, benötigten Sie dann Wochen!
Das zeigt unzweideutig, wie sehr viel höher Sie die Interessen des
Covance-Konzerns im vornherein eingestuft haben. Dem Covance-Konzern
gaben Sie sofort, was dieser wünschte. Der damit verbundene schwere
Nachteil für den VgT und die Medienfreiheit war für Sie demgegenüber
eine Bagatelle.
Ihre Zensur-Verfügung war auch für das Schweizer
Fernsehen offensichtlich derart haltlos, dass die von Ihnen verbotenen
Aufnahmen in zwei 10vor10-Sendungen des Schweizerfersnsehens offen
gezeigt wurden.
Wie Sie wussten, sind die fraglichen Aufnahmen vom
Undercover-Journalisten F... gemacht worden. Am 15. April
2004 ersuchte der VgT um eine vorsorgliche Beweiserhebung, nämlich um
die Zeugeneinvernahme von F..., der sich am 22. und 23. April
zufällig in der Schweiz aufhielt und der zu dem von Covance behaupteten
verfälschenden Zusammenschnitt der Videoaufnahmen - einem zentralen
Punkt im Verfahren - hätte befragt werden können. Sie lehnten diesen
Beweisantrag ohne sachliche Rechtfertigung ab - einfach weil Sie es
gewohnt sind, stets und grundsätzlich gegen den VgT zu entscheiden.
Weil dem sehr geehrten Herrn F... in Deutschland
vorsorglich verboten wurde, seine Aufnahmen an Dritte weiterzugeben und
er diese somit auch nicht als Beweismittel an den VgT abgeben durfte,
reichte er die Videocassette mit den zweistündigen Rohaufnahmen direkt
dem Gericht ein. Sie verweigerten mit fadenscheiniger,
überspitzt-formalistischer Begründung die Annahme, ohne den VgT zu
fragen, ob dieses wichtige Beweismittel zu den Akten zu nehmen sei.
Als Sie Ihre Zensurverfügung unter dem Druck der
Medien am 21. Mai 04 endlich wieder aufhoben, fügten Sie eine Begründung
bei, die auf weite Strecke jedem rechtstaatlich denkenden Bürger die
Haar zu Berge stehen lässt. Wie Sie mit den Grundsätzen und den
Grundrechten einer freiheitlich-rechtstaatlichen Gesellschaft umspringen
bzw diese geradezu als nichtexistent behandeln - jedenfalls wenn sich
diese zugunsten des VgT auswirken - ist unerträglich, allein schon das
Lesen Ihrer Entscheidbegründung eine Zumutung. Das Gutachen von
Professor Riklin putzen Sie mit einem einzigen schnöden Satz, der eine
offensichtlich gezielte Fehlinterpretations des Gutachtens wiedergibt,
ab. Den von mir zitierten, angesehenen Staatsrechtler Jörg Paul Müller
haben Sie vollends übergangen zugunsten einer völlig deplazierten
Pseudo-Interessenabwägung, die Sie offensichtlich nur wegen des grossen
Medieninteresses - welches Ihre politische Justizwillkür ins Rampenlicht
der Öffentlichkeit rückte - schliesslich knapp zugunsten einer Aufhebung
der Zensur ausgehen liessen. Dass dem fundamentalen öffentlichen
Interesse der Medienfreiheit und der Information der Öffentlichkeit und
der Konsumenten an derartigen, bisher kaum bekannten Missständen
lediglich das egoistische Interesse des Covance-Konzerns, die Missstände
unter dem Deckel halten zu können (von Prof Riklin in 10vor10 zu Recht
als "schwach" bezeichnet), gegenüber steht, verschleiern Sie bewusst. Es
ist für den VgT schlicht unakzeptabel, sich im Hauptverfahren weiter mit
einem derart parteiischen und unehrlichen Richter herumzuschlagen.
Ihre Unehrlichkeit haben Sie neulich im
Gegendarstellungs-Verfahren gegen die Genossenschaft Infolink (WoZ)
unter Beweis gestellt. An der Hauptverhandlung vom 27. April 04
bezeichneten Sie meinen völlig korrekten Gegendarstellungstext als
"dummen Text". (BO: Rechtsanwältin E. N., Winterthur, als Zeugin;
Beilage 2)
Die Gegendarstellung hatte folgenden Wortlaut:
Unter dem Titel "Der Rechtsirrtum" behauptete Hans
Stutz in der WoZ vom 5. Februar 2004 über das Gerichtsverfahren gegen
mich vor dem Bezirksgericht Bülach, das Urteil vom November 2001 sei
vom Obergericht wegen Verletzung des Öffentlichkeitsgebotes aufgehoben
worden. Dies ist unwahr. Wahr ist, dass das Obergericht dieses Urteil
wegen krasser Verletzung der Verteidigungsrechte aufgehoben und zur
Neuverhandlung an das Bezirksgericht zurückgewiesen hat. Weiter
behauptet Stutz, der gewichtigste Anklagepunkt sei gewesen:
Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm, begangen durch die
Verbreitung eines von Holocaust-Leugnern verbreiteten "Protokolls" der
Gerichtsverhandlung gegen Jürgen Graf vor dem Bezirksgericht Baden im
Juli 1998.' Auch das ist unwahr. Ich habe nicht ein von
Holocaustleugnern verbreitetes Pseudo-Protokoll, sondern das amtliche
Gerichtsprotokoll veröffentlicht. Unwahr ist schliesslich auch die
Behauptung, ich sei "Lohnabhängiger des Vereins gegen Tierfabriken".
Erwin Kessler, Verein gegen Tierfabriken VgT
An diesem Gegendarstellungstext ist gar nichts "dumm",
ausser dass es sich bei der klagenden Partei um den Präsidenten des VgT
handelt. Mit haarsträubend-willkürlicher Begründung haben Sie dann diese
aus unerfindlichen Gründen als "dumm" bezeichnete Gegendarstellung ohne
Einwilligung von mir als Kläger auf einen lächerlich wirkenden Rumpftext
zusammengestrichen, obwohl die keineswegs dumme Gegendarstellung
offensichtlich die gesetzliche Anforderung erfüllte. Aber in Ihrem
krampfhaften Bestreben, nur ja nicht dem VgT einmal Recht zu geben,
schrecken Sie auch vor willkürlichster Rechtsbeugung nicht zu rück. Da
Ihre Machenschaften in diesem Unrechtsstaat, wo Justiz offen als Mittel
der Politik praktiziert wird, meistens von den oberen Instanzen gedeckt
werden, können nur die nächsten Richterwahlen Ihrem Treiben endlich ein
Ende setzen. Aber es ist völlig unzumutbar, einen solchen Richter, der
sich jeden Respekt verscherzt hat, auch nur noch bis zu den Wahlen
erdulden zu müssen.
Dass Sie im Nachhinein abstreiten, die
Gegendarstellung als "dummen Text" bezeichnet zu haben, obwohl sich
Rechtsanwältin Nill dies sofort notiert und tags darauf nach Rücksprache
mit mir eine Protokollergänzung verlangt hat - die Sie natürlich sofort
abgelehnt haben -, entlarvt Sie als Lügner. Nach Ihrer jahrelangen
Willkür nicht mehr überraschend. Auch Ihre ständige Willkür ist eine
Form von Verlogenheit.
In Ihrer Zensurverfügung im Covance-Verfahren hatten
Sie für die Medienfreiheit und das öffentliche Interessen am Tierschutz
und am Konsumentenschutz (die im Tierversuchslabor von Covance
getesteten Produkte werden auch in der Schweiz verkauft) nur eine kurze,
zynische Bemerkung übrig, indem Sie heuchelten (Verfügung Seite 6): "Ein
solches [überwiegendes öffentliches Interesse] kann ohne Zweifel daran
bestehen, für eine Verschärfung von Tierschutzbestimmungen oder für ein
Verbot von Tierversuchen einzustehen." Dem hat Prof Riklin in seinem
Gutachten (Seite 6) die Frage gegenübergestellt: "Wie soll sich der VgT
politisch für den Tierschutz einsetzen, wenn ihm verboten wird, mit
Bildern die Realität zu zeigen?"
Schliesslich haben Sie bei der nicht mehr
abzuwendenden Aufhebung der Zensur dem VgT die Kostenregelung dazu
missbraucht, dem VgT doch noch einen Tritt zu versetzen. Der
mitbeklagten AG STG sprachen Sie eine Entschädigung von 1800 Franken,
dem VgT nur 100 Fr zu, mit der Begründung, die AG STG sei anwaltlich
vertreten gewesen. Mit gewohnter Willkür haben Sie das vom VgT
eingeholte Gutachten von Prof
Riklin im Kostenentscheid unterschlagen (Beilage 3: Honorarrechnung
von Prof Riklin).
Erwin Kessler, Präsident VgT
Beilagen:
1 Thurgauer Zeitung vom 24. April
2004
2 Schreiben von Rechtsanwältin N. vom 28. April 2004
3 Honorarrechnung zum Gutachten von Prof Riklin, Universität Freiburg
News-Verzeichnis
Dokumentation zum Fall Covance
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