Tierquälerische Intensivhaltung
landwirtschaftlicher Nutztiere
Der VgT wird oft als militant und extrem bezeichnet. Das lasse ich gelten
in Bezug auf die Methoden, mit denen wir versuchen, dem Tierschutz Gehör
zu verschaffen. Hingegen gehen wir in den Forderungen an das
Tierschutzgesetz kaum weiter als die traditionlleren
Tierschutzorganisationen, diesbezüglich besteht vielmehr ein weitgehender
Konsens, und ich bin hier anwesend, um diesen bemerkenswerten Konsens zu
unterstreichen.
Im Bereich der Nutztiere, auf den wir spezialisiert
sind, wird ein Verbot der folgenden tierquälerischen
Intensivtierhaltungsformen gefordert:
1. Anbindehaltung von Pferden
2. Kasten- und Käfighaltung von Kaninchen
3. Einzelhaltung von Kälbern in Kälberkisten und
Kunststoff-Iglus
4. Kälbermast auf einstreulosen Vollspaltenböden.
(Diese Haltungsform ist nach geltendem Recht verboten, wurde aber vom
Bundesamt für Veterinärwesen kürzlich eigenmächtig
wieder zugelassen.)
5. Einseitige, rohfaserarme Fütterung von Kälbern
zur Erzeugung von Blutarmut (Anämie) und dementsprechend hellerem
Kalbfleisch. (Migros macht zur Zeit vor, wie bei richtiger Aufklärung der
Konsumenten rötliches Kalbfleisch von artgerecht gefütterten Kälbern gut
verkauft werden kann.)
6. Enthornen von Kälbern und Kühen. Diese
Verstümmelung ist tierverachtend und verletzt die Würde der Tiere.
7. Der sog elektrische Kuhtrainer zwingt Kühe mit
Elektroschocks zum ständigen Strammstehen - eine Tierquälerei die auch von
den Schweizer Tierärzten abgelehnt wird.
8. Rindermast auf Vollspaltenböden, in extremer
Enge. Die jungen, bewegungs- und spielfreudigen Tiere können sich in
dieser Haltungsform praktisch nicht bewegen, die glitschigen, geschlitzten
Betonrostböden verhindern jede schnelle Bewegung. Die Tiere müssen auf dem
harten Betonrostboden im eigenen Kot liegen.
9. Nach dem Verbot der Käfighaltung von Legehennen
glaubten wir Tierschützer, die Eierproduktion sei nun akzeptabel. Leider
musste dann aber festgestellt werden, dass die sog Bodenhaltung in den
ansich tiergerechten Volièrenställen durch erlaubte systematische
Überbelegung, fehlendes oder ungenügendes Tageslicht und Überzüchtung der
Tiere erneut zu einer KZ-Haltung führte.
10. In der Pouletmast werden extrem überzüchtete
Tiere verwendet, die infolge zu schnellem Wachstum unter schmerzhaften
Gelenkschäden leiden, nicht mehr richtig gehen und auch nicht artgerecht
eine Sitzstange anfliegen können. In den völlig überbelegten Masthallen
liegen die Tiere dicht an dicht auf dem Boden - völlig artwidrig auf dem
Bauch, da diese manipulierten Tiere nicht fähig sind, artgemäss
Sitzstangen anzufliegen.
11. Das Schlachten der Hühner erfolgt extrem
tierquälerisch. Die Hühner werden bei vollem Bewusstsein Kopf nach unten
an ein Förderband gehängt und so in ein Elektrobad getaucht, in welchem
sie oft nicht richtig betäubt werden, bevor sie an einem rotierenden
Messer vorbeigzogen werden, das ihnen den Hals aufschneidet. Das gleiche
gilt auch für Truten.
12. Das Schwein ist neben dem Huhn das in der
Massentierhaltung am schlimmsten gequälte Nutztier. Bei der letzten
Revision der Tierschutzverordnung verbreiteten der Bundesrat und das
Bundesamt für Veterinärwesen gezielt die Falschinformation, die
Kastenstandhaltung sei nun verboten. In Wahrheit bleibt die grausame
Kastenhaltung auch nach Ablauf der zehnjährigen Übergangsfrist weiterhin
erlaubt, lediglich quantitativ eingeschränkt (Mutterschweine dürfen nicht
mehr lebenslänglich in Kastenständen gehalten werden).
Auch die sehr tierquälerische Intensivhaltung von Mastschweinen auf
Vollspaltenböden bei einer praktisch bodenbedeckenden Belegungsdichte
(rund zwei Tiere pro Quadratmeter) ist immer noch erlaubt. Diese
intelligenten Tiere verbringen ihr ganzes Leben in grösster Enge und
Monotonie im eigenen Kot; meistens fehlt auch noch die vorgeschriebene
Beschäftigungsmöglichkeit.
Siehe zu diesen Forderungspunkten den illustrierten
Bericht in den VN04-2.
Alle diese tierquälerischen Haltungsformen und Schlachtmethoden müssen
nicht nur verboten werden. Durch ein Importverbot entsprechender
tierischer Produkte muss auch die Umgehung der Verbote verhindert werden.
Was in der Schweiz aus tierschützerischen Gründen nicht produziert werden
darf, soll auch nicht importiert werden dürfen. Das in der STS-Initiative
verlangte Importverbot (Buchstabe i) dient nicht nur dem Tierschutz,
sondern verhindert auch unfaire Wettbewerbsverzerrungen gegenüber der
einheimischen Landwirtschaft.
Die landwirtschaftlichen Tiere sind von Natur aus nicht an ein Leben in
engen Ställen angepasst. Die STS-Initiative verlangt deshalb zu Recht
nicht nur ein Verbot quälerischer Stallhaltungsformen, sondern darüber
hinaus einen Auslauf ins Freie.
Heute haben wir die eines demokratischen Rechtsstaates unwürdige
Situation, dass ein vom Volk mit überwältigender Mehrheit gutgeheissenes
Tierschutzgesetz nicht umgesetzt und Verstösse dagegen sogar noch mit
Steuergeldern subventioniert werden. Schon das geltende Tierschutzgesetz
verbietet eigentlich alle oben aufgezählten tierquälerischen
Haltungsformen. Artikel 2 schreibt vor, dass Tiere entsprechend ihren
Bedürfnissen gehalten werden müssen. Die artspezifischen Bedürfnisse sind
heute weitgehend erforscht. Das Gesetz bleibt aber toter Buchstabe und die
Tierschutzorganisationen haben kein Klage- und Beschwerderecht, um dagegen
vorzugehen.
Die Auffassung einiger Politiker, eine artgerechte Tierhaltung sei dem
freien Markt, dh der Politik mit dem Einkaufskorb, zu überlassen, ist
abwegig und widerspricht der übrigen Gesetzgebung und dem allgemeinen
Staatsverständnis von Recht und Ordnung.