21. Januar 2006

Stallzwang: furchtbarer Anblick

Gestern im deutschen Fernsehen: In Rügen in Deutschland laufen Soldaten herum wie in einem Atomkrieg, mit Schutzanzügen und Gasmasken. Der ganze Verkehr von und zu muss durch ein Desinfektionsbad fahren. Derweil fliegen über die Köpfe der Leute hinweg die Vögel von und zum Seuchengebiet - ohne Desinfektionsbad, ohne Stallpflicht. Eine Einwohnerin sagt in die Kamera hinein: "Ich denke, das ist zur Beruhigung der Menschen."

Gestern im Schweizer Fernsehen: Interview mit einem Pouletmäster. 11 000 Tiere, noch ganz klein, sie haben noch viel Platz im Stall. Was die Zuschauer nicht sehen: wie es aussehen wird, wenn die Tiere grösser sind,  Tier an Tier, bodenbedeckend. Der Pouletmäster strahlt: "Der Stallzwang ist kein Problem für uns, nein, wir haben überhaupt kein Problem." Was er nicht sagt, aber denkt: "Sehr praktisch, dieser Stallzwang. So können wir auf den lästigen Auslauf, der nur Mehrarbeit gibt, verzichten, und dürfen unsere "Produkte" dennoch als "Freilandpoulets" verkaufen!" (Mehr zu diesem Betrug: www.vgt.ch/news2005/051206-stallzw-produkte.htm). Der strahlende Mäster hält "liebevoll" ein Mastküken im Arm. Nur kurz und wohl nur für das Fachauge erkennbar: der himmeltraurige Gefiederzustand dieser qualgezüchteten Schnellwachshühner, die in wenigen Woche vom Kücken zum Poulet explodieren. Es sind krankhaft überzüchtete Riesenbabies. Beruhigend sagt der Mäster: "Sie sind nicht lange im Stall. In 50 Tagen werden sie schon geschlachtet. Dann kommen neue."

Diese perfide Stallzwang-Alibiaktion trifft nur die kleinen, tierfreundlichen Geflügelhaltungen, und auf diese nimmt der von der Agrolobby gesteuerte Bundesrat keine Rücksicht (Peter Bodenmann: «35 Staatsbauern sitzen im National- und Ständerat, und sie können jedem Bundesrat seine Wiederwahl vermiesen.» Siehe www.vgt.ch\vn\0501\editorial-vn05-1.htm).

Einer von vielen verzweifelten Hobbygeflügelhalter schrieb mir heute: „Wir sind Halter von 6 Hühnern, 5 Laufenten, und 1 Gänsepaar (die Gans ist schon 23 Jahre alt). Die Tiere leben praktisch frei. Wir haben schon im Herbst ein sehr ausführlich dokumentiertes und begründetes Gesuch für eine Ausnahmebewilligung gestellt; leider ohne die geringste Chance. Die Tiere haben wir darauf in Garage und Autounterstand gesperrt, ein furchtbarer Anblick. Das nun wieder gestellte Gesuch hat offensichtlich hier im Kanton Aargau ebenfalls keine Chance. Wir können unseren Tieren eine erneute, unbefristete Stallpflicht nicht zumuten. Was können Sie uns raten?“
Wir haben leider keine Möglichkeit, den betroffenen Kleintierhaltern zu helfen. Wir können - wie üblich - nur aufklären. Die einen hören es, der grossen Masse ist es schnurzegal. Billig fressen ist in, die Folgen zahlt die Krankenkassen.

Es ist zu hoffen, dass der Konsum von Eiern und Geflügelfleisch so stark zusammenbricht, dass nicht nur der Importstopp kompensiert, sondern auch diese rücksichtslos-egoistische Strategie der Agrobranche durchkreuzt und bestraft wird. Essen Sie vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe!

Erwin Kessler, VgT
 


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