13 April 2006 Rechtsgutachten gibt dem VgT recht: Das Familienfischen ist eine nach geltendem Tierschutzgesetz verbotene Tierquälerei Das "Familienfischen" ist ein kommerzialisiertes Laienfischen aus einem Teich, der zu diesem Zweck mit fangreifen Forellen aufgefüllt wird. Der VgT hat die damit verbundene Tierquälerei am Fischteich des Restaurant Fieschergutes in Rheinsulz (Kanton Aargau) gefilmt und dokumentiert (www.vgt.ch/vn/0503/fischergut/index.htm). Auf eine Anzeige des VgT hin wurden zwar einzelne Verbesserungen eingeführt, aber der Betrieb an und für sich vom Aargauer Veterinäramt weiterhin geduldet. Daraufhin hat der VgT folgende Aufsichtsbeschwerde gegen das Veterinäramt erhoben:
6. September 2005 Regierungsrat Ernst Hasler Sehr geehrter Herr Regierungsrat Hasler; hiermit erstatte ich namens des VgT Aufsichtsbeschwerde gegen das kantonale Veterinäramt wegen Duldung gesetzwidriger Tierquälerei im Angelteich des Restaurants Fischergut in Rheinsulz mit dem Antrag, das Veterinäramt sei anzuweisen, das Familienfischen im Restaurant Fischergut zu verbieten. Begründung: 1. Am 24. Mai 2005 haben wir dem Veterinäramt eine Angezeige gegen Hans Stooss, Inhaber des Restaurants Fischergut, eingereicht wegen gewerbsmässiger Tierquälerei im kommerziell betriebenen Angelteich (sog Fischzirkus), wo jederman, auch Kinder, ohne Sachkenntnisse Fischen können. 2. Der Angelteich wird laufend "nachgefüllt". Das bedeutet, dass die Fische unnötigerweise zweimal gefangen werden: einmal aus dem Aufzuchtteich und dann ein zweites mal für den Publikumsplausch aus dem Angelteich. 3. Jedes Fangen von Fischen ist mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden. Die Tiere geraten in Todesangst und werden verletzt, insbesondere die empfindliche Haut und die lidlosen Augen werden leicht verletzt. 4. Der Todeskampf an der Angel und Angelverletzungen im Rachen, oft Abreissen der Angel und weiterleben mit der Angel im Rachen oder Zurückwerfen gefangener Fische - wie in Videoaufnahmen dokumentiert (www.vgt.ch/vn/0503/fischergut/index.htm) -, bedeuten offensichtliches Leiden. 5. Das Tierschutzgesetz (TSchG) dient dem Schutz und dem Wohlbefinden der Tiere (Art 1 Abs 1). Es gilt für Wirbeltiere (Art 1 Abs 2), also auch für Fische. TSchG Art 2 Abs 3: Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzen. Soll diese Vorschrift überhaupt einen Sinn haben, dann können Vergnügen und Unterhaltung nicht als Rechtfertigung für Angst und Schmerzen anerkannt werden. 6. Insgesamt bedeutet das Familienfischen durch des Fischens unkundige
Personen, insbesondere auch Kinder, eine ungerechtfertigte und damit
gesetzlich nicht zulässige Quälerei, erst recht wenn einmal gefangene
Fische wieder ausgesetzt werden, um sie mutwillig, um des blossen
Vergnügens an Tierquälerei Willen, noch einmal zu fangen (Einfangen aus
den Aufzuchtbecken und Aussetzen im Familienfischteich). Jedes Fangen
und Transportieren von Fischen ist mit Todesangst,
Schleimhautverletzungen, Schmerzen und Leiden verbunden. Ein Tier
unnötigerweise zweimal zu fangen, nur aus Spass, das verstösst ganz klar
gegen das Tierschutzgesetz: «Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier
Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzten»
(TSchG Artikel 2). 7. Nach Art 22 Ziffer 2 TSchG ist zudem verboten: ... "b. das Töten von Tieren aus Mutwillen". Dieser Fall liegt hier vor. 8. Das Vergnügungs-Fischen gefangengehaltener Fische, welche zu diesem Zweck aus dem Aufzuchtbecken herausgeholt und zum mutwilligen nochmaligen Fangen und Töten in einen Angelteich ausgesetzt, ist zudem dem verbotenen Schiessen auf gefangengehaltene Tiere äquivalent. 9. In Deutschland und den Niederlanden werden ähnliche Praktiken nicht geduldet, da sie auch dort gegen die Tierschutzvorschriften verstossen, da zwar die Nahrungsmittelbeschaffung als "vernünftiger Grund" im Sinne des Tierschutzgesetzes anerkannt wird, jedoch nicht das Zufügen von Angst und Schmerzen zum "sportlichen" Vergnügen. Quellen: - Dr Norbert Sauer: "Tierschutz bei Fischen", Dissertation der Justus-Liebig-Universität Giessen, 1993; - Hoffmann/Oidtmann: "Angelfischerei", in: Das Buch vom Tierschutz, Hrsg Sambraus/Steiger (online unter www.vgt.ch/buecher/buch_vom_Tierschutz/index.htm) 10. Dazu kommt, dass der Angelzirkus beim angezeigten Restaurant von Dilettantismus und mangelhafter Aufsicht geprägt ist und als Folge davon grobe Tierquälereien an der Tagesordnung sind. Zum panischen Todeskampf an der Angel, der typisch ist für den Angelsport allgemein, wird die Tierquälerei hier massiv verstärkt durch Unkenntnis und Unfähigkeit, zB unsachgemässes Anlanden und Töten der Fische ohne Kescher (Unterfangnetz), ferner Zurücksetzen unerwünschter Fische durch Personen, die lieber Fischen als Fische kaufen und essen. 11. Die "Aufsicht" am Angelteich beschränkt sich praktisch darauf, dass das Angelgerät abgegeben und die gefangenen Fische gewogen und kassiert werden. Bei unseren Beobachtung bestand keinerlei Aufsicht bezüglich unsachgemässem Fischen und Tierquälerei. 12. Ein ähnliches Familienfischen ist vor sechs Jahren nach Protesten des VgT am Blausee eingestellt worden (www.vgt.ch/news/990806.htm). Der neue Direktor der Blausee-Betrieb schrieb in der Coop-Zeitung sehr treffend, das Familienfischen sei ein unzeitgemässes Relikt aus früheren Zeiten, das am Blausee nicht mehr betrieben werde. 13. Auf unsere Anzeige hin hat das Veterinäramt (handelnd durch Frau Nicole Peyer) lediglich einige "Verbesserungen" angeordnet. Die grundsätzlich unnötige und darum gesetzwidrige Tierquälerei durch zweimaliges und erst noch dilettantisches Fangen der Fische zum blossen Vergnügen wird weiterhin geduldet. 14. An diesem rechtswidrig geduldete Angelzirkus sind insbesondere Familien mit Kindern beteiligt (siehe www.vgt.ch/vn/0503/fischergut/index.htm). Kinder zu Tierquälerei zum blossen Vergnügen anzuleiten ist barbarisch, einer zivilisierten Gesellschaft unwürdig und mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar. Mit freundlichen Grüssen Beilage: Ein vom VgT in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Prof Marcel Niggli (Unitversität Freiburg) bestätigt die vom VgT in obiger Beschwerde dargelegte tierschutzrechtliche Situation. Dennoc wurde die Aufsichtsbeschwerde abgewiesen. Auf den Kern der Sache, dass beim Familienfischen den Fischen zum blossen Vergnügen Schmerzen, Angst und Leiden zugefügt wird und ein solcher Betrieb deshalb grundsätzlich gegen das Tierschutzgesetz verstösst, was im Rechtsgutachten Niggli bestätigt wird, geht die regierungsrätliche Antwort mit keinem Wort ein. * Strafbar machen sich laut Gutachten nicht nur die Betreiber von Familienfischteichen, sondern auch deren Kunden. Wir werden im Fischergut Rheinsulz (und anderswo) Beobachtungen anstellen und Kunden anhand ihrer Autokennzeichen identifizieren und verzeigen. |