11. März 2009, aktualisiert am 2. Mai 2009

Motion für ein Einzehaltungsverbot von Kaninchen

Nationalrat Lukas Reimann (SVP, SG) reicht am 11. März 2009 die folgende vom VgT vorgeschlagene Motion ein (wörtlich vom VgT übernommen):

Eingereichter Text

Der Bundesrat wird beauftragt, die Gruppenhaltungsvorschrift für sozial lebende Tiere gemäss Artikel 13 der Tierschutzverordnung auch auf Kaninchen anzuwenden und den widersprechenden Artikel 64 Absatz 2 dementsprechend anzupassen.

Begründung

Es ist unbestritten, dass die dauernde Einzelhaltung von sozialen Tieren tierquälerisch und mit den Grundsätzen des TSchG nicht vereinbar ist; dies anerkennt der Bundesrat mit Artikel 13 der TSchV. Auch das BVET vertritt in seinen Veröffentlichungen schon lange diese Auffassung.

In seinen "Erläuterungen" zur letzten Revision der Tierschutzverordnung hat das EVD zu Artikel 13 klargestellt, dass dieser auch für Kaninchen gilt: "Absatz 3 soll als Ergänzung zu den bestehenden Absätzen verdeutlichen, dass Sozialkontakte zum Normalverhalten soziallebender Tiere gehören. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für landwirtschaftliche Nutztiere wie Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde, Kaninchen und Geflügel, sondern auch für die anderen Haustiere und auch für die Wild- und Versuchstiere.

Die Formulierung ist allgemein gehalten. Soweit nötig wird für einzelne Tierarten in den entsprechenden Abschnitten diese Forderung konkretisiert. Einzelhaltung bedeutet für Individuen sozial lebender Tierarten eine erhebliche Einschränkung ihres Normalverhaltens. Zudem stellen Sozialpartner eine erhebliche Bereicherung der Umwelt dar."

Artikel 64 Absatz 2 TSchV, welcher die Einzelhaltung von Kaninchen im Alter ab acht Wochen erlaubt, verletzt die Grundsätze des Tierschutzgesetzes und widerspricht der einhelligen Auffassung der schweizerischen Tierschutzorganisationen.

In der offiziellen gemeinsamen Vernehmlassung der schweizerischen Tierschutzorganisationen zur Revision der Tierschutzverordnung wurde ebenfalls gefordert, das bisherige Einzelhaltungsverbot für junge Kaninchen in den ersten acht Wochen auf alle Kaninchen auszuweiten. Da diese berechtigte Forderung der Tierschutzorganisationen ohne jede sachliche Begründung unbeachtet blieb, wird sie nun auf dem Weg einer Motion vorgebracht.

Am 22. April 2009 hat Lukas Reimann die Motion auf massiven Druck der Parteileitung (einschliesslich SVP-Parteipräsident Toni Brunner) zurückgezogen.

Am 28. April erklärte Reimann gegenüber Radio DRS, er habe nicht mit dem VgT zusammengearbeitet und er habe die Motion nicht auf Druck der Partei, sondern der Kaninchenzüchter zurückgezogen: Verlogene Behauptungen von Lukas Reimann und Toni Brunner in Radio DRS Regionaljournal Ostschweiz

Lügen gehören zum selbstverständlichen, normalen politischen Werkzeug dieser verlogenen Partei. Die Parteiinteressen heiligen alles.

Reimann rechtfertigt seine Lügen mit einer neuen Lüge: Radio DRS Regionaljournal Ostschw 29.4.09
Es habe nur einen Email-Kontakt gegeben. Er erhalte viele Emails, nur dass er darauf antworte, sei noch keine Zusammenarbeit. Reimann tut so, als habe es nur ein Email vom VgT gegeben, das er beantwortet habe - eine neue Lüge. Es gabe über längere Zeit einen intensiven Email-Verkehr und ein persönliches Treffen zur Ausarbeitung und Begleitung der Motion durch den VgT. Als Beweis veröffentlichen wir diesen Email-Verkehr: Der ausführliche Email-Verkehr mit ihm

Inzwischen reagiert Reimann auf Zuschriften enttäuschter Wähler, indem er sich als grosser Tierschützer outet, der sich wie kein anderer für Tierschutz engagiere. Dazu nennt er folgende Themen für, die er sich eingesetzt habe: Deklarationspflicht über Tierhaltung bei Fleisch, gegen das grausame Schächten,  gegen Pelzhandel, gegen EU-Schlachttiertransporte. Das ist jua gut und recht, aber dies alles betrifft Tierquälereien im Ausland (auch die Deklarationspflicht richtet sich gegen ausländische Produkte). Inländische Tierquälereien deckt Reimann feige, weil es die Partei so will.

Der VgT hoffte, dass nun ein Parlamentarier aus dem links-grünen Lager die Motion erneut einreichen werde. Die grüne Nationalrätin Edith Graf (TG) fand den Vorschlag keine Antwort wert.
Feigheit und Verlogenheit - widerliche Markenzeichen des politischen Betriebes in der ach so demokratischen Schweiz.

Erläuterungen des VgT zum Motionstext:

Der VgT wird zuhanden der nächsten Wahlen auswerten, welche Parlamentarier diese Motion unterstützten und welche nicht bzw welche bei der Abstimmung durch Abwesenheit glänzen.

Während die Käfighaltung von Hühnern dank grossem Publikumsinteresse schon vor Jahren verboten wurde, erlaubt der Bundesrat die nicht minder tierquälerische Käfig- und Einzehaltung von Kaninchen weiterhin, das weniger im Fokus des öffentlichen Interesses.  Als erfolgreiches und gleichzeitig einziges wirksames Mittel gegen die traditionelle, aus heutiger Sicht ganz klar tierquälerische Käfighaltung von Kaninchen hat sich die öffentliche Anprangerung der Uneinsichtigen erwiesen:

- Blacklist der uneinsichtigen Käfigkaninchenhalter
- Erfolge

Die vorliegende Motion strebt ein Verbot der grausamsten Form der Käfighaltung an, der Einzelhaltung (soziale Deprivation). Die sachlichen Gründe, die für ein solches Verbot sprechen, sind überwältigend. Dagegen sprechen einzig egoistische Gruppeninteressen, einerseits der glücklicherweise aussterbenden Rassezüchter (Nachwuchsmangel!), und andererseits der Tierversuchsindustrie (insbesondere der daran beteiligten Pharma-Industrie), welche ein Interesse daran hat, ihre Versuchskaninchen möglichst billig auf kleinstem Raum zu halten. Der Einfluss der Pharma-Industrie auf den Bundesrat ist sprichwörtlich. Nur so ist das hartnäckige Festhalten des Bundesrates an der tierquälerischen Käfighaltung erklärbar.

Dass die Einzelhaltung von sozialen Tieren tierquälerisch und mit den Artikeln 1 und 4 des Tierschutzgesetzes nicht vereinbar ist, ist unbestritten und mit Artikel 13 auch in der Tierschutzverordnung anerkannt. Auch das BVET vertritt schon lange diese Auffassung in seinen Veröffentlichungen:

„Kaninchen wollen zusammen leben“, BVET-Magazin 6/2003, wiedergegeben in
www.vgt.ch/doc/kaninchen/kaninchen_bevet.pdf

„Kaninchen richtig halten“- Informationsschrift des BVET, wiedergegeben in
www.vgt.ch/doc/kaninchen/BVet-Brosch_Kaninchen.pdf
Zitate daraus:
„Hauskaninchen verhalten sich wie Wildkaninchen.“
„Kaninchen brauchen Platz, Beschäftigung und Artgenossen.“

Artikel 13 der Tierschutzverordnung verbietet die Einzelhaltung:

"Tieren soziallebender Arten sind angemessen Sozialkontakte mit Artgenossen zu ermöglichen."

Artikel 64 Absatz 2 der Tierschutz-Verordnung lautet:

"Jungtiere dürfen in den ersten 8 Wochen nicht einzeln gehalten werden."

Das kann/muss so verstanden werden, dass Einzelhaltung für Tiere älter als 8 Wochen erlaubt ist.
Das Bundesamt für Veterinärwesen interpretiert dies jedenfalls so im Tierschutzkontrollhandbuch Kaninchen:

8. Einzelhaltung: Erfüllt wenn die jungen bis zum Alter von acht Wochen nicht einzeln gehalten werden.

Die "Erläuterungen" des EVD enthalten keine Begründung für den Widerspruch zwischen Artikel 64 Absatz 2 und Artikel 13. Der Kommentar erschöpft sich in folgendem Satz:

7. Abschnitt: Hauskaninchen
Der Abschnitt Hauskaninchen mit dem Artikel 55 und dem Artikel 56 entspricht dem bisherigen Abschnitt 3a mit dem Artikel 24a und dem Artikel 24b. In Anhang 1 Tabelle 161 sind die Gruppierungen der Gewichtsklassen der Praxis der Rassekaninchenhaltung angepasst worden.

Wurde einfach vergessen, die Kaninchenvorschriften an den neuen Artikel 13 anzupassen? Eine
sachliche Rechtfertigung, Kaninchen vom Einzelhaltungsverbot auszunehmen, besteht jedenfalls nicht.

Artikel 6 Absatz 2 TSchG verlangt vom Bundesrat:

Nach Anhören der interessierten Kreise erlässt der Bundesrat unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach dem Stand der Erfahrung und der technischen Entwicklung Vorschriften über das Halten von Tieren, namentlich Mindestanforderungen. Er verbietet Haltungsarten, die den Grundsätzen des Tierschutzes widersprechen.

Politischer Druck und (wirtschaftliche) Partikulärinteressen legitimieren den Bundesrat nicht, diese
gesetzliche Verpflichtung zu missachten. Dass der Bundesrat die Einzelhaltung von Kaninchen in
Artikel 64 Absatz 2 TSchV ausdrücklich erlaubt, ist gesetzwidrig.

Das BVET hat den Artikel 13 der Tierschutzverordnung bisher wider besseres Wissen dahingehend interpretiert, dass Geruch und Geräusche von Artgenossen als Sozialkontakt genügten - eine abwegige, unhaltbare Auffassung. Siehe dazu die folgenden
Stellungnahmen kompetenter Fachleute
:

Nagerstation Morgenegg: www.vgt.ch/doc/kaninchen/einzelhaltung\stellungnahme-morgenegg.pdf
Freerabbit.de:                    www.vgt.ch/doc/kaninchen/einzelhaltung/stellungnahme-freerabbit.pdf

Unter dem Druck der vorliegenden Motion hat das Bundesamt für Veterinärwesen Sozialkontakte für Kaninchen auf "Sichtkontakt" ausgeweitet. Eine sachliche Begründung, warum Kaninchen nicht wirklichen Sozialkontakt haben sollen, gibt es nicht. Das Bundesamt für Veterinärwesen betreibt unter der zuständigen Bundesrätin Doris Leuthard (als wenig tierfreundlich bekannt) Interessenpolitik statt Tierschutz. Der Bundesrat und seine Ämter halten sich nur soweit an die Gesetze (hier: Tierschutzgesetze), wie es ihnen gerade passt - und niemand hat das Recht, gegen diese vortwährenden Gesetzesverletzungen ein Gericht anzurufen.

Genau wissend, dass Einzelhaltung tierquälerisch ist, auch bei Sichtkontakt (siehe die beiden obigen Stellungnahmen von Fachleuten), hat das BVET unter dem Druck der Motion anfangs Mai 2009 eine Kaninchen-Richtlinie "Sozialkontakte" herausgegeben. Darin wird aber die Gruppenhaltung nur empfohlen, nicht verbindlich vorgeschrieben: "Kaninchen sind gesellige Tiere und sollten wenn immer möglich in Gruppen gehalten werden." Es ist indessen nicht einzusehen, warum jemand überhaupt Kaninchen halten darf, dem es nicht möglich ist, sie in sozialen Gruppen zu halten. Niemand muss unbedingt Kaninchen halten- erst recht, da die Rassenzucht nur ein (perverses) Hobby ist. Landwirtschaftliche Kaninchenmäster halten in der Schweiz die Kaninchen in Gruppen und sind von der Motion nicht betroffen.
Mit unverbindlichen Empfehlungen, die bei den bekanntermassen sturen und hinterwäldlerischen Rassezüchtern auf taube Ohren stossen, wird den Tieren nicht geholfen und dem Tierschutzgesetz nicht genüge getan. Und weil die für den Tierschutz verantwortliche Bundesrätin Doris Leuthard - fast eben so stur wie die Kaninchenzüchter - nicht von sich aus handelt, ist die Motion dringend notwendig.

Manche der sogenannten "Rassenzüchter" (zum Glück selber eine aussterbende Rasse) behaupten, Böcke könnten nicht zusammen gehalten werden, da sie sonst "auf einander los" gingen. Tatsächlich können geschlechtsreife männliche Kaninchen (auch Rammler genannt) nicht auf engem Raum zusammen gehalten werden. Ohne Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten würden sie sich bei den Rangkämpfen verletzten.  Dennoch ist dieser Einwand nicht stichhaltig, denn die Tierquälerei beginnt eben schon bei der Haltung der Kaninchen auf engem Raum in winzigen Käfigen:

Typisches Kaninchen-KZ eines sogenannten "Rassezüchters"

Es ist logisch, dass in solchen winzigen Käfigen nicht mehrere Böcke zusammen eingesperrt werden können.  Das Problem ist aber nicht die Gruppenhaltung, welcher der Natur der Kaninchen entspricht, sondern an der unnatürlichen, tierquälerischen Käfighaltung. Das Einzelhaltungsverbot wird die Züchter zwingen, die Kaninchenhaltung zu verbessern oder dieses tiequälerische Hobby aufzugeben. Das ist ein durchaus erwünschter Nebeneffekt des Einzelhaltungsverbotes.

Ausführliche Dokumentation über Kaninchen: www.vgt.ch/doc/kaninchen

Medienspiegel zur Motion:
Nie mehr allein, Basellandschaftliche Zeitung 12.3.09
Nie mehr allein, Mittelland Zeitung (Aargauer Zeitung) 12.3.09
Leserbrief zu Nie mehr allein, Basellandschaftliche Zeitung 18.3.09
Sonntagszeitung 15.3.09
Kaninchenhaltung ist ein Skandal, Sonntags-Zeitung 22.3.09
Prügel vom Chüngel-Klüngel, Sonntagszeitung 22.3.09 -  Die Sonntagszeitung hat es kunstvoll fertiggebracht, den VgT als Initiator dieser Motion mit keinem Wort zu erwähnen. Typisch
Kaninchen-Motion Reimann wird nicht zurückgezogen, Solothurner Zeitung 28.3.09
Leserbriefe zur Kaninchen-Motion Reimann, Sonntagszeitung 29.3.09

Medienspiegel zum Rückzug der Motion:
Reimann rechtfertigt seine Lügen mit einer neuen Lüge: Radio DRS Regionaljournal Ostschw 29.4.09
Verlogene Behauptungen von Lukas Reimann und Toni Brunner, Radio DRS Reg-Journal 28.4.09
Reimann zieht Chüngel-Motion zurück, St Galler Tagblatt 29.4.09
Reimann lässt Kaninchen allein zurück, Luzerner Zeitung 29.4.09
"Die Hohepriester der Kaninchen", primitiver Kommentar in der Basellandschaftlichen Zeitung und in der Mittelland Zeitung (Aargauer Zeitung etc), 29.4.09
Motion zurückgezogen, Tages-Anzeiger 28.4.09
 


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