21. August 2000 Werbe-Zensur durch die Stadt Luzern - Vorgeschichte: www.vgt.ch/justizwillkuer/bus-werbg-luzern.htm Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (Verwaltungsrichter Wirthlin, W�est und Zosso) hat die Beschwerde gegen die Zensur abgelehnt. Die folgende staatsrechtliche Beschwerde wurde vom Bundesgericht ebenfalls abgelehnt (f�r dieses politische Willk�rurteil verantwortliche Bundesrichter: Wurzburger, Hartmann, Hungerb�hler, M�ller, Yersin).
Aus der Beschwerde an das Bundesgericht: In Sachen Zensur des Tierschutz-Werbetextes erhebe ich hiermit Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Luzern vom 14. August
2000
1. Sachverhalt Mit Schreiben vom 21. Januar 1999 an den Beschwerdef�hrer (BF) lehnten die Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern (VBL) nach R�cksprache mit dem zust�ndigen Stadtrat Baumann, eine Ganzbus-Werbung mit der Begr�ndung ab, der Werbetext "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" k�nnte gewisse Leute - sprich: die Agro- und Fleischlobby! - st�ren und sei deshalb politisch "heikel". Der Text k�nne als "anst�ssig" oder als "Beleidigung" aufgefasst werden. Dagegen erhob der BF Verwaltungsbeschwerde beim Stadtrat. Mit Entscheid vom 11. August 1999 wies der Stadtrat die Beschwerde ab, im Wesentlichen mit folgender Begr�ndung:
Gegen diesen Entscheid erhob der BF am 19. August 1999 Verwaltungsbeschwerde beim Volkswirtschaftsdepartementes des Kantons Luzern. Verwaltungsintern wurde die Beschwerde dem Baudepartement zur Erledigung �berwiesen. Am 18. April 2000 (eingegangen am 26. April 2000) wies das Baudepartement, vertreten durch Regierungsrat Max Pfister, die Beschwerde ab, im Wesentlichen mit der Begr�ndung, aus der in der Verfassung und in der Europ�ischen Menschenrechtskonvention garantierten Meinungs�usserungsfreiheit ergebe sich kein "Anspruch auf eine Meinungs�usserung mittels Ganzwerbebussen". Gegen diesen Entscheid erhob der BF am 28. April 2000 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit den Antr�gen:
Mit Urteil vom 14. August 2000 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 2. Beschwerdegr�nde Die Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern (VBL) sind kein Privatbetrieb, sondern ein staatlicher Monopolbetrieb eines politischen Gemeinwesens. Wie die Verwaltungsinstanzen einr�umten, sind die Busse �ffentliche Sachen. Die Aus�bung von inhaltlicher Zensur bei der Annahme oder Ablehnung von Werbeaufschriften durch die Stadt stellt deshalb kein rein privatrechtliches Handeln dar. Zudem ist die ausge�bte Zensur offensichtlich eine politische, nicht eine privatrechtlich-marktwirtschaftlich motivierte: die Stadt f�rchtet, wie aus der Entscheidbegr�ndung (Seite 3 unten) unzweideutig hervorgeht, politische Pressionen der im Kanton Luzern m�chtigen Agro- und Fleischlobby. Das Schweizervolk hat vor �ber 20 Jahren mit �berw�ltigender Mehrheit einem eidgen�ssischen Tierschutzgesetz zugestimmt, dessen Aufgabe es ist, das Wohlbefinden insbesondere auch der Nutztiere zu sch�tzen (Artikel 1 TSchG). Trotzdem herrschen - insbesondere im Kanton Luzern - bis heute in etwa 9 von 10 Schweinem�stereien Zust�nde, die f�r die Tiere als katastrophal bezeichnet werden m�ssen. Dieser systematische Nichtvollzug des demokratisch zustandegekommenen Tierschutzgesetzes �ber Jahrzehnte stellt nicht nur ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Umgang mit empfindsamen Lebewesen, sondern auch eine Verachtung der Demokratie und des Rechtsstaates durch die Regierenden dar. Es ist kaum denkbar, gegen derartige Missst�nde im Staat friedlicher und ordentlicher zu protestieren als mit dem sanften Hinweis "Im Kanton Luzern leben mehr Schweine als Menschen - warum sehen wir sie nie?" Eine wesentliche Funktion des Grundrechts auf freie Meinungs�usserung besteh darin, dass es denjenigen eine Waffe bietet, denen andere Machtmittel zur Verteidigung rechtlich anerkannter Interessen nicht zur Verf�gung stehen. Tierschutz ist in der Schweiz ein nationales Anliegen mit Verfassungsrang. Mehr als verbale Proteste stehen indessen Tiersch�tzern nicht zur Verf�gung, da den Tierschutzorganisationen das Klage- und Beschwerderecht in Tierschutz- und Konsumentenschutzfragen bis heute verweigert wird. Um so schwerer wiegt von staatlichen Beh�rden ausge�bte politische Zensur zugunsten der im Kanton Luzern m�chtigen Schweine-Lobby. Dass eine Meinungs�usserung andere st�ren k�nnte, gen�gt gem�ss Praxis des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte nicht, um in das Grundrecht der Meinungs�usserungsfreiheit einzugreifen, da eine freie, auch kontroverse und provokative Meinungs�usserung eine wesentliche Grundlage jeder freiheitlich-demokratischen Gesellschaft darstellt. Immer mehr Menschen emp�ren sich �ber die brutale Ausbeutung der Nutztiere und f�hlen sich von Werbung f�r Fleisch und andere Tierqu�lerprodukte sehr gest�rt, ohne dass Fleischwerbung in der Stadt Luzern deshalb verboten w�rde, ebenfalls nicht das f�r Tierfreunde anst�ssige �ffentliche Tragen von Pelzen von Tieren, die entweder mit barbarischen Fussfallen (Tellereisen) gefangen oder in KZ-artigen Pelztierzuchten gez�chtet worden sind (beides in der Schweiz aus Tierschutzgr�nden verboten! Importe hingegen sind erlaubt.). Tierqu�lerei gilt allgemein zu Recht als unmoralisch und verwerflich. Das �ffentliche Tragen von Tierqu�ler-Pelzen und das �ffentliche Werben f�r Tierqu�ler-Fleisch wird deshalb von vielen (tierliebenden) Menschen als �rgernis empfunden, ohne das die Luzerner Beh�rden auch nur daran denken w�rden, etwas dagegen zu unternehmen oder Pelz- und Fleischwerbungsplakate auf �ffentlichem Grund und in oder auf Bussen zu untersagen. In willk�rlicher Weise bezeichnen die gleichen Beh�rde dann aber einen keineswegs derb, aggressiv oder provokativ formulierten tiersch�tzerischen Werbetext als "anst�ssig", um ihn mit dieser Begr�ndung zu unterbinden. Dass die Beurteilung "anst�ssig" nur vorgeschoben ist, um die politische Willk�r zu verdecken, zeigt sich daran, dass der fragliche Werbetext objektiv eindeutig nicht anst�ssig ist und der Entscheid (Seite 3 unten) ja auch klar zum Ausdruck bringt, dass es bei diesem Werbeverbot letztlich um politische Motive geht, n�mlich die Angst vor der im Kanton Luzern m�chtigen Agro- und Fleischlobby. Der Einwand, eine Ganzbuswerbung werde vom Publikum direkt mit den Verkehrsbetrieben in Zusammenhang gebracht, vermag nicht im geringsten zu �berzeugen: Die �ffentlichkeit ist es sich gewohnt, dass �berall die unterschiedlichste Werbung anzutreffen ist, und niemandem f�llt es ein, den Werbeinhalt mit dem Werbetr�ger in Verbindung zu bringen. So identifiziert wohl kein vern�nftiger Mensch weder die Fernsehwerbespots mit der SRG oder den Inhalt von Plakaten in Bahnh�fen mit der SBB, noch die St�dtischen Verkehrsbetriebe mit dem Inhalt der Neuen Luzerner Zeitung, nur weil letztere Ganzbuswerbung macht; es wir auch kein vern�nftiger Mensch aus einer Ganzbuswerbung irgend eine Beziehung zwischen der Elvia-Versicherung und den st�dtischen Verkehrsbetrieben ableiten. Warum dies bei tiersch�tzerischer Ganzbuswerbung anders sein sollte, ist unerfindlich. Diesen unangebrachten Bedenken h�tte jedenfalls einfach Rechnung getragen werden k�nnen, indem der Name des Beschwerdef�hrers oder seiner Tierschutzorganisation beigef�gt worden w�re. Eingriffe in die Meinungs�usserungsfreiheit sind gem�ss st�ndiger Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte so gering wie m�glich zu halten. Vor pauschalen Verboten haben die Beh�rden deshalb immer zu pr�fen, ob der angestrebte Zweck nicht auch mit Auflagen erreicht werden k�nnte. Die Stadt Luzern hat keinerlei Versuch unternommen, mit solchen Auflagen - zB Anschrift des Namens des Werbeverantwortlichen - einer allf�lligen Identifizierung mit den st�dtischen Verkehrsbetrieben vorzubeugen. Diese unangebrachten Bedenken wurden im �brigen erst im Laufe des Verwaltungsbeschwerdeverfahrens vorgebracht bzw vorgeschoben, w�hrend in der Ablehnung des Werbeauftrages vom 21.1.99 nichts derartiges zu finden ist. Es wurden lediglich Bedenken ge�ussert, das Publikum k�nnte diese Werbung als "anst�ssig" empfinden. Die Meinungs�usserungsfreiheit auf �ffentlichem Grund - und analog auf �ffentlichen Sachen - darf nur aus zwingenden sachlichen Gr�nden eingeschr�nkt werden. Dies erst macht die Bedeutung von Grundrechten aus. Grundrechte sind dazu da, die B�rger vor beliebigen staatlichen Eingriffen ohne sachliche Rechtfertigung wie im vorliegenden Fall zu sch�tzen. Wenn auf �ffentlichen Sachen Werbefl�chen zur Verf�gung gestellt werden, ist es mit der Meinungs�usserungsfreiheit (EMRK 10) und dem Diskriminierungsverbot (EMRK 14) unvereinbar, wenn der Staat nach Belieben, ohne zwingende sachliche Gr�nde, aus politischen Motiven, gewissen Interessengruppen den Zugang zu diesen Werbefl�chen verwehrt. Aus den dargelegten Gr�nden verletzt diese Werbezensur in diskriminierender Weise die Meinungs�usserungsfreiheit. Diese Zensur best�tigt wieder einmal die Erkenntnis: In der Schweiz gilt die Meinungs�usserungsfreiheit - aber nur solange man davon keinen Gebrauch macht. Indem das Verwaltungsgericht entgegen dem ausdr�cklichen Antrag des BF keine �ffentliche Verhandlung durchf�hrte, wurde auch das �ffentlichkeitsgebot gem�ss der Europ�ischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Artikel 6, verletzt. Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes, die vorliegende Streitsache falle nicht unter EMRK 6.1 ist unzutreffend. Zu dem in der Schweiz anwendbaren Recht geh�rt auch die EMRK, die unmittelbar anwendbar ist. Das Verwaltungsgericht begr�ndet die Abweisung der Beschwerde unter Ziffer 5b mit dem Hinweis auf BGE 119 Ib 248 ("Recht auf Antenne") und auf BGE 123 II 409, 414 Erw 5 (Bundesgerichtsurteil vom 20. August 1997 in Sachen VgT gegen die SRG betreffend Zensur eines Tierschutz-Werbespots; Bundesrichter Hartmann, Betschart, Hungerb�hler, Wurzburger, R. M�ller). Indessen findet sich in BGE 123 II 409 nichts, was f�r den vorliegenden Fall n�tzlich w�re, und BGE 123 II 414 Erw 5 handelt von politischer Werbung, die hier offensichtlich nicht vorliegt, wobei noch darauf hingewiesen wird, dem VgT seien "alternative Verbreitungsm�glichkeiten" offengestanden. Diesen Hinweis bringt das BGer bei seiner systematischen Rechtsprechung gegen den VgT bei jeder einzelnen Einschr�nkung der Meinungs�usserungsfreiheit immer wieder vor, was auf einen geradezu zynischen Umgang mit Grundrechten hinausl�uft, der wohl demn�chst durch Entscheide des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte in die dringend n�tigen Schranken gewiesen wird. (Zur Zeit sind zw�lf derartige, f�r zul�ssig erkl�rte Menschenrechtsbeschwerden des VgT beim EGMR h�ngig.) Das Verwaltungsgericht hat nicht dargelegt, warum und inwiefern die zitierten BGE die Behauptung unter Ziffer 5c st�tzen, die VBL habe die Ganzbuswerbung des BF ablehnen d�rfen. Sollte sich dieser Schluss aus dem fraglichen BGE tats�chlich ableiten lassen, so ist dieser Schluss jedenfalls genau so falsch, wie dieser BGE selber, gegen den eine Beschwerde beim EGMR h�ngig ist. Mit der Behauptung (Ziffer 5c), ein "Ausschluss von politischer Werbung auf Aussenfl�chen von Bussen im �ffentlichen Stadtverkehr" schade "dem Funktionieren der Demokratie" nicht, unterstellt das Verwaltungsgericht grob wahrheitswidrig und damit willk�rlich, die fragliche Werbung sei eine "politische", was diese offensichtlich nicht ist. Zudem wird damit das Recht willk�rlich angewendet, indem es kurzerhand auf den Kopf gestellt wird, denn die Meinungs�usserungsfreiheit gilt nicht nur dann, wenn andernfalls das "Funktionieren der Demokratie" gef�hrdet ist. Vielmehr bestimmt EMRK 18 iVm EMRK 10, dass dieses Menschenrecht nur eingeschr�nkt werden darf, wenn dazu eine zwingende Notwendigkeit in �ffentlichem Interesse besteht. Weiter behauptet das Verwaltungsgericht (Ziffer 5c), es liege keine Analogie zur Ben�tzung �ffentlichen Grundes vor, weil es sich bei den Bus-Werbefl�chen nicht um Sachen im Gemeingebrauch handle. Dieser Auffassung kann sich der BF nicht anschliessen, da die Ganzbuswerbung an st�dtischen Busse, die unbestritten im Gemeingebrauch stehen, angebracht wird und diese Werbung nur deshalb �berhaupt werbewirksam ist, weil diese Busse im Rahmen eines st�dtischen Monopolbetriebes in der Stadt herumfahren. Es ist willk�rlich, die Werbefl�che - das Carosserie-Blech der Busse - derart von den Bussen zu abstrahieren, dass zwar die Busse, aber nicht deren Werbefl�chen Sachen im Gemeingebrauch seien. Wer diese Werbefl�chen mietet, mietet nicht irgend ein Blech zum Anbringen von Werbung, sondern eben gezielt die Busse der st�dtischen Verkehrsbetriebe! Willk�rlich ist auch die vom Verwaltungsgerichtes (Seite 12) unkritisch von den Vorinstanzen �bernommene Behauptung der fragliche Werbetext sei "anst�ssig". Unter diesem Begriff wird gemeinhin Unmoralisches oder Un�sthetisches verstanden, nicht einfach nur Auffassungen, die nicht geteilt werden, hier die mit dem fraglichen Text angedeutete Auffassung, den Schweinen im Kanton Luzern gehe es schlecht, da sie (unsichtbar) in Intensivhaltungen eingesperrt seien und nie ins Freiland gelassen w�rden. Im �brigen fallen gem�ss Praxis des EGMR auch angriffige, st�rende und schockierende �usserungen unter den Schutz der Meinungs�usserungsfreiheit. Vorliegend ist der fragliche Text weder derb, aggressiv oder schockierend, wie der BF auf Seite 3 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dargelegt hat. Das Verwaltungsgericht ist darauf nicht eingegangen und hat willk�rlich und einseitig einfach die vorinstanzliche Behauptung der angeblichen Anst�ssigkeit �bernommen. Dadurch wurde das rechtliche Geh�r verletzt. Ebenso wurde das rechtliche Geh�r dadurch verletzt, dass das Verwaltungsgericht mit keinem Wort auf die Ausf�hrungen des BF Seite 3 einging, dass die von der Stadt Luzern angef�hrten Ablehnungsgr�nde der Werbung (Anst�ssigkeit, ausgesch�pftes Kontingent) offensichtlich nur vorgeschoben waren, um die in Wirklichkeit politische Zensur zu verschleiern. Die Stadt Luzern hat auffallenderweise nicht angegeben, bis wann das Kontingent angeblich ausgesch�pft gewesen sein soll und hat den BF nicht gefragt, wie lange er zu warten bereit w�re, bis eine Ganzbuswerbung frei werde. Der BF w�re auch nach Jahren noch daran interessiert und w�rde sich durchaus mit einer l�ngeren Warteliste abfinden, da leider nicht zu erwarten ist, dass seine Werbebotschaft in den n�chsten Jahren hinf�llig wird. Mit der vom BF geltend gemachten Verletzung des Diskriminierungsverbotes gem�ss EMRK 14 hat sich das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf BGE 123 II 417 Erw 5c/bb) nicht auseinandergesetz. Indessen ist die vom BGer in diesem Entscheid vorgenommene Qualifizierung von Werbung f�r Fleisch als zul�ssige kommerzielle Werbung und Werbung f�r vegetarische Ern�hrung als unzul�ssige politische Werbung, offensichtlich haltlos und ein krasser Affront gegen elementarsten Gerechtigkeitssinn. Diese Benachteiligung ideell motivierter Werbung ist ums stossender, wenn die ungleich st�rkere finanzielle Potenz der milliardenschweren Fleischlobby f�r grosse Werbekampagnen auch in anderen Medien ber�cksichtig wird, gegen�ber den beschr�nkten Mitteln idealistischer Tiersch�tzer und Tierschutzorganisationen.
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