1.
Die Bezirksanwaltschaft sieht den die Einstellung der Strafuntersuchung
rechtfertigenden angeblichen Irrtum darin, dass der Angeschuldigte sich nicht die
Zeit genommen habe, den Inhalt der von der Gesch�digten verteilten Couverts richtig
anzusehen und deshalb gemeint habe, es handle sich um "blasphemischen" Inhalt.
Wie indessen der Einzelrichter im Rekursentscheid vom 30.12.1998 (Seite 14) feststellte,
hat der Angeschuldigte bei seiner ersten Einvernahme nichts von Blasphemie gesagt.
In seiner ersten Einvernahme vor der Kantonspolizei hat der Angeschuldigte sein Vorgehen
nur mit dem seiner Meinung nach "geschmacklosen" Inhalt begr�ndet. Die
Schutzbehauptung der "Blasphemie" hat er erst im sp�teren Verlauf des
Verfahrens erfunden. Dabei �bersieht die Vorinstanz auch, dass selbst dann, wenn es sich
tats�chlich um blasphemische Inhalte gehandelt h�tte, der angeschuldigte
landwirtschaftliche Betriebsleiter des Klosters kein Notwehrrecht gehabt h�tte, das ihn
berechtigt h�tte, gewaltsam dagegen vorzugehen, denn blasphemische Darstellungen sind
nicht rechtswidrig. Der Angeschuldigte hat nicht einmal selbst behauptet, er habe
geglaubt, blasphemische Darstellungen seien rechtswidrig; das w�re auch etwas viel
angeblicher Irrtum, denn der Angeschuldigte verf�gt immerhin �ber eine h�here Bildung,
die in irgend einer Form immer auch Allgemeinbildung in Rechtskunde vermittelt.
Anmerkung:
Der Unterzeichnende hat auch "gemeint", seine tiersch�tzerische Kritik am
grausamen j�dischen Sch�chten habe nichts mit Rassismus zu tun. Trotzdem wurde er nicht
wie dieser gewaltt�tige Klostervertreter freigesprochen, sondern zu 45 Tagen Gef�ngnis
unbedingt verurteilt.
2.
Nach Stratenwerth (Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, zweite
Auflage, �10 N118) stellt ein Irrtum nur dann eine Rechtfertigung dar
(Putativrechtfertigung), wenn sich der T�ter einen Sachverhalt vorgestellt hat, "der
- wenn er wirklich vorgelegen h�tte -, sein Verhalten in vollem Umfang als gerechtfertigt
erscheinen liesse. Daran fehlt es von vornherein, wenn der T�ter durch einen
Rechtfertigungsgrund gedeckt zu sein glaubt, den das geltende Recht gar nicht kennt....
Hier wird nicht der Sachverhalt, sondern die rechtliche Regelung verkannt, so dass nur ein
Verbotsirrtum... in Betracht kommt." (Die hohen Anforderungen an einen Verbotsirrtum
sind ohnehin nicht gegeben; siehe zB Noll/Trechsel: Schweizerisches Strafrecht Allgemeiner
Teil I, 3. Aufl, Seite 136; Trechsel: Kommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch Artikel
20; Stratenwerth: Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, zweite Auflage, �11
N63ff.
Daraus ergibt sich folgendes: Selbst wenn der Angeschuldigte behauptet h�tte, er sei
irrt�mlich davon ausgegangen, der (gar nicht existierende) blasphemische Inhalt der
Drucksachen sei rechtswidrig, w�re er nicht zur Notwehr berechtigt gewesen, weil kein
Individualrecht des Angeschuldigten bedroht gewesen w�re.
3.
Die Vorinstanz geht weiter von der falschen Tatsachenfeststellung aus, der
Angeschuldigte habe nur einen N�tigungsversuch unternommen. Indessen sind
der Gesch�digten zwar Dritte zu Hilfe gekommen, so dass der Angeschuldigte schliesslich
auf weitere T�tlichkeiten verzichtete und ihr die Drucksachen nicht wegnehmen konnte
(versuchte Sachentziehung). An ein weiteres Verteilen der Drucksachen war indessen nicht
mehr zu denken: Das Kleid der Gesch�digten war zerrissen, die Drucksachen besch�digt,
die Gesch�digte eingesch�chtert und der Auszug des Zielpublikums aus der Kirche
mittlerweile vorbei. Der Versuch des Angeschuldigten, diese Flugblattaktion zu verhindern,
war somit erfolgreich.
Anmerkung:
Da die Vorinstanz bisher die Abnahme s�mtlicher von der Gesch�digten
beantragten Zeugeneinvernahmen stillschweigend verweigert hat, ist der
Tatbestand diesbez�glich nur unvollst�ndig und einseitig festgestellt
worden; Bezirksanwalt Spiller hat von Anfang
an stets nur auf die Behauptungen des Angeschuldigten abgestellt. Allerdings er�brigt
sich nach unserer Ansicht der Beweis, dass der Versuch des Angeschuldigten, die
Flugblattaktion zu unterbinden, vollst�ndig erfolgreich war, da der Tatbestand der
N�tigung - nicht bloss der versuchten N�tigung! - bereits dadurch erf�llt ist,
dass die Gesch�digte jedenfalls w�hrend den T�tlichkeiten des Angeschuldigten in ihrer
Freiheit und Wahrnehmung der Meinungs�usserungs- und Pressefreiheit gehindert
wurde.
4.
Die Frage, ob es f�r den Angeschuldigten andere M�glichkeiten gegeben h�tte, um sich
zu wehren, ob somit ein Notwehrexzess vorliege, verneint die Vorinstanz mit
unhaltbarer Begr�ndung: Da der VgT schon seit l�ngerem eine Kampagne gegen das Kloster
Fahr gef�hrt habe, sei es unwahrscheinlich gewesen, dass die Gesch�digte auf blosses
Zureden hin ihre Aktion abgebrochen h�tte. Dabei wird �bersehen, dass es in einem
Rechtsstaat zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte nicht nur die Alternative zwischen
Gewaltanwendung und Appell an freiwilliges Einsehen gibt. Gerade bei l�nger anhaltenden
(vermeintlichen) Rechtsverletzung wie hier - die Kritik des VgT an der kl�sterlichen
Tierhaltung dauerte unbestritten schon l�nger - hatte der Angeschuldigte reichlich Zeit
f�r das mildere Mittel eines Pers�nlichkeitsschutzverfahrens, begleitet von sofort
wirkenden vorsorglichen richterlichen Verf�gungen. Dass das m�glich und wirksam ist, hat
das Kloster sp�ter selbst bewiesen, indem es innert Tagen einen vorsorglichen totalen
richterlichen Maulkorb durchsetzen konnte, welcher es dem VgT verbietet, das Kloster Fahr
in irgendeiner Weise �ffentlich im Zusammenhang mit Tierschutzfragen zu erw�hnen. Der
Einwand, der Angeschuldigte habe zur Schonung des Justizapparates durchaus mit einer Klage
zuwarten k�nnen wirkt befremdlich und ist unhaltbar in einem Rechtsstaat, in dem die
Rechtsdurchsetzung grunds�tzlich dem Staat vorbehalten ist und selbsthilfeweise
Gewaltanwendung als letztes Mittel gilt. Mit Klagen zuzuwarten und dann pl�tzlich, unter
fahrl�ssiger Fehleinsch�tzung des Sachverhaltes sein vermeintliches Recht gewaltsam
durchzusetzen, kann ja wohl nicht im Ernst das sein, was unsere Gerichte als richtiges
Verhalten des B�rgers zu verk�nden haben.
5.
Die im Rekursentscheid vom 30.12.1998 auf Seite 14 verlangten
untersuchungsrichterlichen Abkl�rungen wurden nicht durchgef�hrt.