24. November 1999

Revision der eidg Fischereiverordnung:
Halbherziges Verbot lebender K�derfische 

Auseinandersetzung zwischen Tiersch�tzern und Fischern durch l�cheriges Verbot des tierqu�lerischern Fischens mit lebenden K�derfischen vorprogrammiert

Die Auseinandersetzungen zwischen dem VgT und den Sportfischern �ber tiequ�lerische Fangmethoden dauern schon Jahre. Eine Petition f�r ein Verbot lebender K�derfische sowie des Zur�cksetzens gefangener Fische hat der Thurgauer Grosse Rat im September 1997 mit der Begr�ndung abgelehnt, man wolle die Revision der eidg Fischereiverordnung abwarten. Jetzt ist es soweit, aber das Problem wird nicht gel�st und programmiert weitere, endlose Auseinandersetzungen.

Weil der VgT die Tierqu�lerei mit lebenden K�derfischen �ffentlich angeprangert und dabei "Gebrauchsanleitungen" zu dieser Tierqu�lerei in der Fischerei-Zeitschrift "Petri-Heil" abdruckte, ist zur Zeit vor dem Thurgauer Obergericht eine Urheberrechtsklage gegen den VgT h�ngig.

Zur Revision der Fischereiverordnung l�uft bis Ende Januar 2000 eine Vernehmlassung. Der VgT hat heute dem zust�ndigen Bundesamt f�r Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) folgende Stellungnahme eingereicht: 

Vernehmlassung zur Revision der Fischereiverordnung

Wir bedanken uns f�r Ihre Einladung zur Vernehmlassung. Im Revisionsentwurf vermissen wir ein Verbot der Lebend-H�lterung gefangeren Fische und das Zur�cksetzen gefangener fangm�ssiger Fische ("catch & release"). Im folgenden beschr�nken wir uns auf das Thema K�derfische.

Wir begr�ssen grunds�tzlich die vorgesehene Einschr�nkung der Verwendung lebender K�derfische, bedauern aber gleichzeitig, dass diese Tierqu�lerei nicht klar und durchsetzbar mit einem konsequenten Verbot unterbunden wird. Die vorgesehene Formulierung, welche lebende K�derfische unter (un)bestimmten Voraussetzungen zul�sst, ist aus mehreren Gr�nden verfehlt:

Erstens wird in der Fachliteratur von erfahrenen Fischern immer wieder hervorgehoben, dass der Verzicht auf lebende K�derfische entgegen der Meinung konservativer Fischer durchaus m�glich ist.

Zweitens werden lebende K�derfische ausschliesslich von Sportfischern verwendet. Es ist nicht einzusehen, weshalb in Gew�sserteilen "sportlich" gefischt werden muss, in denen das (angeblich) ohne Tierqu�lerei nicht m�glich ist.

Drittens schafft die vorgesehene Gummi-Formulierung nicht die lange erwartete Rechtsklarheit, sondern ausgesprochene Rechtsunsicherheit. Endlose Auseinandersetzungen zwischen Fischerei- und Tierschutzkreisen sind vorprogrammiert. Der vorgesehene Verordnungstext "Lebende K�derfische d�rfen nur in Teilen von Gew�ssern verwendet werden, in denen der Fang bestimmter Fischarten sonst nicht m�glich ist." ist eine Ausnahmeregelung, deren Voraussetzungen im konkreten Fall nicht objektiv �berpr�fbar sind. Nach unserer langj�hrigen Erfahrung mit dem Tierschutz(nicht)vollzug in der Schweiz kommt eine solche Formulierung praktisch einem Freipass zur Umgehung von Sinn und Zweck der Vorschrift gleich, da die Vollzugsbeh�rden erfahrungsgem�ss nur das durchsetzen (wenn �berhaupt), was leicht und eindeutig messbar oder simplen Ja/Nein-Feststellungen zug�nglich ist. Mangels Klageberechtigung der Tierschutzorganisationen wird diese Gummi-Ausnahmebestimmung auch nie durch eine Rechtsprechungspraxis verdeutlicht werden. Insgesamt wird das tierqu�lerische Fischen mit lebenden K�derfischen damit weiterhin dem Gutd�nken der Fischer selbst �berlassen bleiben. Das wird gewisse Sportfischerkreise zwar kurzfristig zufriedenstellen, l�ngerfristig gibt es aber nur Verlierer. Nicht nur die Fische, die es eigentlich zu sch�tzen gilt, werden Opfer dieser verfehlten Verordnung, sondern auch die Fischer: Das Ansehen der Sportfischer wird wegen andauernden �ffentlichen Kontroversen mit Tiersch�tzern systematisch leiden. Auch der politische Frieden in diesem Land und das Vertrauen in den Bundesrat, der Gesetze nach Gutd�nken und politischem Opportunismus anwendet, wird so nicht gef�rdert.

Viertens verletzt der vorgesehene Verordnungsentwurf ganz klar das �bergeordnete Tierschutzgesetz, welches Tierqu�lerei als Freizeitvergn�gen eindeutig nicht zul�sst. Wir sind entschlossen, uns mit dieser Verordnung, sollte sie so in Kraft gesetzt werden, nicht abzufinden. Wo der Rechtsstaat versagt wie im Tierschutz, bleibt nur hartn�ckiger, langdauernder Aktivismus zur Sensibilisierung der �ffentlichkeit. Will Bundesrat Leunberger, wollen die vern�nftigen Fischer (die es auch gibt) das wirklich?

Dass das Fischen mit lebenden K�derfischen tierqu�lerisch ist, sieht jeder gesund empfindende Mensch sofort ein:

Kleine Fische werden auf Angelhaken gespiesst. Derart aufgespiesst, oft gleichzeitig mit je einem Haken im Rachen und im K�rper, werden sie ins Wasser gehalten, bis vielleicht einmal ein Hecht anbeisst. Beisst keiner an, muss der angehakte lebende K�derfisch das mehrmalige Einziehen und wieder Auswerfen erdulden. Der K�derfisch erleidet neben den k�rperlichen Schmerzen Todesangst, da er am Fliehen gehindert ist, insbesondere auch dann, wenn sich ein Raubfisch n�hert. Durch das mehrmalige Einziehen und Auswerfen wird der Fisch einem enormen Stress ausgesetzt, bis er schliesslich an seinen Verletzungen oder an Ersch�pfung stirbt. Da dies eine extreme Tierqu�lerei darstellt, lehnen die Deutsche Veterin�rmedizinische Gesellschaft sowie das Institut f�r Veterin�rmedizin des Bundesgesundheitsamtes in Berlin das Fischen mit lebenden K�derfischen ab. Einen �hnlichen Standpunkt vertreten auch der Verband deutscher Sportfischer sowie fortschrittliche Sportfischer und Fischerei-Inspektoren in der Schweiz. In Deutschland ist es verschiedentlich zu rechtskr�ftigen Verurteilungen wegen Fischens mit lebenden K�derfischen gekommen. In mehreren deutschen Bundesl�ndern ist diese brutale Fischereimethode ausdr�cklich verboten.

Das eidgen�ssische Tierschutzgesetz, das gem�ss Art 1 Abs 2 f�r alle Wirbeltiere, also auch f�r Fische gilt, verbietet in Art 2 Abs 3, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Sch�den zuzuf�gen oder es in Angst zu versetzten. Dieser Tatbestand ist beim Fischen mit lebenden K�derfischen klar erf�llt. "Ungerechtfertigt" ist diese Fangmethode deshalb, weil sie nur einer Freizeitbesch�ftigung (Sportfischen), nicht einer unverzichtbaren Nahrungsmittelbeschaffung dient.

Dass das Sportfischen mit lebenden K�derfischen das Tierschutzgesetz verletzt, kann weder mittels Vernehmlassung bei den Fischerverb�nden noch auf dem Verordnungsweg aus der Welt geschafft werden. Dieser Weg f�hrt lediglich zu einer gesetzwidrigen Fischereiverordnung, was weder aus nach rechtstaatlichen noch nach demokratischen Grunds�tzen zu rechtfertigen ist. Das Tierschutzgesetz ist vom Schweizervolk mit �berw�ltigendem Mehr gutgeheissen werden. Es ist eines demokratischen Rechtsstaates unw�rdig, wenn der in einem Gesetz konkretisierte Wille des Souver�ns von der Exekutive auf dem Verordnungsweg �bergangen wird, um egoistischen Partikularinteressen willf�hrig zu sein. Es scheint, dass zu diesem gesetzwidrigen politischen Kompromiss, hier speziell weil Sportfischerkreise gegen fischereirechtliche Einschr�nkungen regelm�ssig sehr lautstark, grob und beleidigend auftreten.


News-Verzeichnis

Startseite VgT