19. Dezember 1999 Bundesgericht deckt Plakat-Zensur in Oberuzwil Einmal mehr mit einem politischen Willk�r-Urteil hat das Bundesgericht (verantwortliche Richter: Aemisegger, Nay, Aeschlimann) eine von den St Galler Beh�rden ausge�bte Plakat-Zensur gedeckt. Der VgT hat gegen diese Urteil umgehend die folgende Beschwerde beim Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte (EGMR) eingereicht:
EGMR-Beschwerde Sachverhalt Am 25.6.1998 stellte der Beschwerdef�hrer (BF) der Kantonspolizei St Gallen folgendes Gesuch: "... ich ersuche Sie um Bewilligung, an der Wilerstr/Ecke Bahnhofstr 2 in Oberuzwil an einem privaten Gartenzaun ein tierschutzpolitisches Transparent aufspannen zu d�rfen, Format 5.6 x 0.9 m." Am 30.6.1998 erteilte die Kantonspolizei eine Bewilligung mit der Auflage, das Plakat m�sse folgenden Text enthalten "Essen Sie heute vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe". Unter Ziffer 3 der Auflagen hiess es: "Die Anlage darf nur die eingangs erw�hnte Beschriftung enthalten. Das nachtr�gliche Zuf�gen von Texten und Signeten ist untersagt." Mit Schreiben vom 2.7.98 an die Polizei/Bewilligungsbeh�rde ersuchte der BF um Auskunft, wie diese dazu komme, "uns den Text f�r das Plakat willk�rlich vorzuschreiben." In der Antwort vom 6.7.1999 stellte die Bewilligungsbeh�rde fest, der vorgeschriebene Text sei einem Plakat an einem Anh�nger entnommen worden, der in der N�he des Bewilligungsstandortes aufgestellt sei. Mit Schreiben vom 6.7.1999 beantragte der BF, die Vorschreibung eines nicht beantragten Textes fallen zu lassen, damit sich ein Rekurs er�brige. Mit Antwortschreiben vom 9.7.1999 wurde von der Bewilligungsbeh�rde einger�umt, es sei selbstverst�ndlich nicht ihre Aufgabe, den Inhalt eines Spruchbandes zu bewerten oder zu zensurieren. Unverst�ndlicherweise wurde aber eine entsprechende Korrektur der Bewilligung verweigert und der BF auf den Rekursweg verwiesen. Am 15.7.1999 erhob der BF Rekurs beim Justiz- und Polizeidepartement, die Ziffern 1 und 3 der Bewilligung seien aufzuheben. In Ihrer Vernehmlassung zum Rekursverfahren vom 26.8.1999 brachte die Bewilligungsbeh�rde nichts Neues vor. Mit Entscheid vom 21. Mai 1999 wies das Justiz- und Polizeidepartement den Rekurs ab, im Wesentlichen mit folgender Begr�ndung: Der BF habe das Plakat vor der Erteilung der Bewilligung aufgestellt. Dem BF sei der Text nicht willk�rlich diktiert worden. Vielmehr habe er den Text selber verfasst und angebracht, bevor er �berhaupt eine Bewilligung besessen habe. Diese Begr�ndung ist falsch und beruht auf einer willk�rlichen, aktenwidrigen Feststellung. Im Bewilligungsgesuch ersuchte der BF nicht um eine nachtr�gliche Bewilligung sondern um Bewilligung eines neu am Gartenzaun geplanten Spruchbandes. Der Inhalt des Gesuches ist diesbez�glich unmissverst�ndlich. Alles andere sind Unterstellungen, zu der sich der BF gar nicht �ussern konnte (Verweigerung des rechtlichen Geh�rs). Deshalb erhob der BF am 26.5.99 Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde ohne Durchf�hrung einer �ffentlichen Verhandlung ab. Am 27. August 1999 erhob der BF staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht, die mit Urteil vom 1. Dezember 1999 abgewiesen wurde. Verletzung der Europ�ischen Menschenrechtskonvention (EMRK): Der Beschwerdef�hrer (BF = VgT) sieht das �ffentlichkeitsgebot verletzt, indem im gesamten Verfahren von keiner Instanz eine �ffentliche Verhandlung und eine �ffentliche Urteilsverk�ndung durchgef�hrt wurde. Das Verwaltungsgericht hat nicht zu erkennen gegeben, dass es auf eine �ffentliche Verhandlung verzichten wolle. Es wurde nur ein einfacher Schriftenwechsel durchgef�hrt (ohne Replik und Duplik), aus dem keine Absicht erkennbar war, damit das Verfahren ohne �ffentliche Verhandlung abzuschliessen. In einem Rechtsstaat muss davon ausgegangen werden, dass ein Verwaltungsgericht die Gesetze, einschliesslich der EMRK, kennt und von Amtes wegen anwendet. F�r den BF bestand deshalb kein Anlass, von Amtes wegen zu befolgende Verfahrensvorschriften rein vorsorglich geltend zu machen, solange keinerlei Anzeichen eine Missachtung im voraus erkennen lassen. Der BF sieht durch das Vorschreiben eines Werbetextes gegen den Willen des Gesuchstellers die Meinungs�usserungsfreiheit verletzt, umso mehr als es vorliegend nicht um kommerzielle Werbung, sondern um eine ideelle, nicht-profitorientierte Aus�bung der Meinungs�usserungsfreiheit geht, die durch die Europ�ische Menschenrechtskonvention (Artikel 10) gesch�tzt ist und nach Praxis des Europ�ischen Gerichtshofes f�r Menschenrechte nur gest�tzt auf eine gesetzliche Grundlage und nur aus im konkreten Fall zwingenden Gr�nden eingeschr�nkt werden darf. Vorliegend fehlt es sowohl an einer gesetzlichen Grundlage wie auch an einem �ffentlichen Interesse, den Spruchbandtext vorzuschreiben. Der Menschenrechtseingriff beruht auf blosser Verwaltungsschludrigkeit. In Ziffer 3 der Polizei-Bewilligung vom 30. Juni 1998 wurde dem Beschwerdef�hrer ein Text f�r das Spruchband diktiert, den dieser nicht beantragt hat und so auch nicht wollte, n�mlich: "Essen Sie heute vegetarisch Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe." Ziffer 3 h�lt ausdr�cklich fest: "Die Anlage darf nur die eingangs erw�hnte Beschriftung enthalten." Diese inhaltliche Zensur durch Vorschreiben eines Textes verletzt die Meinungs�usserungsfreiheit ohne Sinn und Notwendigkeit und ohne gesetzliche Grundlage. Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes, bei der Bewilligung habe es sich um eine "nachtr�gliche Bewilligung" eines bereits aufgeh�ngten Spruchbandes gehandelt, ist wahrheits- und aktenwidrig und stellt aus folgenden Gr�nden eine willk�rliche Tatsachenfeststellung dar:
Das Verwaltungsgericht ist auf den klar dargelegten Einwand, f�r das willk�rliche Vorschreiben des Werbetextes durch die Bewilligungsbeh�rde bestehe keine gesetzliche Grundlage, nicht eingetreten (Verweigerung des rechtlichen Geh�rs) und hat so getan, als habe der BF die gesetzliche Grundlage f�r die Bewilligungspflicht f�r Strassenreklame verneint. Das Verwaltungsgericht argumentiert auf Seite 9 wie folgt: "Die Polizei wies in ihrer schriftlichen Auskunft vom 6. Juli 1998 denn auch ausdr�cklich darauf hin, dass sie die bereits bestehende Reklame auf dem abgestellten Fahrzeug bewilligt habe. Der Gesuchsteller h�tte nach dieser ersten schriftlichen Erl�uterung die Polizei darauf hinweisen k�nnen, dass sein Gesuch ein anderes Reklameobjekt betrifft." Diese Sachverhaltsdarstellung und die daraus gezogene rechtliche Folgerung sind aktenwidrig und falsch und �bersehen die diesbz�glichen Ausf�hrungen in der Beschwerdeschrift (Verweigerung des rechtlichen Geh�rs): Die Polizei hat nicht darauf hingewiesen, sie habe die Reklame auf dem abgestellten Fahrzeug bewilligt (das ja gar keiner Bewilligung bedarf), sondern lediglich erw�hnt, den vorgeschriebenen Text dem Plakat an diesem Fahrzeug entnommen. Zweitens ist der von der Polizei vorgeschriebene Text nicht identisch mit der Reklameaufschrift (Plakat) am Fahrzeug, indem f�r den BF wesentliche Bestandteile - der Vereinsname und Logo - weggelassen und damit verboten wurden. Im �brigen erfolgte diese Erl�uterung der Polizei erst, nachdem die angefochtene Verf�gung (Reklame-Bewilligung) bereits rechtskr�ftig erlassen war. Der BF war gezwungen, innert der Rekursfrist den Rechtsmittelweg zu beschreiten, nachdem die Polizei/Bewilligungsbeh�rde innert Frist keinerlei Bereitschaft zeigte, die Verf�gung zu �ndern, sondern den BF sogar noch ausdr�cklich auf den Rekursweg verwies (Schreiben der Polizei vom 9.7.1999). Das Verwaltungsgericht macht auf Seite 10 geltend, der BF habe im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt, welchen Text er bewilligt haben wollte. Dies er�brigt sich, da der BF am fraglichen Standort inzwischen kein Spruchband mehr plant. Im vorliegenden Rechtsstreit ging es nur noch einerseits um die Grundsatzfrage, ob die Bewilligungsbeh�rde von sich aus Werbetexte vorschreiben bzw ohne Begr�ndung zensurieren und k�rzen kann, andererseits um die Bewilligungskosten f�r eine vom BF nicht gewollte Bewilligung, sowie um die Verfahrenskosten und Entsch�digung. Im Vernehmlassungsverfahren vor Bundesgericht behauptete das Verwaltungsgericht dann noch der BF habe in seiner Beschwerde an das BGer neu vorgebracht, der Vereinsname sowie das Logo seien von der Bewilligungsbeh�rde unterdr�ckt worden. Damit wollte das Verwaltungsgericht geltend machen, das seien unzul�ssige Noven. Dies trifft nicht zu. Schon in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 26.5.1999, Seite 2 unten, hat der BF darauf hingewiesen, dass der Text gem�ss angefochtener Bewilligung lediglich ein "Textbruchst�ck" eines fr�heren Plakates (das sich am Anh�nger befand, der auf der gleichen Liegenschaft stand) darstellt. Dies wird in der Verwaltungsbeschwerde auf Seite 3 oben unter Ziffer 4 weiter ausgef�hrt: "Die Bewilligung schreibt einen Text vor, der sich mit keinem Text auf den vom Gesuchsteller/Beschwerdef�hrer bisher verwendeten Plakaten deckt. Der vorgeschriebene Text ist zwar einem dieser Plakate entnommen, gibt diesen Plakat-Test jedoch unvollst�ndig wieder. Der Text 'VgT Verein gegen Tierfabriken' wurde ohne Begr�ndung weggelassen und damit verboten ....". Mit der Behauptung, dieser vom BF geltend gemacht Sachverhalt stelle vor Bundesgericht ein Novum dar, gibt das Verwaltungsgericht zu erkennen, dass es den Inhalt der nur zweieinhalb Seiten umfassenden Verwaltungsbeschwerde des BF gar nicht richtig gelesen hat. Daraus ergibt sich der zus�tzliche Beschwerdegrund der Verweigerung des rechtlichen Geh�rs - da sich dies erst vor BGer ergab, war diese R�ge vor BGer ein zul�ssiges Novum. Das BGer geht auf die vom BF vorgebrachten Ausf�hrungen zur Sache aus unerfindlichen Gr�nden nicht. Insbesondere befasst es sich nicht mit dem Kernpunkt des Verfahrens, dass die Bewilligungsbeh�rden willk�rlich einen vom BF nicht beantragten und in dieser Form nicht gewollten Inhalt des Spruchbandes vorgeschrieben hat. Indem der BF in diesem zentralen Punkt im gesamten nationalen Verfahren nicht geh�rt wurde, ist das rechtliche Geh�r (EMRK Artikel 6) definitiv in menschenrechtswidriger Weise verletzt (EMRK Artikel 6). Was das BGer zur Verletzung des �ffentlichkeitsgebotes vorbringt, �berzeugt nicht. Die EMRK wird in der Schweiz als unmittelbar anwendbares Recht gehandhabt, das nicht erst in formelles nationales Recht �berf�hrt werden muss; es stellt somit geschriebenes Recht dar. Diesem geschriebenen Recht, welches die �ffentlichkeit von Gerichtsverfahren verlangt, setzt das BGer eine angeblich davon abweichende Praxis ("wie in Verfahren vor Verwaltungsgericht allgemein �blich") entgegen. Da bleibt nur noch die Frage im Raum stehen, ob die Schweiz ein Rechtsstaat ist.
Der EGMR erkl�rte die Beschwerde ohne Begr�ndung f�r unzul�ssig und trat nicht darauf ein. Siehe die missbr�uchliche Zulassungspraxis des EGMR.
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