VN00-4

Wie die Berner Zeitung die Leser manipuliert

von VgT-Präsident Dr Erwin Kessler

Während meiner nun schon 11-jährigen Tierschutzarbeit habe ich die Berner Zeitung (BZ) nur so erlebt, dass sie Tierschutzmissstände totschweigt oder verharmlost. Das folgende Beispiel ist typisch: Nachdem eine eidgenössische Kommission festgestellt hatte, dass die Landwirte weitherum die Tierschutzvorschriften nicht einhalten und trotzdem gesetzwidrig Subventionen erhalten, veröffentlichte die BZ sofort einen grossen, zweiseitigen Bericht, um diese erneuten - sogar offiziellen - Enthüllungen zu verharmlosen und empörte Bürger und Konsumenten zu beruhigen. Anstatt detailliert über diesen enthüllenden Bericht zu informieren, veröffentlichte die BZ die einseitige Darstellung des Berner Veterinäramts, das nie so eifrig aktiv wird, wie wenn es darum geht, Tierschutzmissstände zu dementieren, denn solche Missstände dürfte es gar nicht geben, wenn die Tierschutzbeamten des Veterinäramts ihre Aufgabe pflichtbewusst erfüllen würden.

Nach dem grossen Titel: "Keine Schweinereien mehr im Stall" ging es in der BZ weiter mit: "Ab nächstem Jahr herrscht Ordnung im Stall. Die Kantone werden zu strengeren Kontrollen der Tierschutzbestimmungen verpflichtet. Wer sie nicht einhält, bekommt keine Direktzahlungen." Jedes Wort ist gelogen. Eine an diesem Bericht beteiligte Journalistin machte zuvor ein längeres Interview mit mir und interessierte sich für unsere Erfahrung mit dem Tierschutz-Vollzug. Ich erläuterte ihr, dass die von uns seit Jahren überall beobachtete Nichteinhaltung der Tierschutzvorschriften normal sei, dass dies auf unsere Beschwerde hin auch schon von der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats festgestellt worden sei, dass diese Feststellungen aber überhaupt keine Auswirkungen gehabt hätten, dass überhaupt das ganze Tierschutzgesetz und die offiziellen Berichte dazu stets nur den Zweck hätten, die Öffentlichkeit zu beruhigen, nicht die Tiere zu schützen, und dass die Öffentlichkeit mit Sicherheit auch jetzt wieder in dem falschen Glauben gewiegt werde, nach diesen offiziellen Feststellungen würden die Missstände nun schleunigst beseitigt. All dies wurde dann offenbar von der Chefredaktion weggestrichen. Zu Wort kam nur das Berner Veterinäramt, von dem seit Jahren bekannt ist, dass es nicht die Tiere vor skrupellosen Bauern, sondern die Bauern vor dem Tierschutzgesetz schützt, indem dieses nicht durchgesetzt wird und alle üblichen Missstände stets als "gesetzeskonform" erklärt werden (siehe dazu auch den Bericht über den Blausee auf Seite 20).
Allein schon der grosse Titel in der BZ "Keine Schweinereien mehr im Stall" als Überschrift zu offiziellen Feststellungen, die genau das Gegenteil beweisen, zeigt einen Journalismus, welcher der früheren sowjetischen Prawda ("die Wahrheit"!) zur Ehre gereicht hätte. Der weitere Text zeugt ebenfalls von diesem Regime-hörigen Journalismus, dessen Berichterstattung nicht Information, sondern das Verdecken staatlicher Missstände bezweckt: "Ab nächstem Jahr herrscht Ordnung im Stall." Warum plötzlich? Wer garantiert das? "Die Kantone werden zu strengeren Kontrollen der Tierschutzbestimmungen verpflichtet." So, so. Waren sie bisher nicht dazu verpflichtet? Warum weiss die BZ prophetisch, dass die Kantone jetzt plötzlich ihre Pflicht ernster nehmen werden, nachdem unzählige bisherige Enthüllungen rein gar nichts bewirkten? "Wer sie (die Tierschutzvorschriften) nicht einhält, bekommt keine Direktzahlungen." Diese Vorschrift gilt schon lange, nicht erst ab nächstem Jahr. Absolut nichts deutet darauf hin, dass der jahrelange gesetz- und pflichtwidrige Nichtvollzug des Tierschutzgesetzes und der Subventionsbetrug jetzt plötzlich ein Ende nehmen werden. Aber wahrheitsgemässe Berichterstattung ist für die Prawda, pardon: Berner Zeitung offensichtlich kein Thema. Ihre Verpflichtung zu regimetreuer Gehirnwäsche der Konsumenten, denen der Appetit auf tierische Produkte immer mehr vergeht, hat sie über Jahre treu bewiesen. Gut, dass es den VgT und die VgT-Nachrichten gibt, die Sie für 30 Franken pro Jahr abonnieren können.

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Leider ist es nicht möglich, alle Tier-KZs in der Schweiz so klar zu deklarieren: Es gibt viel zu viele davon.


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VN00-4,  Oktober 2000
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