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Langnauer Grossmetzgerei: Schweine lebendig gekocht

Die Arbeit war einfach, aber blutig. Ein Stich in die Halsschlagader, und die Sau war tot. 609 Tiere stach Hilfsmetzger Daniel Rentsch jeden Tag ab - das sind zwei pro Minute. Dafür erhielt er 2500 Franken Lohn im Monat. Trotz Eintönigkeit und schlechter Bezahlung «hat mir die Arbeit gefallen», sagt er. Doch dann unterlief dem 22-jährigen ein folgenschwerer Fehler, der sogar ein gerichtliches Nachspiel hatte. Die Verhandlung, die kürzlich vor dem Amtsgericht in Signau BE stattfand, zeigte, welch rigides Regime in der Emmentaler Grossmetzgerei Reber AG in Langnau herrscht. Rentschs Fehler war so einfach wie nachvollziehbar. Eines Tages hatte er beim Abstechen eines der 609 Schweine vergessen. Das Tier ging erst beim Brühen zu Grunde, das Fleisch war verdorben und musste aus dem Verkehr gezogen werden. Die Reber AG fackelte nicht lange. Für die vergessene Sau zog sie ihm 409 Franken und 60 Rappen vom Lohn ab. Derlei «Unachtsamkeiten» ihrer Mitarbeiter wolle die Firma nicht länger tolerieren, begründete Geschäftsführer Ulrich Tschanz. «Wenn er den Kopf bei der Arbeit gehabt hätte, wäre überhaupt nichts passiert.» Nicht nur Rentsch hatte beim Schlachten am Fliessband eine Sau vergessen. Das war in den letzten Jahren mindestens zehn weiteren Mitarbeitern passiert. Und alle wurden mit einem Lohnabzug bestraft. Aber Rentsch liess sich das nicht bieten. Unterstützt von der Gewerkschaft Bau und Industrie zog er vor Gericht. Und erhielt Recht. «Leichte Fahrlässigkeiten hat der Arbeitgeber zu tragen», befand Gerichtspräsident Hans-Rudolf Meuter. Das gehöre eben zum unternehmerischen Risiko. Selbst bei Grobfahrlässigkeit wäre der Lohnabzug nicht zu rechtfertigen gewesen - Rentsch wäre unters Existenzminimum gefallen, befand das Gericht... Seither übernimmt der Grossmetzger die Kosten für ungestochene Schweine wieder selber. [Aus FACTS vom 15.6.00, gekürzt]


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VN00-4,  Oktober 2000
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