Die gedruckte Ausgabe im pdf-Format Inhaltsverzeichnis
BLICK: primitiv, auch im Tierschutzvon Erwin Kessler Mit dem BLICK stand ich vom ersten Tag meiner Tierschutzarbeit an auf Kriegsfuss. Einmal nervten mich die geist- und inhaltslosen Sensationsberichte im Stile von "Lehrerin duscht nackt mit Schülern". Tierschutz ist für mich eine ernstere Angelegenheit als nur eine reisserische Effekthascherei zur Auflagensteigerung. In der VgT-Leitungen hatten wir gelegentlich Diskussionen über unsere Haltung gegenüber dem Blick: "Er wird halt doch viel gelesen", hiess es. Nun spürte ich aber deutlich, dass wir ohnehin nur geistig entwickelte, und nicht die breite Masse der gedankenlosen Fleischfresser und Blick-Leser ansprechen konnten. Kulturelle Veränderungen können nicht mit Massenmenschen vollzogen werden; diese werden aber wie üblich mitschwimmen, wenn die geistige Elite eine neue Strömung, zB der vegetarischen Ernährung und der Achtung der Tiere, in Gang setzt. (Unter der "Elite" verstehe ich weder die Machthabenden noch die Reichen, sondern die Menschen jeden Standes, die weder Blick- noch NZZ-"Weisheiten" unreflektiert aufnehmen.) Ich habe es mit Blick versucht. Einige wenige Male erreichte ich dank direkter Zusammenarbeit mit einzelnen fähigen Journalisten (die es manchmal vorübergehend auch bei Blick gibt), gute Reportagen. In jüngerer Zeit ist das Niveau jedoch weiter abgesackt, insbesondere seit der Entlassung der beliebten, langjährigen Blick-Tierschutz-Journalistin Edith Walder. Wie ich hörte, grinst und spottet man auf der Blick-Redaktion über Tierschutzanliegen und verwendet diese lediglich zu emotional überspitzten Riesenschlagzeilen zum Zwecke der Auflagensteigerung, im Stile "Kätzchen in Brunnen gefallen". Die wirklich bedeutenden, sich täglich millionenfach in Tierfabriken und Versuchslabors abspielenden Tiertragödien werden nicht ernshaft behandelt. Seit Blick die Verleumdung verbreitete, der VgT habe an der Prinzen-Hochzeit in Vaduz den Einsatz von Stinkbomben geplant, ist es zwischen VgT und Blick (bzw Verlag Ringier) zu einem offenen Streit gekommen, der sich zurzeit vor dem Bezirksgericht Zürich abspielt: der VgT beantragt ein gerichtliches Verbot, die Stinkbomben-Lüge weiter zu verbreiten. Ende Dezember erklärte mich die Blickredaktion in einem Jahresrückblich zu einem der grössten Langweiler, der die Blickredaktion 1993 am meisten genervt habe. Dabei wurde die Stinkbomben-Lüge erneut aufgetischt. Mein Recht auf Gegendarstellung musste ich über ein Gerichtsverfahren durchsetzen. Die primitive Geringschätzung der Tierschutzanliegen auf der Blick-Redaktion (bzw auf dem das Gerichtsverfahren führenden Ringier-Verlag) zeigt sich deutlich aus der Gerichtseingabe in Sachen Stinkbomben-Verleumdung: Es komme nicht darauf an, ob der Abwurf von Flugblättern oder Stinkbomen geplant gewesen sei. Auf dem Flugblatt werde "von fensterlosen fürstlichen Folterkammern, KZ-ähnlichen Zuständen und grober Vergewaltigung gesprochen. Es werden also Begriffe verwendet, die Abscheu, Widerwille, Entsetzen wecken, die in ihrer Tragweite zutiefst geeignet sind, die friedliche Stimmung einer Hochzeit zu stören, die bewusst das kurze Idyll zerstören. Die eindringliche Wirkung von Text und Bild dürfte stärker sein als der Gestank einer Stinkbombe... Der Störaktion eines abgewiesenen, verzweifelten Liebhabers der Braut hätte man vielleicht noch irgendein Quentchen Verständnis und Mitfühlen entgegengebracht, soweit sie mit seiner gescheiterten Liebe einen Zusammenhang aufweisen würde - der Intervention ausländischer Tierschützer bezüglich ausländischer Schweineställe ist keienrlei Sympathie und Verständnis abzugewinnen." Das von Blick/Ringier derart gegeisselte Flugblatt des VgT hatte folgenden Text (auf Deutsch, Englisch und Japanisch):
Es braucht wohl das beschränkte Hirn eines "durchschnittlichen BLICK-Lesers", auf den sich die Ringier-Verteidigung beruft, um ein Flugblatt mit diesem Text einem verwerflichen Stinkbombenanschlag gleichzusetzen und über die Show-Veranstaltung einer öffentlichen Prinzenhochzeit mit Bischof Haas, Fernsehen und Weltpresse folgendes ans Gericht zu schreiben: "Umso weniger wird man Störaktionen schätzen, das bewusste Eindringen Dritter in die Idylle, die man dem Hochzeitspaar gönnt, egal was sonst ist." Egal was sonst ist, egal ob 10 000 Lebewesen mit klopfenden Herzen in fürstlichen KZs schmachten: das fürstlich-bischöfliche, anachronistische Kitsch-Theater darf nicht gestört werden. So will es angeblich der durchschnittliche Blick-Leser, der sein ungelebtes, langweiliges Leben durch Blick-Morde, Blick-Girls und Blick-Hochzeiten zu bereichern sucht, und sei es nur die Vorstellung einer "nackt duschenden Lehrerin" während des Hineinwürgens von Kadaverteilen aus dem KZ am Mittagstisch, (welche durch Würzen und Braten essbar gemacht worden sind). Diese Scheinwelt mit dem Hinweis auf die Realität gestört zu haben, das ist das "Verbrechen", welches den VgT zum Todfeind des Blicks gemacht hat, denn ohne Scheinwelt kein Blick-Geschäft. Aus Kaninchen-Befreiungsaktion in Bern (Kaninchen-Befreiung in Bern) machte Blick eine sensationell völlig verzerrte Hetzkampagne gegen die Tierschützer mit dem Titel: "Tierschützer jagten 50 Chüngel in den Tod". Es habe sich um eine vorbildliche Kaninchenhaltung gehandelt. Die befreiten Tiere hätten keine Überlebenschancen gehabt, da sie - laut "BLICK-Tierarzt" - "seit Generationen nicht mehr gewohnt" seien, Höhlen zu graben, um sich darin vor dem Fuchs zu verstecken. Tatsache ist hingegen, dass Hauskaninchen, die in Freiheit gelangen, in kurzer Zeit verwildern und das Leben von Wildkaninchen annehmen. (Tierärzte haben oft keine Ahnung vom natürlichen Verhalten der Tiere; Verhaltenskunde ist in ihrer Ausbildung nur ein Wahlfach.) In Freigehegen graben Kaninchen bekanntlich Höhlen. Ohne besondere Schutzmassnahmen kommt es oft vor, dass sie ihre Höhlen unter dem Zaun hindurch graben und so entwischen. Das alles interessiert Blick nicht, denn es geht ja nicht um sachliche und wahrheitsgemässe Berichterstattung, sondern um billigste Unterhaltung auf einem Niveau, das sich ziemlich auf jenem vieler Schweinemäster und Berufstierquäler bewegen dürfte. Laut Presseberichten soll unmittelbar nach der Befreiungsaktion ein Fuchs viele der Kaninchen getöten haben. Andere starben offenbar an Herzversagen. Insgesamt rund 50 Tiere seien umgekommen. Das ist sehr interessant, denn niemals wird es einem Fuchs unter normalen Umständen gelingen, so viele Kaninchen zu töten, da diese sich vorher in alle Windrichtungen verflüchtigen würden (der Stall steht an einem Waldrand!). Das war - wenn überhaupt: seit wann tötet ein Fuchs auf Vorrat? - nur möglich, weil die Tiere durch das Leben in den engen Kästen total apathisch und verhaltensgestört werden. Sie hätten einige Tage Zeit benötigt, um gesund zu werden und das Springen und Hoppeln und das Höhlengraben zu entdecken. Der Fuchs kam zu früh, oder doch nicht? Am Morgen nach der Tierbefreiung hätte der Tierhalter diese apathisch herumsitzenden Kaninchen einfach wieder zusammenlesen und erneut in seinem Mini-KZ einkerkern können. Es war ein Glück für die Tiere, dass sie vom Fuchs gefressen und damit erlöst wurden, anstatt noch lange leiden zu müssen, um dann von Menschen gefressen zu werden (welche ihre Opfer meistens nicht humaner töten als der Fuchs). Diese nüchterne Beurteilung der Lage war Blick gerade recht für eine Sensation: "Tierschützer jagten Chüngel in den Tod", "Prominenter Tierschützer ist glücklich über Chüngel-Tod". Warum schreibt Blick nie einen Bericht darüber, dass die fleischfressenden Nicht-Tierschützer in der Schweiz jährlich 10 Millionen Tiere in den Tod jagen, um sie zu fressen, schlimmer und verfressener als ein Fuchs oder jedes andere Raubtier? Es geht Blick nicht um Information, sondern um den rentablen Verkauf von Scheinwelten. Kaninchen-Befreiung in Bernvon Erwin Kessler In der Nacht vom 3. auf den 4. Juli 94 hat die Tierbefreiungsfront (TBF) eine grosse Anzahl Kaninchen aus tierquälerischen Kasten-Ställen bei der Ziegelei an der Rehhagstrasse in Bern befreit. Kaninchen sind Lauf- und Grabtiere und gehören in ein Freigehege oder mindestens in einen Gruppenlaufstall mit Einstreu. Weil der Bundesrat laufend das Tierschutzgesetz missachtet und tierquälerische Haltungsformen erlaubt, sieht sich auch die Tierbefreiungsfront berechtigt, im Kampf gegen die verbreitete Tierquälerei Vorschriften zu missachten. Am Tag nach der Tierberfreiung erreichte mich die Meldung, 50 der befreiten Tiere seien teils vom Fuchs getötet, teils durch Herzversagen gestorben. Das war insofern eine erfreuliche Meldung, als damit die bedauernswerten Tiere, die von der Kastenhaltung derart geschwächt waren, dass sie nicht einmal mehr fliehen konnten, nun endgültig erlöst waren und nicht eingefangen und weiterhin so brutal eingesperrt werden konnten. (Befreite Hauskaninchen können ansich in Freiheit gut leben; sie nehmen sofort instinktiv die Verhaltensweisen ihrer wilden Artgenossen an.) Der Fürst hat Geld wie Heu, aber kein Stroh für die Schweine(EK) Unter diesem Titel brachte das Schweizer Fernsehen am 8. Juni in "10 vor 10" einen Bericht über das Schweine-KZ von Fürst Hans-Adam II. Gleich anschliessend kam ein ähnlicher Bericht im Fernsehen RTL in der Sendung "Stern TV". Es wurden neue, erschütternde Filmaufnahmen gezeigt, welche zwei Wochen vorher von einem Film-Team in Begleitung von VgT-Aktivisten im fürstlichen Betrieb in Niederösterreich heimlich aufgenommen waren. Anschliessend gab es eine kurze Diskussion mit Erwin Kessler live im RTL-Studio in Köln. Die Video-Aufzeichnung dieser Fernsehsendungen kann in unserer Videothek ausgeliehen werden. |