VN1994-12
Ratten, Kaninchen:
Einfluss des Umgangs mit jungen Tieren auf ihr späteres Verhalten
von Erwin Kessler
Die folgenden wissenschaftlichen Erkenntnisse entnahm ich einer Arbeit von Metz/Kersten/Meijsser, "Einfluss des Umganges mit jungen Kaninchen auf ihr späteres Verhalten" (publiziert in: Aktuelle Arbeiten zur artgem"ssen Tierhaltung, 1985, KTBL-Schrift 311).
Während der Frühentwicklung ist der tierische Organismus sehr empfindlich für Faktoren in seiner Umgebung. Die vorhandenen Reize können wesentliche Änderungen in der Entwicklung hervorrufen und damit bedeutende Auswirkungen auf das spätere Verhalten haben. Der Begriff des "Handlings" wurde 1952 eingeführt. Das englische Wort Handling bedeutet "Handhabung" oder "Anfassen". Die Effekte des Handlings bei neugeborenen Tieren ist von verschiedenen Forschern untersucht worden. Bei Ratten hat das Handling von Neugeborenen bedeutenden Effekt auf spätere Eigenschaften der Tiere:
a) im erwachsenen Alter reagieren die Tiere weniger ängstlich;
b) die Tiere zeigen als Erwachsene mehr Erkundungsverhalten in Beziehung zu neuen Objekten und komplexen Situationen;
c) sie haben bessere Ergebnisse in Versuchen zum Vermeidungslernen. In stressvollen Situationen zeigen sie eine besser angepasste Reaktion.
Als weitere Effekte des Handlings werden genannt: ein schnelleres Wachstum der Jungtiere, längeres überleben bei Entbehrung von Futter und Wasser und reduzierte Krankheitsanfälligkeit. Auffallend war, dass die Effekte des frühen Aufnehmens aus dem Nest bei den Ratten besonders stark in den ersten ein bis zwei Lebenswochen entstanden. Bei Kaninchen hat das Aufnehmen der Jungen aus dem Nest ähnliche Effekte wie bei Ratten. Diese Form des Handlings reduziert die Angst und vermehrt das Erkundungsverhalten im späteren Alter. Die sensible Periode für das Aufnehmen ist um die zweite und dritte Lebenswoche. Davor hat das Aufnehmen bei Kaninchen keinen Effekt.
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