VN95-8
Vom Aargauer Tagblatt nicht veröffentlichter Leserbrief:
Kloster Fahr: Lasst die Tiere zu Worte kommen
von Marlène Reinert
Leider kamen im Bericht im Aargauer Tagblatt über die Tierhaltung des
Klosters Fahr nicht die Tiere zu Wort. Was hätten sie wohl gesagt bei einem Interview?
- Der Muni hätte bestimmt laut gemurrt: ,,Was behaupten diese Menschen? Ich darf jeweils
ins Freie an der Kette? Absolut kein Genuss, denn ich werde am Nasenring 10 Minuten
herumgeführt. Dies ist sehr schmerzlich und dazu ausserst entwürdigend. Ich wünsche mir
Weidegang oder im Minimum eine Laufbucht. Platz gäbe es, wenn die nur zwei Kühe weniger
halten täten.
- Die Kälbli hätten mit traurigen Augen und wehklagender Stimme geäussert: ,,Gleich
nach der Geburt werden wir von Mama weggenommen und in eine Kiste gesperrt. Mama kann uns
nie mehr berühren, belecken, liebkosen. Wir wären gerne bei Mutter. Es ist traurig, so
allein in einer Kiste."
- Die Schweine: ,,Uns wird unterstellt, wir würden unsere Jungen erdrücken! Das ist
gemein, denn wir sind gute Mütter und betreuen unseren Nachwuchs liebevoll. In der freien
Natur gibt es doch auch keinen Kastenstand und die Schweine sterben nicht aus, denn die
Jungen werden nicht erdrückt. Es ist schlimm im Kastenstand. Dort können wir unsere
Ferkel nicht belecken, pflegen, liebkosten, wärmen. Wir können uns nicht mal umdrehen
und müssen im eigenen Dreck liegen - das täten wir niemals freiwillig. Zudem vergessen
die im Kloster Fahr, uns Stroh zu bringen. Wie oft liegen wir auf nacktem feuchtem Boden
und haben keine Beschäftigungsmöglichkeit. So ein Leben gönnen wir niemandem und sind
traurig, dass unser Nachwuchs in so eine scheinheilige Welt geboren wurde.»
- Die Kühe: ,,Wir können nicht bis 60 zählen. Deshalb wissen wir nicht genau, ob wir
nach Gesetz genug ins Freie kommen. Bestimmt aber zu wenig. Der Kuhtrainer ist böse und
zwingt uns ein unnatürliches Verhalten auf. Wir müssen immer Angst haben, einen
elektrischen Schlag zu bekommen, wenn wir mal müssen oder wenn wir uns lecken wollen.
Woher sollen wir wissen, ob das elende Ding ein-geschaltet ist oder nicht? Besser wir
rechnen rnit dem Schlimmsten, deshalb verhalten wir uns auch nicht mehr normal und bewegen
uns sehr vorsichtig. Der Muni tut uns leid. Wenn wir auf die Weide dürfen, dann sieht er
uns traurig nach. Bestimmt käme er auch gerne mit."
Alle Tiere zusammen fragen traurig: «WARUM dürfen die Menschen uns so ausbeuten und
malträtieren? Wir haben doch niemandem was getan und möchten auch gerne die schönen
Seiten des Lebens kennenlernen. Dazu gehört Luft, Licht, Sonne, Wiese, Blumen, Würde und
das Zusammensein von Mutter und Kind. Uebrigens: Wir haben denselben Gott wie Ihr!»
Hierzu zwei Zitate aus dem Buch «Tierfabriken in der Schweiz / Fakten und Hintergründe
eines Dramas», das Dr Erwin Kessler, Präsident des Vereins gegen Tierfabriken,
geschrieben hat:
1.) Die Frage ist nicht: können sie verstandig denken oder können sie sprechen? sondern:
können sie leiden?
2.) Allen, die das Leiden der Tiere in den Tierfabriken nicht sehen wollen, kommt der
Umstand, dass Tiere lautlos leiden, zweifellos sehr entgegen.
Also wirklich schade, dass die Tiere nicht unser Sprache sprechen können. Gemäss einer
alten Legende können Tiere in der heiligen Nacht reden. Vielleicht gehen Sie, sehr
geehrter Journalist, dann nochmals in die Stallungen des Klosters Fahr und lassen die
Betroffenen zu Wort kommen?
VN95-8, November 1995
Mail an den Verein gegen Tierfabriken Schweiz
Mail an den Webmaster
URL: http.//www.vgt.ch/vn/9508/fahr.htm