VN97-6

Erwin Kessler und das Schächten - wer ist kompromisslos?

von Dr Jakob Müller, Beringen/SH
Dr Müller ist Historiker und VgT-Mitglied. Er hat seine Dissertation im Themenbereich Nationalsozialismus geschrieben.

"Wenn Menschen eine offenkundig leidvolle Tötungsart von hochentwickelten Tieren hartnäckig praktizieren und verteidigen, dann verdrängen sie in ideologischer Weise eine erfahrbare schreckliche Realität und gleichen insofern jenen Nazileuten, welche ihre menschlichen Opfer in erbarmungsloser Weise umbrachten". - Wenn Erwin Kessler so über das Schächten geschrieben hätte, wäre er nicht wegen Verstosses gegen das Anti-Rassismus-Gesetz verurteilt worden. Nun ist aber die Sache konkret. Es sind unbestreitbar die gegenwärtig massgebenden Führer der jüdischen Orthodoxie und sicher ein grosser Teil der orthodoxen Juden, welche das betäubungslose Schächten verteidigen. Und es gibt nachweisbar Bestrebungen, die auf eine Aufhebung des Schächtverbotes in der Schweiz, das nicht immer eingehalten wird, hinzielen. Kessler hat nachweislich lange das Gespräch mit diesen Kreisen gesucht, ohne Erfolg, im Unterschied zu den Moslems.

Es ist tatsächlich so: Infolge der Traumatisierung durch das Entsetzliche des Holocaustes empfinden auch viele religiös freier denkende Menschen jüdischer Abstammung die Kritik am Schächten als gegen das Judentum überhaupt gerichtet, als antisemitisch, auch wenn dies nicht der Fall ist. Erwin Kessler ist kein Antisemit, genau so, wie er nicht antikatholisch eingestellt ist, weil er mehrfach die Tierhaltung von Landwirtschaftsbetrieben katholischer Klöster kritisieren musste. Der Gerechtigkeit halber muss es ausgesprochen werden: Die Kompromisslosigkeit der genannten jüdischen Kreise hat Kessler zu den eingeklagten problematischen Vergleichen an der Grenze des Zulässigen geführt.- Er hat ähnliche Vergleiche angesichts andauernder tierquälerischer Nutztierhaltung in der Schweiz gezogen. Der Kern seiner Vergleiche enthält indessen das, was einleitend formuliert wurde. Wer genau liest, stellt fest: Von Juden insgesamt und überhaupt hat er nie gesprochen.

Im Sinne dieser Feststellungen ist das Gerichtsurteil über Kessler und seine Begründung einseitig, ebenso wie viele Kommentare in den Medien. Diese Positionen sind offenkundig eine Folge davon, dass der Skandal der nach wie vor verbreiteten entsetzlichen Behandlung von (Nutz-)Tieren auch in unserem Lande eines der grossen Tabus ist und von amtsmissbräuchlich agierenden Behörden gedeckt wird.

 

Anmerkung von Erwin Kessler:
In dieser sonst treffenden Betrachtung irrt Dr Jakob Müller in einem zentralen Punkt: Er glaubt, mit seiner Formulierung wäre ich nicht verurteilt worden. In Tat und Wahrheit habe ich sinngemäss genau das gesagt, was Jakob Müller einleitend formuliert. Liest man die vom Gericht aus dem Zusammenhang gerissenen Sätze in meinen Originalpublikationen im Zusammenhang, dann ist dieser Sinn deutlich erkennbar. Und rechtlich kommt es auf den Sinn an, welchen der Durchschnittsleser einer Aussage beimisst. Im ganzen bisherigen Prozessverlauf ist ständig versucht worden, mir Angriffe gegen das ganze Judentum zu unterstellen. Weil sich in den Akten nichts dergleichen findet, hat der Richter die inkriminierten Sätze aus dem Zusammenhang gelöst und mit Formulierungen «interpretiert» und verallgemeinert, die ich nie gesagt habe, sondern die so vom Gericht stammen. In den Medien wurden dann zT solche Sätze des Gerichtes wiedergegeben, deretwegen ich verurteilt worden sei. Solche Manipulationen sind typisch für politische Prozesse, wo es nicht um das Recht geht, sondern darum, einen politisch Verfolgten zu verurteilen, koste es was es wolle. Das Gericht dient dann nur noch als Mäntelchen eines scheinbaren Rechtsstaates. Diese Machenschaften werde ich in meinem Plädoyer vor Obergericht - voraussichtlich im Frühjahr 98 - ausführlich analysieren und aufdecken. Die Verhandlung wird wieder öffentlich sein.


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VN97-6, November 1997
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