Forellen-Intensivhaltung am Blausee: Forellen sind von Natur aus Einzelgänger, keine Schwarmfische
Sterotypes Schwimmen im Kreis: starke Verhaltensstörung in der Intensivhaltung
Man braucht keine Ahnung von Fischen und vom Fischen zu haben, am Blausee - einem beliebten Ausflugsziel im Berner Oberland - bekommt jeder eine Angel: Väter, Mütter, kleine Kinder. Väter, die offensichtlich selbst nichts vom Fischen verstehen, versuchen ihren Kleinsten- gezwungen lachend - beizubringen, wie lustig es ist, einen hilflosen Fisch in Todesangst an der Angel zappeln zu sehen. Dass irgendwann einmal einer anbeisst, bevor die Geduld des Kleinen zu Ende geht, ist gewiss: Der Teich ist voller Fische. Wo immer die Angel hineintaucht, überall sind Fische - Intensivhaltung trotz idyllisch bepflanzten Teichufern.
Diese Fische wurden vorher schon zweimal gefangen: Zuerst wurden Sie in einer Fischzucht in Dänemark mit einer Pumpe (!) aus den Becken heraus in Zisternen-Lastwagen umgeladen. Dann ging dieser Lebendtiertransport auf die 18-stündige Fahrt von Brande (DK) in die Schweiz, wo die Fischtanks in die Teiche der Blausee AG entleert wurden. Von da wird regelmässig "Nachschub" für den Familien-Fischteich geholt. Die Fische werden somit mehrmals der Panik und Todesangst des Einfangens und Wiedereinsetzens ausgesetzt, nur zur profitablen Belustigung von naiven Familien, welche ihre kleinen Kinder frühzeitig zum Tiere quälen abhärten wollen.
Ein Tier zweimal oder gar dreimal zu jagen, nur aus Spass und zur Unterhaltung, das verstösst ganz klar gegen das Tierschutzgesetz: «Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzten» (Artikel 2 TSchG). Von ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden und Schäden bekommen die Fische im Blausee jede Menge: Wenn ein Fisch anbeisst, geht die meist dilettantische, qualvolle Prozedur los: Er wird an Land gezogen, meistens ohne Hilfe eines Keschers (Unterfangnetz), am Angelhaken über den scharfkantigen Splitt des Weges gezogen und liegengelassen bis der strahlende, des Fischens unkundige «Fischer» überlegt hat, was er nun tun soll. Indessen zappelt und windet sich der Fisch und fällt mit seiner empfindlichen Haut und seinen lidlosen Augen immer wieder auf den scharfkantigen Splitt, die schmerzende Angel im Rachen. Schliesslich versucht der Fischer, ihm die Angel mit einer Zange oder - da das nötige Instrumentarium meistens nicht zur Hand ist - mit den Fingern herauszuwürgen, was oft lange dauert, besonders ohne Erfahrung. Hat er das endlich geschafft, legt er den Fisch wieder hin und geht auf die Suche nach dem Rundholz, das irgendwo herumliegt, zum Totschlagen der Fische, oder er irrt mit dem zappelnden Fisch in der Hand oder noch am Haken herum und schlägt ihn dann auf dem Tisch beim Aufsichtshäuschen endlich tot - aber nicht etwa mit einem kräftigen Schlag. Erwachsene wie kleine Kinder trommeln zaghaft, dafür mit Dutzenden von Schlägen auf den immer noch lebenden Fisch ein. Andere - so haben wir es auf Videofilm aufgezeichnet - werfen die lebenden Fisch einfach in einen Eimer: halbvoll mit zuckenden Forellen, die langsam ersticken.
Nach Artikel 22 des Tierschutzgesetzes ist verboten: «...das Töten von Tieren aus Mutwillen, insbesondere das Abhalten von Schiessen auf zahme oder gefangengehaltene Tiere». Am Blausee wird zwar nicht geschossen, aber es werden zahme, gefangene Fische aus Mutwillen geangelt. Aber wen kümmerts: es sind ja nur Tiere.
Am 12. August 1996 hat der VgT beim Veterinäramt des Kantons Bern Anzeige erstattet und beantragt, dieses Familienfischen zu unterbinden, insbesondere aus dem rechtlich klaren Grund, dass Tiere nicht zur blossen Unterhaltung mehrmals gefangen werden dürfen. Anstatt sofort zu handeln, hat das Veterinäramt ein Jahr lang an einer Ausrede herumgebrütet, um nichts unternehmen zu müssen, dabei die Unterstützung des Bundesamtes für Veterinärwesen gesucht und bereitwillig erhalten. Schliesslich wurde angeblich auch ein Gutachter gefunden (dessen Name wohlweislich geheimgehalten wird), als Alibi, um diese gesetzwidrige Tierquälerei weiterhin zu dulden. Die Tierschutzbehörden entwickeln nie sonst soviel Aktivität und Einfallsreichtum, wie wenn es darum geht, tierquälerische Missstände als "gesetzeskonform" zu erklären. Ihre ganze Tätigkeit ist sichtbar darauf ausgerichtet zu verhindern, dass die ohnehin katastrophal verwässerten Tierschutzvorschriften in der Praxis irgendwelche Änderungen zugunsten der Tiere bewirken. "Der Mensch kommt vor dem Tier" ist ihre Philosophie, und so gilt es als unzumutbar, Menschen lästige Auflagen zu machen "nur" zum Schutz der Tiere. Das Tierschutzgesetz wurde nicht geschaffen, um die Tiere zu schützen, sondern um die Bevölkerung zu beruhigen und die gewerbsmässigen Tierquäler zu schützen: Alle üblichen Tierquälereien werden als "gesetzeskonform" erklärt und dürfen forthin von Tierschützern nicht mehr als Tierquälerei bezeichnet werden, ansonsten sie gerichtlich zum Schweigen gebracht werden (siehe zB den Maulkorbprozess Kloster Fahr gegen den VgT).
Der Blausee gehört der Hess Holding AG, welcher auch die Valser Mineralquellen gehören. Wir hoffen, dass sich alle verantwortungsbewussten Menschen, denen das unnötige Leiden von Tieren nicht egal ist, sich daran erinnern, dass es noch andere Mineralwässer gibt und es deshalb nicht nötig ist, den Durst mit einem Produkt einer Firma zu löschen, die mit Unterhaltungs-Tierquälerei Profit macht.
Das Tierschutzgesetz (TSchG) dient dem Schutz und dem Wohlbefinden der Tiere (Art 1 Abs 1). Es gilt für Wirbeltiere (Art 1 Abs 2), also auch für Fische.
TSchG Art 2 Abs 3:
Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es
in Angst versetzen.
Soll diese Vorschrift überhaupt einen Sinn haben, dann können Vergnügen und
Unterhaltung nicht als Rechtfertigung für Schmerzen, Leiden oder Schäden anerkannt
werden.
Jedes Fangen von Fischen ist mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden.
Der Todeskampf an der Angel und Angelverletzungen im Rachen, oft Abreissen der Angel und
weiterleben mit der Angel im Rachen, ist offensichtlich.
Beim Fischen mit dem Netz oder Umsetzen mittels werden die Fische ebenfalls in Angst und
Schrecken versetzt; das zeigt sich daran, dass sie zu fliehen versuchen. Ihre empfindliche
Haut ist leicht verletzlich. Insgesamt bedeutet es ein ungerechtfertigte und damit
gesetzlich nicht zulässige Quälerei, wenn einmal gefangene Fische wieder ausgesetzt
werden, um sie mutwillig, eines sportlichen Vergnügens Willen noch einmal zu fangen.
TSchG Art 22 Ziffer 2:
Ferner ist verboten: ...
b. das Töten von Tieren aus Mutwillen, insbesondere das Abhalten von Schiessen auf zahme
oder gefangengehaltene Tiere;
Das Vergnügungs-Fischen gefangengehaltener Fische, welche zu diesem Zweck aus dem
Aufzuchtbecken herausgeholt und zum mutwilligen nochmaligen Fangen und Töten in einen
Ausfischteich ausgesetzt werden, ist dem Schiessen auf gefangengehaltene Tiere
äquivalent. Dies wird gemäss TSchG Art 27 mit Gefängnis oder Busse bestraft.
Gehilfenschaft ist strafbar. Es machen sich also nicht nur die fischenden Kunden sondern
auch die Betreiber der Blausee-Forellenzucht und ähnlicher Plausch-Fischerei-Betriebe
strafbar.
Mit dem TSchG unvereinbar ist es auch, wenn das Fangen der Fische durch Leute vorgenommen werden, die des Fischens unkundig sind (kleine Kinder, Anfänger ohne Anleitung). Beim Angeln durch Unkundige leiden die Tiere, indem sie oft mit dem Angel im Rachen wieder loskommen, indem sie nicht richtig getötet werden oder indem mit dem Töten aus Hilflosigkeit zu lange zugewartet wird oder der mit der Angelrute herausgezogene Fisch zuerst qualvoll vom Angelhaken befreit wird, bevor er getötet wird.
In Deutschland und den Niederlanden werden ähnliche Praktiken nicht
geduldet, da sie auch dort gegen die Tierschutzvorschriften verstossen, da zwar die
Nahrungsmittelbeschaffung als "vernünftiger Grund" im Sinne des
Tierschutzgesetzes anerkannt wird, jedoch nicht das Zufügen von Angst und Schmerzen zum
sportlichen Vergnügen.
(Quelle: Dr Norbert Sauer: "Tierschutz bei Fischen", Dissertation der
Justus-Liebig-Universität Giessen, 1993)
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