Diskriminierende Plakat-Zensur
durch die SBB

Die SBB beschlagnahmten in den Personenzügen ein bezahltes Wagenplakat mit dem Text:
"Essen Sie heute vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe.
VgT - Verein gegen Tierfabriken"

und die St Galler FDP-Nationalrätin und diplomierte Bäuerin Milli Wittenweiler doppelte nach, indem sie sich in einem parlamentarischen Vorstoss beim Bundesrat über dieses Plakat beschwerte. Dazu schrieb die Wirtschaftszeitung CASH in der Ausgabe vom 21. Januar 2000:

Die absurdesten Vorstösse im Parlament:
Manche Vorstösse bewirken nur Kopfschütteln: Beispiele: Nationalrätin Milli Wittenweiler reklamierte, weil sie in SBB-Wagen (bezahlte) Vegetarierplakate mit Aufrufen zum Fleischboykott entdeckte...

 

Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Der VgT hat am 11.1.2000 eine Menschenrechtsbeschwerde gegen die Schweiz eingereicht wegen diskriminierender Plakat-Zensur durch die SBB. In der Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) heisst es:

Sachverhalt:

Ende 1997 schloss der VgT mit der von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB beauftragen Werbefirma "impacta AG" einen Vertrag über das Aushängen von 3 000 Wagenplakaten in SBB-Personenzügen. Die Werbekosten von 28 755.- Fr. wurden bezahlt. Die Plakate enthielten folgenden Text:

"Essen Sie heute vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe. VgT - Verein gegen Tierfabriken."

Die Plakate sollten nach Vertrag einen Monat lang hangen, nämlich vom 8.12.97 bis 4.1.1998. Noch während der Aushangdauer erfuhr der VgT aus den Medien, dass SBB-Generaldirektor Faganini auf Intervention der Agro-Lobby die Plakataktion gestoppt habe und die Plakate entfernen liess. Tatsächlich wurden in den Zügen nur zu Anfang der Aushangdauer wenige und dann bald gar keine Plakate mehr gesichtet. Der Plakataushang wurde heimlich gestoppt, bevor alle aufgehängt worden waren. Der VgT als Auftraggeber wurde darüber nicht orientiert, sondern erfuhr erst aus den Medien davon.

Die Begründung für den Plakatstopp war, soweit dies den Medien entnommen werden konnte (offiziell wurde der VgT nicht informiert): die Plakate stellten "politische Werbung" dar. Die entsprechende Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur basiert auf einer Pressemitteilung der Redaktion des "St Galler Bauer" vom 30.12.1997. Darin wird wörtlich festgehalten:

"Auch Nationalrat und Landwirt Josef Kühne war von der SBB-Werbung nicht gerade erbaut. Er, der selber SBB-Verwaltungsrat ist, intervenierte in dieser Angelegenheit an der letzten Sitzung sofort und kritisierte die Zulassung dieser Werbung. Wie Josef Kühne auf Anfrage der landwirtschaftlichen Zeitschrift "St Galler Bauer" erklärte, hat Generaldirektor Hans-Peter Faganini die VgT-Werbekampagne sofort gestoppt, da sie ganz klar gegen die Vorschrift verstösst, dass in SBB-Zügen keine politische Werbung betrieben werden darf."

Diese Pressemitteilung erfolgte am 30.12.1997 und bezog sich auf eine früher stattgefundene Verwaltungsratssitzung. SBB-Generaldirektor Faganini muss deshalb den sofortigen Einzug mitten in der vierwöchigen Aushangszeit angeordnet haben, nicht erst, als die Aushangszeit sowieso abgelaufen war, wie die SBB als Schutzbehauptung vorbringen.

Am 16.1.1998 erhob der VgT beim Bundesamt für Verkehr (BAV) Verwaltungsbeschwerde mit den Anträgen:

1. Es sei festzustellen, dass die SBB mit der Entfernung und Beschlagnahmung von Werbeplakaten des VgT aus den Personenzügen die Meinungsäusserungsfreiheit in diskriminierender Weise verletzt haben;

2. Die SBB seien zu verpflichten, den mit der "impacta AG" vertraglich vereinbarten Plakataushang unbehindert zuzulassen;

3. Die SBB seien zum Ersatz der Druckkosten für die beschlagnahmten Plakate im Betrag von Fr 1365.- samt 5 % Zins seit dem 31. Dezember 1997 zu verpflichten.

Am 22.1.1998 verweigerte das BAV die Entgegennahme dieser Verwaltungsbeschwerde und erklärte sich lediglich bereit, diese als Aufsichtsbeschwerde entgegenzunehmen.

Am 26.1.1998 erklärte der VgT gegenüber dem BAV, mit der Entgegennahme als bloss unverbindliche Aufsichtsbeschwerde nicht einverstanden zu sein. Gleichzeitig wurde das BAV um Zustellung einer beschwerdefähigen Verfügung bis zum 2.2.1998 ersucht. Das BAV beantwortete dieses Ersuchen nicht.

Am 5. Februar 1998 erhob der VgT Verwaltungs- und Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, UVEK. In der Vernehmlassung behaupteten die SBB, zur Zeit der Forderung nach Einzug der Wagenplakate durch den Landwirtschaftspolitiker und SBB-Verwaltungsrat und Nationalrat Josef Kühne sei der Plakataushang sowieso schon abgelaufen gewesen und die Plakate seien deshalb nicht vorzeitig entfernt worden. Dies steht im Widerspruch zur Tatsache, dass die Pressemeldung über die Plakatzensur vor Ablauf der Aushangfrist erschienen ist und auch vor Ablauf der Aushangdauer keine Plakate mehr in den SBB-Wagen gesehen wurden. Wie der in zahlreichen Zeitungen verbreiteten Meldung des St Galler Bauernverbandes entnommen werden kann, erfolgte auf Intervention von NR Kühne ein sofortiger Einzug der Plakate. Diese weitverbreitete Medienmeldung dementierten die SBB nicht, obwohl von offensichtlicher politischer Brisanz. Erst im Rahmen des vorliegenden Verfahrens wurde der Einzug bestritten, offensichtlich als Schutzbehauptung, um die menschenrechtswidrige Zensurmassnahme zu verschleiern und wohl in der Hoffnung, der VgT könne im Nachhinein das Gegenteil nicht mehr beweisen.

Am 17. August 1998 protestierte der VgT beim UVEK gegen die Verschleppung des Verfahrens, insbesondere dagegen, dass über die Beweisanträge vom 6. Mai 1998 noch kein Beschluss erlassen wurde. Weil das UVEK auf diesen Protest hin weiterhin nichts unternahm, erhob der VgT am 2. November 1998 Rechtsverzögerungsbeschwerde beim Bundesgericht. Erst jetzt, als das Bundesgericht eine Vernehmlassung anforderte, erliess das UVEK rasch rasch am 3. Dezember 1998 einen Entscheid und wies die Beschwerde ohne materielles Eintreten vollumfänglich ab, im Wesentlichen mit der Begründung, die Rekursbehörde dürfe bei behaupteter Rechtsverweigerung nicht an Stelle der das Recht verweigernden unteren Instanz entscheiden. Für diese formalitische Feststellung benötigte das UVEK fast ein Jahr!

Gegen diesen Entscheid des UVEK führte der BF Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht (Beilage m), mit der Begründung, dass das UVEK bezüglich Rückweisung anders entschieden habe als in einer formell vollkommen analogen Sache (TV-Spot-Zensur, beim EGMR hängig unter dem Aktenzeichen 24699/94) und eine unterschiedliche Beurteilung analoger Sachlagen durch die gleiche Behörde das Willkürverbot verletze. Im übrigen wies der BF darauf hin, dass die vom UVEK verfügte Rückweisung an das BAV sinnlos sei und lediglich ein weiteres Verschleppungsmanöver darstelle, weil sich das BAV bereits wiederholt dahingehend festgelegt habe, der BF sei zu einer Verwaltungsbeschwerde nicht legitimiert.

Mit Entscheid vom 1. März 1999 wies das Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein erstes mal ab.

Der weitere Prozessverlauf bestätigte das vom VgT vor Bundesgericht Vorgebrachte, nämlich dass sich das BAV bereits darauf festgelegt habe, auf die Beschwerde nicht einzutreten und die Rückweisung durch das UVEK lediglich ein erneutes Verschleppungsmanöver darstelle, womit das gleiche Prozedere einfach wieder von vorne beginne:

Am 24. Februar 1999, also mehr als ein Jahre nach Einleitung des Verfahrens erliess das BAV den Nichteintretensentscheid wegen angeblich fehlender Klagelegitimation. Etwas anderes war schlicht undenkbar, nachdem das BAV vorher schon zweimal über diese Rechtsfrage befunden hatte (Schreiben an den VgT vom 22.1.1998 und dann in der Vernehmlassung vom 23.3.1998 im Verwaltungsverfahren vor UVEK).

Gegen dieses - nun auch noch formell bestätigte - Nichteintreten erhob der VgT am 23. März 1999 erneut Verwaltungsbeschwerde beim UVEK, im Wesentlichen mit den Anträgen:

1. Es sei festzustellen, dass die SBB mit der Entfernung und Beschlagnahmung von Werbeplakaten des VgT aus den Personenzügen die Meinungsäusserungsfreiheit in diskriminierender Weise verletzt haben.

2. Evtl sei festzustellen, dass die Auffassung der SBB-Generaldirektion, das Plakat "Essen Sie heute vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe. VgT- Verein gegen Tierfabriken." stelle in SBB-Zügen verbotene "politische Werbung" dar, unrichtig ist und die Meinungsäusserungsfreiheit gemäss BV und EMRK Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 10 willkürlich bzw diskriminierend verletzt.

Am 16. Juli 1999 wies das UVEK die Beschwerde unter Missachtung des Öffentlichkeitsgebotes gemäss EMRK Artikel 6 ab, erneut ohne materiell auf die Sache einzutreten. Dagegen erhob der VgT am 25. Juli 1999 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht, im Wesentlichen mit den Anträgen:

1. a) Es sei festzustellen, dass die SBB mit der Entfernung und Beschlagnahmung von Werbeplakaten des VgT aus den Personenzügen die Meinungsäusserungsfreiheit in diskriminierender Weise verletzt haben.

b) Die SBB seien zu verpflichten, den Aushang der Plakate auf eigene Kosten zu wiederholen.

2. Evtl sei festzustellen, dass die Auffassung der SBB-Generaldirektion, das Plakat "Essen Sie heute vegetarisch - Ihrer Gesundheit und den Tieren zuliebe. VgT - Verein gegen Tierfabriken." stelle in SBB-Zügen verbotene "politische Werbung" dar, EMRK Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 10 verletzt.

Am 7. Oktober 1999 wies das Bundesgericht die Beschwerde mit formal-juristischer Begründung erneut ab, ohne sich sachlich mit der vom VgT gerügten Zensur und Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit zu befassen. Der VgT erhielt den Entscheid am 25. Oktober 1999. Damit dauerte das Verfahren eindreiviertel Jahre, obwohl alle beteiligten Instanzen sich nicht materiell mit der Sache befassten, sondern die Beschwerde rein formalistisch abwiesen.

Für dieses politische Willkürurteil verantwortliche Bundesrichter: Aemisegger, Aeschlimann, Féraud.

Verletzung der Europäischen Menschenrechts-Konvention (EMRK):

Der VgT sieht EMRK 6.1 dadurch verletzt, dass im ganzen Verfahren keine öffentliche Verhandlung durchgeführt wurde und das Verfahren fast zwei Jahre verschleppt wurde, obwohl alle nationalen Instanzen die Beschwerde rein formalistisch abwiesen, ohne sich materiell mit der Sache zu befassen.
Das Bundesgericht wendet ein, EMRK 6.1 verlange in Verwaltungsverfahren keine Öffentlichkeit, dies gelte nur für Gerichte. Nach Auffassung des BF hätte gerade aus diesem Grund das Bundesgericht als einziger gerichtlichen Instanz eine öffentliche Verhandlung durchführen müssen.

Der VgT sieht EMRK 6.1 auch  dadurch verletzt, dass keinerlei Beweise erhoben wurden und inbesonder der vom VgT angeführte Kronzeuge, den damaligen SBB-Generaldirektor Faganini, der die Plakatzensur anordnete, nicht als Zeuge befragt wurde.

Nach Auffassung des VgT ist die Meinungsäusserungsfreiheit dadurch in diskriminierender Weise verletzt (EMRK 14 in Verbindung mit EMRK 10), dass ein staatlicher Monopolbetrieb Werbung für Fleisch annimmt, Werbung für vegetarische Ernährung hingegen ablehnt.

Das Bundesgericht ist auf alle diese gerügten EMRK-Verletzungen nicht eingetreten mit dem Vorwand, der VgT hätte sein Anliegen zivilrechtlich verfolgen müssen. Dieser Einwand ist im langwierigen Verfahren erstmals vom Bundesgericht als letzter Instanz vorgebracht worden; der VgT konnte sich dazu nicht äussern und sieht deshalb das rechtliche Gehör verletzt. Es wäre dazu folgendes zu sagen gewesen:

In einem ganz analogen Verfahren des BF gegen die Schweiz (Zensur eines Werbespots; beim EGMR hängig unter der Nr 24699/94) hat sich das Bundesgericht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingelassen. Im vorliegenden Verfahren macht das Bundesgericht geltend, im Gegensatz zum Werbespot-Zensur-Fall habe vorliegend ein Vertrag für den Plakataushang bestanden, während in jenem Fall ein Auftrag (für einen Werbespot) abgelehnt worden sei. Warum dies ein entscheidender Unterschied sein soll, der vorliegend ein Verwaltungsgerichtsverfahren ausgeschliesst, führte das Bundesgericht nicht aus. Kommt dazu, dass der BF den Vertrag für die Wagenplakate mit der Werbefirma Impacta geschlossen hatte und die SBB, gegen welche sich die Beschwerde richtet, nicht Vertragspartner waren. Bei der vom Staatsbetrieb SBB durchgeführten Zensur (Plakat-Einzug) wurden beide Vertragsparteien - BF und Impacta - völlig übergangen und nicht einmal nachträglich informiert. Beide Vertragsparteien erfuhren davon nur aus den Medien. Eine Zivilklage gegen die SBB war gar nicht möglich, da mit den SBB kein Vertrag bestand. Und in einem Zivilverfahren gegen die Impacta hätte diese wohl zu Recht einwenden können, dass sie für die von den SBB verhinderte Vertragserfüllung nichts könne. Die Behauptung des Bundesgerichtes, ein Zivilverfahren wäre ein wirksameres Rechtsmittel gewesen, ist unter diesen Umständen absurd. In beiden Fällen - bei der Zensur des Fernseh-Spots wie auch bei der Zensur der Wagenplakate - geht es in erster Linie um die Feststellung der Menschenrechtsverletzung durch diskriminierende Zensur, da der BF ohne eine solche Klärung der Rechtslage keine Möglichkeit hat, den für die Fernseh- bzw Bahnwagen-Werbung zuständigen privaten Firmen Werbeaufträge zu vergeben. Die prozessuale Unterscheidung der beiden Fällen durch das Bundesgericht stellt nach Auffassung des BF überspitzten Formalismus dar.

Die Feststellung einer menschenrechtswidrigen Zensur durch eine staatliche Institution gehört naturgemäss ins Verwaltungsrecht, nicht ins Zivilrecht. Das Bundesgericht hat für seine Behauptung, mit einer zivilrechtlichen Klage stehe dem VgT ein wirksames Rechtsmittel zur Verfügung, weshalb er "kein schutzwürdiges Interesse an der (ausnahmsweisen) Eröffnung des Verwaltungsbeschwerdeweges" habe, keine gesetzliche Grundlage angeben können. Weshalb eine Verwaltungsbeschwerde nur ein Ausnahmerechtsmittel sein soll, wurde nicht begründet. Zudem wurde dieses Argument erst von der letzten Instanz in einem langwierigen Verwaltungsverfahren vorgebracht und der VgT hatte keine Möglichkeit, sich dazu zu äussern. Darüber hinaus hatte sich das BGer zweimal mit dem Fall zu befassen, wobei der grundsätzliche Einwand gegen ein Verwaltungsgerichtsverfahren in dieser Sache das erste mal noch nicht erhoben wurde. Das stellt einen Verstoss gegen Treu und Glaube dar. Gemäss EMRK 1 haben die Vertragsstaaten ihren Bürgen die Konventionsgarantien zuzusichern, nicht diese mit allerlei Tricks überspitzt-formalistisch zu verhindern.

Hervorstechendes Merkmal des vorliegenden Verfahrens ist das Bestreben aller beteiligten Instanzen, den wegen Menschenrechtsverletzungen rechtsuchenden VgT mit Verschleppung, überspitztem Formalismus und blanker Willkür zu zermürben und auf sein Anliegen nicht einzutreten, obwohl der VgT sein Anliegen von anfang an in verständlicher Sprache und keineswegs querulatorisch vorgebracht hat und sich aus einem für jeden Durchschnittsmenschen nachvollziehbaren Anlass gegen staatliche Willkür und Diskriminierung wehrt.

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sind ein staatlicher Monopolbetrieb. Wenn ein staatlicher Monopol seine Werbeflächen politisch diskriminierend zur Verfügung stellt bzw verweigert, dann liegt nicht bloss ein privatrechtliches Handeln, sondern eine Verletzung der EMRK vor (Artikel 10 in Verbindung mit Artikel 14). Eine gleichwertige andere Werbemöglichkeit steht dem VgT nicht ohne weiteres zur Verfügung, umso mehr als bereits mehrere andere staatliche Werbe-Diskriminierungen und Äusserungsbeschränkungen bestehen, welche vom BGer geschützt wurden, zT ebenfalls mit der nachgerade zynischen Begründung, der VgT könne ja anderswo an die Öffentlichkeit appellieren. (Mehrere dieser Fälle sind zur Zeit vor dem EGMR hängig: Nr 24699/94 Zensur TV-Spot, Nr 40124 Kloster Fahr Kundgebungsverbot, 44183/98 Kloster Einsiedeln Kundgebungsverbot, 45929/99 Kloster Fahr Maulkorb, 49027/99 Internet-Zensur, 50362/99 Verbot Autobahn-Werbung). Es berührt die Meinungsäusserungsfreiheit in der Substanz, wenn der Staat die Meinungsäusserungsfreiheit überall mit der Begründung einschränkt, der VgT könne sich ja anderswo äussern!

Wie schon im Verfahren betreffend die Zensur eines TV-Spots des VgT geht es auch vorliegend um diskriminierende staatliche Repressionen gegen Werbung für vegetarische Ernähung, im Interesse der einflussreichen Fleischlobby: Die SBB beurteilen Werbung für vegetarische Ernährung als "politisch" und verweigern solche Werbung. Gleichzeitig lassen die SBB Werbung für Fleischwaren zu.

Unter Würdigung aller Umstände ist nach Auffassung des VgT im Sinne einer tatsächlichen Vermutung bis zum Beweis des Gegenteils durch die SBB davon auszugehen, dass die Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur zutreffend ist. Diese stützt sich direkt auf eine Verlautbarung des St Galler Bauernverbandes, also aus dem Umkreis von SBB-Verwaltungsrat Kühne, der die Plakatzensur veranlasst hatte. Der VgT hat beantragt, hierzu den damaligen SBB-Generaldirektor Hans-Peter Faganini, der die Plakat-Zensur anordnete, als Zeuge einzuvernehmen. Dieser Beweisantrag wurde ohne Begründung ignoriert (Verletzung des Rechts auf den Beweis).

Die Plakate, welche von den SBB unter dem Vorwand, es handle sich um politische Werbung, eingezogen worden sind, sind offensichtlich nicht politischer Natur, jedenfalls nicht "politischer" als zum Beispiel die von den SBB geduldeten Stop-Aids-Plakate. Es handelt sich um die Bestrebung des VgT, die Öffentlichkeit in ethischer und gesundheitlicher Hinsicht aufzuklären, vergleichbar mit einem kürzlich stattgefunden Plakataushang "Es gibt sinnvollere Geschenke als alkoholische Getränke" in den SBB-Zügen. Insbesondere nehmen die VgT-Plakate keinen Bezug auf irgendwelche Abstimmungen, Wahlen, politische Parteien oder aktuelle politische Themen, nichteinmal auf tierschutzpolitische Forderungen nach besseren Tierschutzvorschriften. Werbung für Fleischwaren wird von den SBB regelmässig zugelassen. Sogar ausgesprochen politische Abstimmungswerbung lassen die SBB zu, im September 1998 zum Beispiel Plakate mit der Aufforderung "JA zur LSVA", Ende 1998 auch Abstimmungswerbung zur FINÖV (Finanzierung des öffentlichen Verkehrs). 

 

Fotoaufnahmen politischer Werbung der SBB zur LSVA-Abstimmung:

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Das von den SBB mit dem Vorwand, es sei "politisch", zensurierte VgT-Plakate:

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Der Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte:

 www.vgt.ch/news/000523.htm


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